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Musikfestival Eurosonic Noorderslag
Die großen Namen von morgen

Immer im Januar trifft sich im holländischen Groningen die europäische Musikszene zum Eurosonic Noorderslag, um die Trends des anstehenden Jahres zu finden. Das längst etablierte Festival feierte am vergangenen Wochenende seine 30. Auflage. Wie wichtig das Treffen ist, beweist die Tatsache, dass alle Künstler ohne Gage auftreten. Viele haben sich so vor den Augen der Label- und Festivalmacher schon neue Verträge erspielt.

Von Dennis Kastrup | 18.01.2016
    Ein Musiker spielt auf einer elektrischen Gitarre.
    Vier Nächte lang spielten im kleinen Groningen 350 Bands an 50 Orten. (picture alliance / dpa / Markus Scholz )
    "Natürlich ist die Stimmung im Publikum ein bisschen anders, wenn da nur so Industrieleute stehen, weil die manchmal ein bisschen angespannter sind; und Arme verschränkt. Wenn sie mit dem Kopf nicken, ist das schon richtig gut. Aber das ist uns eigentlich egal. Wir spielen unsere Live-Sets. Wir sind in unserem Sound drin, machen unser Ding. Die genießen das oder nicht."
    Für Lea Porcelain war es das erste Mal auf dem Eurosonic Noorderslag in Groningen. Im Gepäck hatte das Duo aus Frankfurt aber schon Lob eines großen Indie-Magazins: Sie sind eine Band, die man 2016 auf dem Schirm haben sollte. Das erste Album soll noch in diesem Jahr erscheinen.
    Auch das Festival selber vergibt einen Preis, den European Border Breakers Award. Natürlich wird nicht jeder Gewinner am Ende erfolgreich und berühmt. Aber frühere Sieger wie Adele, Woodkid oder auch Milky Chance zeugen von einem guten Gespür. Für Deutschland heimste am Mittwoch der nicht unbekannte deutsche DJ Robin Schulz den Preis ein.
    Vier Nächte lang spielten in der kleinen niederländischen Stadt 350 Bands an 50 Orten. Eine weitere Hoffnungsträgerin heißt Aurora. Die 19-Jährige hat bereits auf dem vergangenen Eurosonic gespielt. Schon vor ihrem ersten Album, das im März herauskommt, darf man von einem kleinen Hype sprechen. Die Natur und die Menschen in ihrer Heimat Norwegen haben einen großen Einfluss auf sie.
    "Hauptsächlich ist es die norwegische Bevölkerung um mich herum, die mich inspiriert. Aber ich schreibe auch über all die schrecklichen Dinge, die nicht direkt vor meiner Haustür geschehen und die ich nur aus den Nachrichten kenne."
    Auroras Auftritt war sehr routiniert. Sie kennt die große Bühne. Im November hat sie schon am Rande des Nobel-Preises ein Konzert gespielt. Anders war das bei der Engländerin Dua Lipa. Sie landete auf der bedeutenden BBC-Liste "Sound of 2016" und muss damit fast schon die hohen Erwartungen erfüllen. Ihre Stimme erinnert(e) an manchen Stellen an Adele, ihr Outfit leider stark an einen übergestülpten Kartoffelsack. Gepaart mit Unsicherheit verpuffte ihre Qualität. Schade.
    Musikerin Jain mit arabischem Schlagzeugspiel
    Das Eurosonic hat jedes Jahr auch immer einen Fokus. Dieses Mal lag er auf Osteuropa. Alina Orlova stammt aus Litauen, ihr Auftritt in einer Kirche war beeindruckend intim. Der falsettartige Gesang hallte durch das Gotteshaus, während die Texte sich um friedvolle Tage auf dem Mond und verregnete Nächte in ihrer Heimat drehten.
    Das Highlight war Jain aus Frankreich. Aufgewachsen ist die 23-jährige Multiinstrumentalistin in Paris, Dubai, Abu Dabi und im Kongo. Die musikalischen Eigenheiten der verschiedenen Stationen fließen auch in ihre Musik ein.
    "Ich habe mit sieben Jahren Schlagzeug angefangen. Dann habe ich in Dubai arabisches Schlagzeugspiel gelernt. Darum geht es auf meinem Album und in meiner Musik. Die Beats sind für mich sehr wichtig. Ich glaube daran, dass der Rhythmus die Musik steuert."
    Jain hat eine Bühnenpräsenz, die das Publikum zum Mitmachen animiert. Ausgestattet mit einer Loop-Maschine singt, rappt und tanzt sie sich durch ihre Show. Dabei erinnert sie stark an Lilly Allen. Das erste Album ist bereits in Frankreich erschienen, Deutschland soll im März folgen. Wenn man ihr live noch eine gute Band zur Unterstützung gibt, dann wird Jain demnächst nicht mehr nur vor 200 Leuten auf dem Eurosonic spielen, sondern vor 2.000 in Paris, London oder Berlin. Aber an das charmante Festival im Nord-Osten von Holland wird sie immer gerne zurück denken.
    Jain: "Ich finde es unglaublich toll, dass wir all diese europäischen Bands hier zusammenführen können. Das ist sehr wichtig. Ich fühle mich heute Abend wie eine Europäerin."