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Mücken in der Sauna

Umwelt. - Ektotherme, also wechselwarme Tiere sind zum Erhalt ihrer Körperwärme auf die Sonne angewiesen - daher sind sie vor allem in den Tropen anzutreffen. Doch der Klimawandel bedroht diese angenehmen Bedingungen.

Von Volker Mrasek | 06.05.2008
    Nach den heutigen Klimaprognosen werden sich die Tropen in diesem Jahrhundert nur halb so stark erwärmen wie die hohen Breiten. Sie kommen also noch mal mit einem blauen Auge davon, könnte man meinen. Doch das ist wohl ein Trugschluss. Gerade die artenreiche Tierwelt der Tropen, die Jahreszeiten nicht kennt, sei auf Temperaturänderungen überhaupt nicht eingestellt. Davor warnt Joshua Tewksbury, Professor für Biologie an der Universität von Washington in Seattle in den USA:

    "Wenn sich das Klima in gemäßigten Breiten erwärmt, dann fühlt sich ein Herbsttag vielleicht eher wie ein Sommertag an. Aber jeder hier hat schon mal einen Sommertag erlebt. Wenn sich aber die Tropen um zwei Grad Celsius erwärmen, dann ist das eine völlig neue Temperatur für die Tierwelt dort."

    Gerade wechselwarme Organismen bekommen unter solchen Umständen große Probleme. Zum Beispiel Insekten, die größte Tiergruppe in den Tropen:

    "Wenn man tropische Insekten ins Labor holt und sie unterschiedlichen Temperaturen aussetzt, dann sieht man: Ihre Bestände überleben nur in einem sehr engen Temperatur-Bereich. Nimmt man vergleichbare Arten aus gemäßigten Breiten wie in Deutschland oder den USA, dann stellt man fest: Sie kommen mit viel größeren Temperaturspannen klar."

    Man spricht auch von der thermischen Toleranz einer Art. Biologen stellen sie in einer temperaturabhängigen so genannten Fitness-Kurve dar. Gemeinsam mit anderen US-Forschern hat Tewksbury nun überprüft: Sind die Fitness-Kurven tropischer Insekten auch noch deckungsgleich mit den Temperaturen, die Ende dieses Jahrhunderts am Äquator voraussichtlich herrschen werden? Die Antwort lautet: Nein! Das Temperaturoptimum wird dann überschritten sein, die Bestände der Insekten gehen den Analysen zufolge zurück:

    "Unsere Studie lässt vermuten, dass der Klimawandel wechselwarme Tiere in den Tropen viel stärker in Mitleidenschaft ziehen könnte als bisher gedacht. Das ist beunruhigend, denn ausgerechnet dort ist der Artenreichtum am größten. Wir haben uns auch andere wechselwarme Tiere angeschaut: Frösche, Eidechsen und Schildkröten. Da ist die Situation genauso: Auch diese tropischen Arten sind an einen engen Temperaturbereich gebunden."

    Wenn sich Umweltbedingungen ändern, kommt die Evolution ins Spiel. Arten können sich neuen Gegebenheiten anpassen. Das haben sie immer schon getan. Arten können aber auch verschwinden, wenn sie mit dem Wandel nicht Schritt halten. Auch das war schon immer so. Und es könnte nun wieder so sein. Denn die Klimaerwärmung vollzieht sich – geologisch betrachtet – ziemlich schnell. Im vergangenen Jahr wiesen US-Wissenschaftler erstmals darauf hin, dass den Tropen besonderes Ungemach droht - dass dort noch in diesem Jahrhundert eine neue, heißere Klimazone entstehen dürfte. Zu dem Forscherteam gehört auch Stephen Jackson. Der Botanikprofessor von der Universität von Wyoming kann sich nur schwer vorstellen, dass der tropischen Fauna genügend Zeit zur Anpassung bleibt:

    "Das Klima wandelt sich ständig, und Ökosysteme reagieren darauf. Aber das, was wir in diesem Jahrhundert erwarten, ist absolut ungewöhnlich. Woran sich Ökosysteme normalerweise über einen Zeitraum von mehreren tausend Jahren anpassen können, das geschieht jetzt innerhalb von Jahrzehnten. Deshalb sind wir sehr besorgt. Die Erwärmung vollzieht sich so schnell, dass wir sicheres Terrain verlassen."

    Manche wechselwarmen Tiere in den Tropen werden es schaffen, sich anzupassen, glauben die Forscher. Doch andere – auch davon sind sie überzeugt – werden auf der Strecke bleiben, wenn sich die Erde weiter aufheizt. Doch wie viele es sind, das kann heute noch niemand abschätzen.