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Multi-resistente Keime
Das dreckige Dutzend

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine Liste der zwölf gefährlichsten Bakterienstämme veröffentlicht, die sich nicht mit Antibiotika behandeln lassen. Die Gefahr durch multi-resistente Keime wächst. Die Forschung kommt nach Ansicht der WHO zu langsam voran.

28.02.2017
    Staphylococcus aureus-Bakterien (grün) werden von einer großen menschlichen Blutzelle (grau) umschlossen.
    Staphylococcus aureus-Bakterien (grün) werden von einer großen menschlichen Blutzelle (grau) umschlossen. (National Institute of Allergy and Infectious Diseases/dpa)
    Gesundheitsexperten sind schon länger der Ansicht, dass die zunehmende Resistenz von Bakterien eine größere Gefahr darstellt als Krebs. Wenn Antibiotika ihre Wirkung verlieren, könnten nämlich auch lebensrettende Behandlungen wie Organtransplantationen oder Chemotherapien, aber auch aufwändige Operationen wie Hüfttransplantationen zu gefährlich werden. Die Weltgesundheitsorganisation will ihre Liste allerdings nicht als Panikmache verstanden wissen, sondern als Aufforderung an die Wissenschaftler, nach Lösungen zu suchen.
    "Wir dürfen die Antiobiotika-Forschung nicht dem Markt überlassen"
    Die WHO befürchtet, dass die Forschung zu langsam vorankommt, weil sich mit Mitteln gegen die Killer-Keime nicht immer viel Geld verdienen lässt. Marie-Paule Kieny, stellvertretende Direktorin für Gesundheitsforschung bei der WHO, warnt davor, die Suche nach neuen Mitteln allein dem Markt zu überlassen. Die Regierungen müssten die Forschung unterstützen, "sonst werden neue Antibiotika, die wir dringend benötigen, nicht rechtzeitig entdeckt."
    Zwölf Erreger stehen auf der Liste, geordnet danach, wie resistent sie schon gegen Arzneimittel sind, wie verbreitet sie sind und welchen Schaden sie im menschlichen Körper anrichten. Ganz oben steht Acinetobacter baumannii. Dieser Keim ist oft in Krankenhäusern zu finden. Er infiziert Wunden oder löst Lungenentzündungen aus - häufig mit tödlichem Ausgang. Ebenfalls auf der Liste stehen zum Beispiel Staphylokokken, Salmonellen und Escherichia coli.
    Intelligente Bakterien lernen das Überleben
    Nach Angaben der WHO haben die zwölf genannten Bakterien die Fähigkeit entwickelt, auf neue Medikamente zu reagieren. Und sie können offenbar genetische Informationen an andere Bakterien weitergeben, so dass auch diese resistent werden. Schon jetzt sterben weltweit jedes Jahr etwa 700.000 Menschen an Infektionen durch multi-resistente Keime. Die WHO befürchtet, dass diese Zahl enorm steigen könnte, wenn keine Gegenmaßnahmen unternommen werden.
    Wie groß die Gefahr wirklich ist, ist allerdings umstritten. Die Weltgesundheitsorganisation zitiert seit zwei Jahren eine britische Studie, die von bis zu zehn Millionen Todesopfern jährlich ausgeht. Die Recherchegruppe correctiv.org hält diese Zahl für übertrieben. Die deutschen Internet-Wächter verweisen auf eine Studie, die das Fachmagazin PLOS One im November veröffentlicht hat. Deren Autoren warnen, dass übertriebene Zahlen den Kampf gegen multi-resistente Keime erschweren statt unterstützen könnten. Denn: Dass die Gefahr tatsächlich groß ist, darin sind sich alle Forscher einig.
    (mw/am)