Freitag, 29. März 2024

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Musiker Ata Kak
Spätzünder aus Ghana

Die Geschichte um den 55-jährigen Ghanaer Yaw Atta-Owusu ist alles andere als gewöhnlich. Eine einzige Kassette veröffentlichte der Musiker unter seinem Pseudonym Ata Kak im Jahr 1994 - eine Eigenproduktion, für die sich niemand interessierte. 22 Jahre später findet er plötzlich doch noch sein Publikum.

Von Alexandra Friedrich | 13.08.2016
    Der ghanaische Musiker Ata Kak während eines Konzertes
    Der ghanaische Musiker Ata Kak während eines Konzertes (Awesome Tapes From Afrika)
    Der Song "Moma Yendodo" des ghanaischen Musikern Ata Kak ist ein Manifest der Nächstenliebe.
    Wenn wir uns alle lieben, können wir die Welt zu einem besseren Ort machen, findet Yaw Atta-Owusu - ein kleiner, schmaler, grau-melierter Herr Mitte 50, dem seine positive Lebenseinstellung ins Gesicht geschrieben ist. Seine Musiker-Laufbahn als Ata begann in den Achtzigerjahren - ganz ungeplant: Der Ghanaer und seine Frau hatten ihre Heimat nach einem Militärputsch verlassen. Im nordrhein-westfälischen Giffelsberg fanden sie ein neues Zuhause. Bei einer Zufallsbegegnung am Postschalter wurde Ata Kak von einem Musiker spontan als Drummer für seine Band gecastet - weil er ihm vorflunkerte, Schlagzeug spielen zu können. Seine Frau war davon zunächst nicht sehr begeistert.
    Der Esszimmertisch wurde also zum Schlagzeug umfunktioniert - und Ata Kak wurde nach und nach zum Vollblut-Musiker. Auch später, als es ihn nach Kanada verschlug, blieb er bei der Musik. Nur hatte er dann keine Lust mehr, irgendwelche Reggae-Songs zu covern. Es mussten eigene Songs her.
    Nur wer kreativ ist, erntet Anerkennung
    Nur wer kreativ ist, erntet auch Anerkennung, glaubt Ata Kak. Und so schuf Ata Kak seinen eigenen Sound: Beeinflusst vom Highlife-Stil seiner Heimat, seiner alten Liebe Reggae und den buntesten Auswüchsen der westlichen Popmusik.
    Am meisten fasziniert hat ihn der Hip-Hop-Pionier Grandmaster Flash.
    "I was watching TV and one day I saw the guy like he was rapping and I said: What the hack is that? This is very good, man!"
    Also fing Ata Kak an, Rap-Texte zu schreiben. Weil es ihm im Englischen zu holprig klang, entschied er sich für seine Muttersprache: Twi. Sein erster Song hieß "Obaa Sima", zu Deutsch: perfekte Frau.
    "Obaa Sima" wurde das titelgebende Stück für seine erste Veröffentlichung, die er selbst produzierte: Sieben Songs auf einer Kassette, limitiert auf 50 Stück. Die zunächst niemanden interessierten. Keine Handvoll verkaufte er davon in Kanada. Den Rest schickte er seinem Bruder in Ghana.
    20 Jahre später, 2014, inzwischen lebte Ata Kak wieder in Ghana, klingelte das Telefon.
    "Ich meldete mich und jemand sagte: 'Hallo, spreche ich mit Ata Kak?' Ich antwortete: 'Ja, das bin ich. Mit wem spreche ich?' - 'Mein Name ist Brian Shimkovitz.' Ich kannte diesen Typen nicht! Und dann sagte er, er habe acht Jahre lang nach mir gesucht. Ich fragte: 'Was habe ich getan?' Und er entgegnete: 'Nichts. Ich bin interessiert an Deiner Musik.' Da fragte ich: 'Ernsthaft?'"
    Lo-Fi-Produktionen werden immer beliebter
    Der US-amerikanische Ethnologe und Musik-Freak Shimkovitz war 2002 auf einer Reise in Ghana auf eine von Ata Kaks Kassetten gestoßen. Dieser verrückte Sound beeindruckte ihn dermaßen, dass er sich auf die Suche nach dem Macher begab und 2006 "Awesome Tapes From Africa" ins Leben rief, zunächst ein einfacher Musik-Blog, inzwischen ein Plattenlabel. Und darüber wollte er Ata Kaks Musik mit mehr als 20 Jahren Verspätung endlich richtig veröffentlichen.
    "Er sagte: 'Ich will Dich unter Vertrag nehmen.' Ich dachte, er nimmt mich auf den Arm. Aber nach einer Woche oder so merkte ich, dass es ihm ernst war: Ich hatte einen Vertrag mit ihm. Und er schickte mir 1000 Dollar! Einfach so! Da wurde mir klar, dass er es sehr ernst meinte. Und dann sagte er: Mach Dich bereit!"
    Ata Kak war bereit - und die Hörerschaft endlich auch. Gelangweilt von den glatt produzierten Pop-Alben unserer Zeit und Hemisphäre werden Lo-Fi-Produktionen immer beliebter, der Blick zurück und über die Grenzen Europas und Nordamerikas hinaus. Sein spätes Debüt kam also zur rechten Zeit und "Obaa Sima" soll nur der Anfang sein. Wir werden noch mehr hören von Ata Kak.