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Münchner Studentenheim
Kirche schließt Johannes-Kolleg

Das Johannes-Kolleg (JoKo) soll nach dem Willen der Erzdiözese München abgerissen werden. Begründet wird die Entscheidung des Eigentümers mit der Baufälligkeit des Gebäudes. Stattdessen sollen Mietwohnungen entstehen. Unverständnis hingegen herrscht auf Seiten der Studentenheim-Leitung und der aktuellen Mieter.

Von Michael Watzke | 28.04.2015
    Goldenes Schild mit Aufschrift "Ukrainische Freie Universität München", auch in Kyrillisch an einer grauen Hauswand, im Hintergrund steht ein Fahrrad an einer Wand.
    Studierende in München suchen händeringend nach bezahlbaren Wohnraum. (Deutschlandradio/Susanne Lettenbauer)
    Schwester Francesca kann es nicht glauben: Ihr Wohnheim, das seit 51 Jahren vor allem ausländischen Studenten ein Zuhause bietet, soll abgerissen werden – schon im kommenden September.
    "Das ist eine große Enttäuschung für uns, dass es jetzt in dieser Schnelligkeit und so plötzlich geschehen soll."
    Viele der Johannes-Kolleg-Bewohner wissen nicht, wohin sie sollen. Physik-Student Johannes ist sauer auf den neuen Eigentümer, die Erzdiözese München-Freising.
    "Prinzipiell war am Montag die Zusage: Jeder von uns kriegt einen Wohnplatz garantiert. Jetzt sagt die Pressestelle in ihrer Pressemitteilung nur noch: 'Hilfe bei der Suche'. Das heißt, es gibt gar keine Garantie mehr, dass wir übernommen werden."
    Tropfen auf den heißen Stein
    Für Studenten ist es in München besonders schwer, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Das Studentenwerk bietet rund 10.000 Wohnheimplätze an, dazu kommen rund 1.000 von kirchlichen Trägern. Bei 120.000 Studenten in München ein Tropfen auf den heißen Stein. Studentenwerk-Sprecher Ingo Wachendorfer weist darauf hin, dass viele Studenten aufgrund des Zulassungsverfahrens erst sehr kurzfristig erfahren, dass sie in München studieren werden.
    "Das bedeutet, dass sehr viele auf einmal auf dem gleichen Markt etwas suchen. Gleichzeitig konkurrieren sie natürlich auf dem Markt mit alleinstehenden Arbeitnehmern, die auch händeringend etwas suchen. Das ist in München einfach ein Problem."
    Bitten um Verständnis
    Das Studentenwerk München hätte das Johannes-Kolleg theoretisch von der Hilfsorganisation Missio übernehmen können. Allerdings nicht für den Preis von 3,8 Millionen Euro. Soviel zahlte die Erzdiözese München den katholischen Missio-Kollegen. Bernhard Kellner, Pressesprecher des Erzbistums, bittet um Verständnis. Bei einem solch' hohen Kaufpreis sei es schlicht nicht möglich, das Wohnheim weiterzuführen.
    "Das Johannes-Kolleg ist baufällig, es muss abgerissen werden. Die Kosten für einen Abriss, Neubau und dann die Vermietung zu gedeckelten Preisen ist nach unseren Berechnungen – nach dem Preis, den wir bezahlen müssen – wirtschaftlich nicht darstellbar."
    Ordensschwester Francesca, die langjährige Leiterin des Studenten-Wohnheimes, bestreitet das. In den vergangenen Jahren habe das Johannes-Kolleg seine laufenden Kosten fast immer aus den Mieteinnahmen bestritten. Und das Gebäude müsse nicht abgerissen werden.
    "Es ist nicht baufällig, es ist renovierungsbedürftig. Das ist es, was die Diözese falsch darstellt. "Stark baufällig", davon kann nicht die Rede sein."
    Die Diözese allerdings hat mit dem Schwabinger Filetgrundstück, auf dem das Johannes-Kolleg steht, andere Pläne:
    "Dort soll Wohnraum errichtet werden. Keine Luxuswohnungen, sondern Wohnungen, die auch an kirchliche Mitarbeiter vermietet werden können. Beispielsweise Erzieherinnen und dergleichen."
    Kein Wohnraum für Normalverdiener
    Allerdings will das Erzbistum die Wohnungen zu marktüblichen Preisen vermieten. Laut Mietspiegel liegt der Preis für eine 40-Quadratmeter-Wohnung in Schwabing bei 900 Euro. Das können sich weder Erzieherinnen noch Studentinnen leisten. Das Erzdiözese München verspricht, in den nächsten zwei Jahren bereits bestehende Studenten-Wohnheime zu erweitern und neue Plätze zu schaffen. Für die 112 Bewohner des Johannes-Kollegs kommt das allerdings zu spät.