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Faires Smartphone nur schwer zu überprüfen

Ein Amsterdamer Startup hat ein faires Smartphone auf den Markt gebracht. Schwierig bleibe aber, den tatsächlichen Grad an sozialen und ökologischen Verbesserungen zu messen, so Christian Wölbert vom Computermagazin "CT", da Vergleichswerte fehlten.

07.01.2014
    Stefan Römermann: Schokolade aus fair gehandelten Kakaobohnen und fairer Kaffee, das findet man inzwischen in vielen Supermärkten und sogar schon im manchen Discountern im Regal. Sie kosten zwar etwas mehr als manche Konkurrenzprodukte, aber der Käufer weiß, dass die Arbeiter auf dem Plantagen zumindest einen angemessenen Lohn bekommen.
    Diese Idee hat ein niederländisches Startup-Unternehmen aufgegriffen und ein faires Smartphone, das "Fairphone" entwickelt. Während beispielsweise in den Fabriken des Apple-Lieferanten Foxconn seit Jahren wegen ihrer schlechten Arbeitsbedingungen in der Kritik stehen, sollte das Fairphone ohne Ausbeutung von Arbeitern und möglichst aus fair gehandelten Rohstoffen gebaut werden. Inzwischen sind die ersten Geräte ausgeliefert.
    Mein Kollege Christian Wölbert vom Computermagazin "CT" hat das Gerät getestet und ist mir jetzt aus Hannover zugeschaltet. Herr Wölbert, Sie haben sich das Gerät angeschaut. In welcher Liga spielt es denn rein technisch mit? Ist das auf Augenhöhe mit IPhone und der Konkurrenz von Samsung und Co?
    Christian Wölbert: Das Fairphone ist eher ein typisches Mittelklasse-Smartphone. Das heißt, es ist ein bisschen dicker und schwerer und nicht ganz so schnell, und es hat nicht ganz so viele Pixel wie die High-End-Modelle von Apple oder Samsung?
    Römermann: Was sind da die auffälligsten Schwächen im Gerät?
    Wölbert: In unserem Test ist die Kamera aufgefallen, das war das Einzige, was uns enttäuscht hat. Die Qualität der Fotos und Videos ist nicht ganz das, was man heute von einem Smartphone erwartet, aber trotzdem reicht sie natürlich für Schnappschüsse vollkommen aus.
    Römermann: Gibt es auch Dinge, wo Sie den Eindruck haben, das ist eigentlich insgesamt sogar vielleicht ein bisschen besser gelöst, also auf der technischen Seite, als bei gängigen Smartphones?
    Wölbert: Hervorheben kann man da, dass das Fairphone zwei Sim-Slots hat, also man kann Sim-Karten reinstecken und beide benutzen, und der Akku ist leicht wechselbar. Das gibt es bei einigen anderen Modellen aber auch, also das ist kein Alleinstellungsmerkmal vom Fairphone.
    Akku lässt sich leicht wechseln
    Römermann: Es gab ja auch durchaus, glaube ich, den Ansatz, dass das Gerät einfacher reparierbar sein soll. Vielleicht könnten Sie das auch noch mal erklären, was da der Gedanke ist.
    Wölbert: Tatsächlich ist es so, dass man, falls das Display splittert, angeblich das Glas leichter austauschen kann als bei anderen aktuellen Geräten. Ob das wirklich der Fall ist, lässt sich schwer nachvollziehen – wir wollen das Gerät jetzt nicht unbedingt deswegen kaputt machen. Aber auf jeden Fall kann man den Akku leicht wechseln, und das ist in punkto Reparierbarkeit ja auch wichtig.
    Römermann: Was ist Ihr Gesamteindruck, ich sag mal, jetzt vom Technischen her gesehen?
    Wölbert: Ich würde sagen, es ist ein typisches Mittelklasse-Smartphone mit Android zu einem höheren Preis als bei der Konkurrenz. Es ist ja nur ein kleines Unternehmen mit einer ganz kleinen Stückzahl, und da ist es logisch, dass das Gerät nicht so günstig sein kann wie die Geräte der Konkurrenz, die in riesigen Stückzahlen hergestellt werden.
    Römermann: Und inwiefern wird der eigene Anspruch der Hersteller erfüllt? Ist das wirklich ein Gerät, das wirklich unter fairen Bedingungen hergestellt worden ist, und kann man das auch nachvollziehen?
    Nur ein paar kleine, faire Änderungen
    Wölbert: Da muss man erst mal sagen, dass das Fairphone keine Eigenentwicklung von dem Amsterdamer Startup ist, sondern dass diese Leute ein fertiges Gerät von einem chinesischen Hersteller in Lizenz neu produzieren, mit ein paar kleinen, fairen Änderungen. Also, ein paar Komponenten sind ein bisschen anders als bei dem normalen Gerät. Und ob das jetzt wirklich fairer ist als andere Smartphones, lässt sich leider nicht sagen, weil es keine vergleichbaren Daten gibt. Die anderen Hersteller verraten ja kaum, in welchen Fabriken ihre Smartphones hergestellt werden, was die Arbeiter dort verdienen und so weiter, deswegen kann man das einfach nicht seriös vergleichen.
    Römermann: Sie haben gesagt, ein paar kleine, faire Veränderungen gibt es. Vielleicht, ohne jetzt zu weit auszuholen, was muss ich mir da vorstellen?
    Wölbert: Also, Fairphone hat zwei Metalle, nämlich Tantal und Zinn, bewusst aus der Demokratischen Republik Kongo bezogen, damit die Menschen dort eine Lebensgrundlage haben, und hat außerdem das erwähnte Glas auf dem Display etwas anders ausgeführt als bei dem Serienmodell und hat dafür gesorgt, dass die Arbeiter bei dem chinesischen Auftragsfertiger, dass die sozusagen noch einen ganz kleinen Bonus oben drauf bekommen zu dem normalen Gehalt.
    Römermann: Und jetzt bleibt noch die Frage, wo kann man das Ding denn eigentlich kaufen? Gibt es das jetzt demnächst in allen Elektromärkten oder wie muss ich mir das vorstellen?
    Wölbert: Das Fairphone ist ausverkauft im Moment. Das Startup möchte aber noch eine zweite Auflage produzieren und da in den nächsten Wochen Details bekannt geben. Es kann sein, dass man das Fairphone schon bald wieder auf der Homepage von Fairphone bestellen kann.
    Römermann: Christian Wölbert war das aus Hannover vom Computermagazin "c't". Ich sage vielen Dank!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.