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Mögliches Ende des DACA-Programms
Hunderttausende Migranten in den USA vor der Abschiebung?

Hunderttausende junge Migranten, die als Kinder mit ihren Eltern in die USA eingewandert sind, fürchten ihre baldige Ausweisung - denn das Programm DACA, das sie vor der Abschiebung schützt, steht vor dem Aus: Zehn konservative US-Staaten haben Präsident Trump ein Ultimatum gesetzt, das in drei Wochen endet.

Von Ines Burckhardt | 21.08.2017
    Eine Demonstrantin hält ein Schild in der Hand mit der Aufschrift: "ICE - Hands off Daca-families, free Daniel"
    Die Migranten demonstrieren vor dem Weißen Haus gegen ihre mögliche Abschiebung. (Jason Redmond / AFP)
    "Que queremos? Justicia! Quando? Ahora!”
    "Wir wollen Gerechtigkeit und zwar jetzt” - das rufen hunderte Demonstranten vor dem Weißen Haus. Einige recken ihre Fäuste in die Luft, viele halten Schilder hoch. Yenimar Cortes kann nichts vom Weißen Haus sehen, sie ist zu klein und steht weiter hinten. Die Politikstudentin war zwei Jahre alt, als sie mit ihrer Familie aus Mexiko in die USA kam.
    "Ich fühle mich wie eine Amerikanerin, weil ich hier aufgewachsen bin. Manchmal fühle ich mich auch nicht amerikanisch, weil ich "undocumented” bin, also ohne Papiere. Da fühlt man sich oft fehl am Platz.”
    "Wenn DACA bleibt, dann darf ich später arbeiten"
    Yenimar Cortes besitzt zwar keine gültigen Papiere – die 19-Jährige darf aber zurzeit trotzdem nicht abgeschoben werden. Außerdem hat sie eine Arbeitserlaubnis. Der Grund heißt DACA, ein Programm, das US-Präsident Obama vor fünf Jahren ins Leben gerufen hat. Es schützt Einwanderer, die als Minderjährige illegal in die USA gekommen sind, vor der Ausweisung. Mittlerweile profitieren fast 800.000 junge Erwachsene von diesem Programm.
    "Wenn DACA bleibt, dann darf ich später arbeiten. Wenn nicht, weiß ich nicht, was ich tun soll.”
    Präsident Trump hatte im Wahlkampf versprochen, DACA abzuschaffen. Seit er im Amt ist, ist aber – zum Ärger vieler seiner Anhänger – noch nichts passiert. Trump hat sich sogar mehrmals positiv über das Programm geäußert. Nun drohen aber zehn US-Staaten, darunter Texas, Anfang September vor Gericht zu ziehen – falls Trump das Programm bis dahin nicht abschafft. Denn DACA, so argumentieren diese Staaten, sei illegal. Auch Mark Krikorian vom konservativen Center for Immigration Studies kann nur den Kopf schütteln:
    "Es gibt keine Entschuldigung, keine Erklärung für dieses Programm. Es ist absurd und es sollte abgeschafft werden.”
    Mark Krikorian sagt, Obama habe mit diesem Programm seine Kompetenzen überschritten. Denn es wurde damals als Dekret verabschiedet – der Kongress war nicht involviert, es ist also kein Gesetz.
    "Viele DACA-Empfänger gehen aufs College"
    Konservative Institutionen wie das Center for Immigration Studies nennen das Programm eine Massen-Amnestie. Sie sind der Ansicht, dass Obama – und jetzt auch Trump – damit ein falsches Signal senden:
    "Eine Amnestie führt dazu, dass immer mehr illegale Migranten ins Land kommen. Weil wir ihnen damit beibringen: Du erreichst etwas, wenn du das Gesetz brichst, also illegal einreist.”
    Nick Katz von der Organisation CASA, der auch vor dem Weißen Haus protestiert, glaubt hingegen, dass die US-Gesellschaft vor allem profitiert, wenn sie junge Migranten hier studieren und arbeiten lässt:
    "Viele DACA-Empfänger gehen aufs College. Es gibt Kids in Ivy League Universitäten, in Harvard, Yale, Princeton, die haben alle DACA. Und nach ihrem Abschluss arbeiten sie und geben der Gemeinschaft zurück, sie geben dem Land zurück und sie zahlen viele Dollar an Steuern”.
    Einbußen und Kosten in Milliardenhöhe?
    Studien des American Center for Progress sowie des Immigrant Legal Resource Center bestätigen diese Annahmen. Sie rechnen mit Einbußen und Kosten in Milliardenhöhe, wenn Hunderttausende nicht mehr arbeiten dürfen.
    Viele der Demonstranten vor dem Weißen Haus fühlen sich schon jetzt nicht mehr willkommen in den USA. Wie Fatima Claros, deren Brüder Anfang des Monats nach zehn Jahren in den USA nach El Salvador abgeschoben wurden:
    "Ich habe oft Angst, wenn ich Leuten begegne. Ich frage mich, wie sie mich sehen oder wie sie mit mir reden werden. Ich habe einfach Angst.”
    Anders als ihre Brüder habe sie zwar einen DACA-Status, der sie vor einer Abschiebung schützt. Aber wenn ihr der genommen werde, könnte sie die nächste in ihrer Familie sein, die das Land verlassen muss.