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Modernisierung
US-Atombomben bleiben in der Eifel

Offiziell gab es sie bisher nicht: Die US-Atombomben, die auf dem Bundeswehr-Fliegerhorst Büchel in der Eifel lagern. Die letzten Atombomben auf deutschem Boden sind ein offenes Geheimnis. Die Bundesregierung bestätigt ihr Vorhandensein nicht. Doch aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag geht indirekt hervor, dass die Atombomben in der Eifel nun modernisiert werden sollen.

Von Ludger Fittkau | 05.06.2014
    Demonstranten blockieren am 11.08.2013 alle Tore des Fliegerhorstes in Büchel (Rheinland-Pfalz). Mit der Aktion demonstrieren sie gegen die auf dem Stützpunkt noch immer gelagerten US-amerikanischen Atombomben.
    Demonstranten protestieren gegen die auf dem Stützpunkt Fliegerhorst in Büchel (Rheinland-Pfalz) noch immer gelagerten US-amerikanischen Atombomben. (picture alliance / dpa / Thomas Frey)
    Die Durchgangstraße des Eifeldorfs Laubach – nur wenige Kilometer vom Fliegerhorst Büchel entfernt. Eine 81 Jahre alte Frau zupft Unkraut aus den Ritzen der Steineinfassung ihres Vorgartens. Dass die US-Atombomben nun nicht abgezogen, sondern erneuert werden sollen, beunruhigt die alte Laubacherin, die ihren Namen nicht nennen will. Im moselfränkischen Dialekt erzählt sie, wie die Frauen im Dorf über die Bomben denken:
    "Ist ein mulmiges Gefühl. Wir unterhalten und mit den Frauen darüber, wenn wir spazieren gehen. Wären am besten, wenn sie weg wären."
    Die Meinungen sind gespalten
    Der Rentner Hans Steffens ist ganz anderer Meinung. Er hat selbst auf dem Fliegerhorst Büchel gearbeitet, wo die US-Atombomben liegen:
    "Ich habe selbst da gearbeitet, ich weiß, wie sicher das ist. Das ist sicherer als alles andere, was es überhaupt gibt. Es waren so viele Jahre, in denen nix passiert ist."
    Aber wenn doch einmal was passiert? Diese Frage beschäftigt in der Region um den Fliegerhorst Büchel viele."
    "Die sind doch überall dabei, die Atomwaffen wegzumachen und dann stellen sie da Neue hin, kann nicht sein, oder?"
    "Ich bin nicht so für Atom - finde ich nicht so gut ehrlich gesagt!"
    So sieht das auch Clara Reck, die ihren Enkel in der nahegelegenen Kleinstadt Ulmen aus der Kita abholt und von der jetzt von der Bundesregierung bestätigten Modernisierung der Atomwaffen in Büchel nicht viel hält:
    "Keine gute Idee eigentlich. Das soll abgeschafft werden."
    Atombomben sichern Arbeitsplätze
    Clara Reck weiß, dass viele Menschen in der Region als Soldaten oder Zivilbeschäftigte am Bundeswehrstandort Büchel arbeiten und um ihre Arbeitsplätze bangen. Die Atombomben geben dem Fliegerhorst eine Art Bestandsgarantie:
    "Kann man auch verstehen, aber auf der anderen Seite muss man auch an die Zukunft denken, an die Kinder dann eben."
    Seine Kindheit in Büchel verbracht hat der Schreiner-Azubi Ricardo Schaaf. Bevor er seine Lehrstelle antrat, dachte er darüber nach, sich selbst am Fliegerhorst zu bewerben. Obwohl auch er die Atombomben dort nicht mag:
    "Der halbe Ort arbeitet am Fliegerhorst. Wenn der wegfällt, gibt es viele Arbeitslose."
    "Schwieriges Thema. Atomwaffen sind nie gut. Die Bücheler haben ja immer Angst um ihre Arbeitsplätze. Kann ich auch verstehen. Bin selber als Büchel."
    "Die Angst muss man den Menschen nehmen, in dem man ihnen sagt: Wir lassen Euch nicht alleine. Und wir sind natürlich dafür, dass der Fliegerhorst Büchel eine zivile Perspektive bekommt."
    Atomwaffen werden modernisiert
    Sagt Niels Wiechmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen im rheinland-pfälzischen Landtag. Die Grünen waren es, die durch eine Anfrage im Bundestag herausfanden, dass die offiziell geheim gehaltenen Atomwaffen in Büchel modernisiert werden sollen:
    "Es gibt jetzt eine Bestätigung dafür was wir seit Jahren vermutet haben: Nämlich dass es US-amerikanische Atomwaffen in Deutschland gibt und das sie in Büchel lagern. Und das - und das ist ja die weitere Neuerung - schon begonnen wurde, sie zu modernisieren mit der Perspektive, sie längerfristig auch in Büchel zu belassen."
    An einem Maar, einem Vulkansee ein paar Kilometer östlich von Büchel ruht sich auf einer Bank ein Radfahrer aus. Peter-Mark Brennekool stammt aus dem niederländischen Nykerk und strampelt heute durch die Vulkaneifel. Die Atombomben-Diskussion kennt er auch aus Holland. Zurzeit sei sie überlagert von der Ukraine-Krise, glaubt er.
    "Ja, sie sind noch hier. Ich denke, es hat einen Sinn, dass sie noch hier sind. In Holland sind auch noch Atombomben. Die Regierung sagt, wir wissen nicht sicher, ob sie da sind."
    Leben auf einem Pulverfass
    Ob auf niederländischer oder auf deutscher Seite der Grenze: Die Bomben müssen trotz der Ukraine-Krise weg aus der Region, davon ist der rheinland-pfälzische Grünen-Politiker Wiechmann überzeugt. Die rot-grüne Landesregierung in Mainz fordert seit Langem den Abzug der Atomwaffen aus der Eifel. Niels Wiechmann kritisiert, dass die Bundesregierung nicht mit den Amerikanern über den Abzug der Bomben verhandelt hat, sondern die Modernisierung einfach hinnimmt:
    "Die Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz wollen nicht auf so einem Pulverfass leben. Und deswegen glaube ich, dass es damit einen Rückschlag für weltweite Friedensbemühungen gegeben hat."