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Münster nach der Gebühren-Entscheidung

Nun ist auch die letzte gebührenfreie Bastion in der NRW-Hochschullandschaft gefallen. Am Mittwoch sprach sich der Senat der Uni Münster für die Einführung von Studiengebühren aus. Ab dem kommenden Wintersemester müssen die Studierenden 275 Euro pro Semester zahlen. Ratlosigkeit und Verzweiflung bei vielen der Studierenden, die sich von ihrer Rektorin enttäuscht zeigten.

Von Eva Bendix | 15.03.2007
    Die Entscheidung fällt kurz nach 18 Uhr. Ein junger Mann reißt ein Fenster des Schlosses auf und ruft den wartenden Studierenden auf dem Schlossplatz zu: Wir müssen zahlen, 275 Euro pro Semester!

    Viele Studierende schauen fassungslos nach oben, – werden sauer, greifen zur Trillerpfeife. Einige kämpfen mit den Tränen .

    "Was soll man dazu sagen, dass ist einfach nur asozial!
    Absoluter Betrug, nachdem Frau Nelles vor einem halben Jahr gesagt hat, wir wollen keine Studiengebühren in MS und jetzt das.
    Ich finde es schrecklich , die Professoren haben keine schlüssigen Argumente geliefert, die Studenten wurden nicht angehört und es wurde trotzdem beschlossen. Ich finde das ist ein schwarzer Tag für die Bildung in Deutschland. "

    Die Stimmung heizt sich auf. Während draußen in kleinen Gruppen diskutiert wird, versuchen einige Studierende den Senatssaal zu stürmen. Sie hämmern wild gegen die Tür – Polizisten haben sich ihnen entgegengestellt.

    Viele Senatsmitglieder verlassen den Raum durch die Hintertür. Sie wollen den frustrierten Studierenden nicht begegnen.

    Ihre Entscheidung pro Studiengebühren fiel äußerst knapp aus. In geheimer Wahl hatten sie abgestimmt. 12 Stimmen gegen 11, mit einer Stimme Enthaltung.

    Die Gruppe der Professoren hat eine leichte Mehrheit im Senat. Professor Wolfram Pohlers hat für Studiengebühren gestimmt.

    "Wir müssen uns auch in Konkurrenz zu den anderen Unis sehen und wir sind sowieso schon sehr bescheiden, gemessen an den anderen. Denn wir haben jetzt 275 Euro nur eingeführt im Gegensatz zu 500 Euro, die in NRW flächendeckend üblich sind."

    Die Rektorin Ursula Nelles steht auf der Treppe zum Foyer des Schlosses – Im Foyers haben sich inzwischen an die 100 Studierenden versammelt. Zwischen der Rektorin und ihren Studenten sichert die Polizei.

    "Ich habe immer erklärt, dass jede Gesellschaft Fehler macht, die Studienbeiträge erhebt und nicht alles an Ressourcen in die Bildung der nachwachsenden Generation steckt. Ich bin aber auch für diese Uni verantwortliche und habe bei meiner Wahl erklärt, wenn ich dann zum Wohle der Uni unerlässlich ist, ich nicht anders kann als Studiengebühren einzuführen."

    Auch die Rektorin kämpft mit den Tränen. Sie weiß, dass sie ihre Studenten enttäuscht hat, dennoch ist sie erleichtert, dass nach wiederholt fehlgeschlagenen Versuchen endlich der Senat zu einer Entscheidung kommen konnte.

    Die Rektorin fordert die Studierenden, auf das Schloss zu verlassen.
    Die ignorieren das Hausverbot und setzen sich auf die Fliesen des Foyers

    "Ich würde sagen, wenn niemand was dagegen sagt, bleiben wir hier erstmal sitzen, bis wir uns was überlegt haben einverstanden?
    Ja!
    Was wollen wir jetzt konkret machen? Wir müssen uns Gedanken machen über den Studienboykott
    Es müsste organisiert werden, was wir konkret gegen diesen Senatsbeschluss machen können."

    Erst spät am späten Abend verlassen diese Studierenden das Schloss. Fest entschlossen weiter zu kämpfen.