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Zum Tode des Regisseurs
Bernardo Bertolucci - eine Größe des italienischen Films

Bernardo Bertolucci gilt als einer der Großen des italienischen Kinos: 16 Filme hat er zwischen 1962 und 2012 geschaffen. Für die Regie von "Der letzte Kaiser" erhielt er den Oskar, sein Film "Letzter Tango in Paris" ist bis heute umstritten.

Von Jan-Christoph Kitzler | 26.11.2018
    Trauer um einen großen Filmemacher: Bernardo Bertolucci ist gestorben
    Bernardo Bertolucci starb in Rom nach langer Krankheit – im Alter von 77 Jahren. (picture alliance / dpa / KEYSTONE)
    1988 war Bernardo Bertolucci vielleicht auf dem Höhepunkt seiner Karriere: Sein Film "Der Letzte Kaiser" wurde mit insgesamt neun Oscars ausgezeichnet, darunter auch für die beste Regie.
    Da war der 1941 in Parma geborene Bertolucci längst ein international anerkannter Regisseur. Sein Vater war ein Dichter gewesen, er selbst hatte in jungen Jahren einige Gedichte geschrieben, die Pier Paolo Pasolini gefallen hatten. Der machte ihn bei seinem ersten Film zum Regieassistenten und wurde zu einer Art Vaterfigur.
    Mehr beeinflusst wurde Bertolucci jedoch vom französischen Film, der Nouvelle Vague: "Als ich das erste Mal Regie führte, 62 mit 21 Jahren, "La Commare secca", kamen Journalisten. Ich hatte noch nie Interviews gegeben, und naiv und brutal wie das meinem Alter entsprach sagte ich: Das Interview führen wir natürlich auf Französisch. Das waren alles Italiener, Römer und so wollten wissen warum. Meine Antwort: Weil Französisch die Sprache des Kinos ist."
    Vorwürfe zum Umgang mit Schauspielerinnen
    Spätestens 1972 war er auch einem breiteren Publikum bekannt, denn "Der letzte Tango in Paris" war ein handfester Skandal – wegen der recht unverblümten Sexszenen. Seitdem haftet Bertolucci der Vorwurf an, Frauen spielten in seinen Filmen keine emanzipierte Rolle, letztendlich transportierten seine Filme sogar Frauenverachtung.
    Die gab es auch im Umgang mit der weiblichen Hauptrolle neben Marlon Brando, Maria Schneider, in einer Szene die eine anale Vergewaltigung darstellt:
    "Marlon und ich haben uns angeguckt, und ich habe beschlossen, Maria nichts zu sagen. Sie hätte es wahrscheinlich abgelehnt, eine so demütigende Szene zu drehen. Deshalb habe ich sie hereingelegt, nichts gesagt und Marlon machen lassen – bis er ein Stück Butter nimmt und sie damit einschmiert. Die Maria die "Nein! Nein!" rufft, schreit und sich wehrt, ist die Maria, die sich gegen mich und Marlon wehrt. Dafür hätte ich sie gerne noch um Verzeihung gebeten."
    Der italienische Regisseur Bernardo Bertolucci (l) im Gespräch mit seinen Hauptdarstellern Marlon Brando (M) und Maria Schneider bei den Dreharbeiten zu dem Film "Der letzte Tango in Paris" 1972.
    Der italienische Regisseur Bernardo Bertolucci (l) im Gespräch mit seinen Hauptdarstellern Marlon Brando (M) und Maria Schneider bei den Dreharbeiten zu dem Film "Der letzte Tango in Paris" 1972. (dpa / picture alliance / UPI)
    Dazu kam es nicht. Der Film war trotz Zensurversuchen und Aufführungsverboten, oder gerade deshalb, kommerziell höchst erfolgreich – und auch im Rückblick hielt ihn Bernardo Bertolucci für ein Meisterwerk:
    "Dieser Film verwirklicht meine Idee vom Kino. Er entrinnt den Händen des Regisseurs, beginnt ein eigenständiges Leben. Und wendet sich in eine Richtung, die niemand mehr kontrollieren kann."
    Gespaltenes Verhältnis zu seinem Heimatland
    16 Filme hat Bertolucci zwischen 1962 und 2012 geschaffen. An Auszeichnungen hat es nicht gefehlt: Neben zwei Oscars und zwei Golden Globes wurde er 2007 beim Filmfestival von Venedig mit dem Goldenen Löwen für sein Lebenswerk geehrt.
    Zu Italien hatte der selbsterklärte Kommunist lange Jahre ein gespaltenes Verhältnis – aus deshalb drehte er letztendlich "Der letzte Kaiser":
    "Mit "Der letzte Kaiser" hatte ich mich von Italien entfernt. Ich hatte mich dort Mitte der 80er Jahre unwohl gefühlt. Es schien mir ein Land zu sein, das schon den Weg in Richtung Korruption eingeschlagen hatte – was dann noch schlimmer wurde."
    In seinen letzten Lebensjahren sah er aber auch wieder Hoffnung für das italienische Kino und begeisterte sich zum Beispiel für "Gomorrha", Roberto Savinos Film für die die Mafia. Er selbst hätte gerne noch einen seiner Filme in 3D gesehen – doch auch dazu fehlte am Ende die Kraft.
    Bernardo Bertolucci starb in Rom nach langer Krankheit – im Alter von 77 Jahren.