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Mobilfunk-Check
Abzocke bei Ethnotarifen

Verbraucherzentralen Berlin, Hamburg und Bremen warnen: Viele speziell auf Migranten ausgerichtete Handytarife sind intransparent und könnten Kostenfallen enthalten. Die sogenannten Ethnotarife werden besonders häufig an Einwanderer verkauft und sollen günstige Minutenpreise für Gespräche in die Herkunftsländer bieten.

Von Dieter Nürnberg | 02.07.2015
    Mann im Anzug hat ein Smartphone in der Hand
    Ethnotarife wenden sich gezielt an Migranten und Zugezogenen, die noch viele Kontakte in die Heimat haben. (picture alliance / dpa)
    Der Marktcheck, den die Verbraucherzentralen in Berlin, Bremen und Hamburg nun zum zweiten Mal gemeinsam durchgeführt haben, zeigt, dass es weiterhin doch erhebliche Regelverstöße bei den Anbietern dieser Ethnotarife gibt. Diese Angebote gibt es ja schon seit rund zehn Jahren auf dem deutschen Markt - und viele Namen dieser Anbieter sind dem deutschen Publikum gar nicht so bekannt, obwohl dahinter durchaus viele einheimische Anbieter stecken. Aber ganz klar - die Zielgruppe ist eindeutig definiert: Es ist der wachsende Markt von Migranten und Zugezogenen, die noch viele Kontakte in die Heimat haben. Cicek Bacik hat die Überprüfung der Verbraucherzentralen geleitet:
    "Diese Ethnotarife sind wirklich für Migranten interessant, die sehr starke Wurzeln zur Heimat haben. Sei es in die Türkei oder auch nach Russland. 'Lycamobile' wird beispielsweise sehr stark von Flüchtlingen genutzt, sie telefonieren hier recht günstig nach Afrika. Der Vorteil dieser Ethnomarken ist, dass sie generell günstiger sind, als die anderen Standardtarife, die ja auch von den großen Kommunikationsunternehmen angeboten werden."
    Für Migranten interressant
    Untersucht wurden reine Ethnotarife, die auch bestimmte Zielländer im Blick haben - zum Vergleich aber auch ein sogenannter multinationaler Anbieter und ebenso ein ganz normaler deutscher Standard-Tarif. Der Marktcheck hat übrigens nicht die Preise verglichen, sondern allein darauf geschaut, ob die Kunden wirklich alle gesetzlich vorgeschriebenen Verbraucher-Informationen bekommen. Und da gebe es eben weiterhin Verstöße, so Eva Bell vom Vorstand der Verbraucherzentrale in Berlin:
    "Das betrifft zum einen Widerrufsbelehrungen, die nicht ordnungsgemäß sind und damit werden Verbraucher über ihre Rechte nicht ordentlich aufgeklärt. Das betrifft auch Hinweise auf den Datenschutz, wie wird also mit den Daten umgegangen. Da gibt es Mängel. Es gibt zudem auch eine rechtliche Verpflichtung bei den Vertragslaufzeiten - zumindest eine Vertragslaufzeit von maximal zwölf Monaten anzubieten."
    Vor einem Jahr haben die Verbraucherzentralen einzelne Anbieter aufgefordert diese Verstöße zu beheben, es wurde auch abgemahnt. In vielen Fällen mit Erfolg - die Unternehmen haben Anpassungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder auch bei den Preisdarstellungen vorgenommen. Aber nicht alle - und in einzelnen Punkten gebe es eben auch weiterhin Regelverletzungen. Stichwort Widerrufsbelehrung: Gerade hier gebe es recht oft unklare Aussagen oder kaum Informationen, sagt Cicek Bacik.
    "Wichtig ist es für den Verbraucher, auf der jeweiligen Webseite ganz gezielt zu den Widerrufsbelehrungen informiert zu werden. Dass man bei Vertragsabschluss weiß, ich habe innerhalb von zwei Wochen die Möglichkeit zu widerrufen. Solche Informationen werden nicht transparent dargestellt."
    "Base" - sowohl Normal- und auch Ethnotarife
    Zudem haben die Verbraucherschützer festgestellt, dass die Unternehmen in der Werbung gern muttersprachlich agieren. Wenn es aber um das Kleingedruckte, etwa um die Details eines Vertrages geht, dann nur deutschsprachige Informationen verwenden. Migranten würden auf diese Art aber wichtige Informationen vorenthalten, sagt Ciecek Bacik. Das gelte auch, wenn - wie im Falle des Anbieters "Base" - sowohl Normal- und auch Ethnotarife, etwa einer Tochtermarke, angeboten werden.
    "Beim normalen 'Base'-Tarif bestehen beispielsweise viele Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zum Unternehmen. Ebenso gibt es recht ausführliche Informationen zum Datenschutz - zehn Seiten lang. Beim Ethnotarif 'Mobilka' beispielsweise ist es nur eine Seite und die Informationen fallen gering aus.
    Wie angedeutet: Die Verbraucherzentralen haben sich bei ihrem Marktcheck der Ethnotarife allein auf die Verbraucherinformationen beschränkt. Es gibt aber andere Untersuchungen, die auch die Preise einbeziehen. Die Stiftung Warentest hat da beispielsweise festgestellt, dass einzelne Anbieter in der Tat günstige Angebote machen. Dass es aber auch Kostenfallen gibt: So kann es vorkommen, dass Anrufe in das türkische Festnetz kaum etwas kosten - in das türkische Mobilnetz dagegen aber überdurchschnittlich viel.