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Muslimische Anti-Gewalt-Initiative
Lehrplan gegen den Terror

Eine internationale Islam-Initiative will Glaubensbrüder von Gewalt und Extremismus abhalten. In Lehrplänen und in den Sozialen Medien soll die friedliche Seite des Islams dargestellt werden. Der pakistanische Glaubenslehrer Muhammad Tahir ul Quadri hat diese Initiative jetzt in Großbritannien vorgestellt – bald soll sie auch in Deutschland aktiv werden.

Von Jens-Peter Marquardt | 26.06.2015
    Asim sitzt vor seinem Computer, klickt islamistische Websites, chattet mit Glaubensbrüdern, die mit ihm über den Dschihad, den Heiligen Krieg, diskutieren:
    "Wir wollen den Islam von den Terroristen zurückholen, ganz einfach. Es ist wichtig, dass wir auf Facebook und Twitter Präsenz zeigen. Wir suchen die Seiten, auf denen die Leute einer Gehirnwäsche unterzogen werden oder in den Terrorismus gelockt werden. Hier wollen wir die wahre Botschaft des Islam zeigen."
    Asim gehört zur internationalen Initiative Minhaj-ul-Quran, die die friedliche Seite des Islam vertritt. Ihr Anführer ist der pakistanische Politiker und sunnitische Rechtsgelehrte Tahir-ul-Qadri.
    "Wir verbreiten unser ganzes Material über die sozialen Medien. Wenn wir das nicht täten, würden wir den Kampf verlieren."
    Tahir-ul-Qadri hat einen 900-seitigen Lehrplan entwickelt, der Terroristen zu Ungläubigen erklärt und Selbstmordattentätern mit der Hölle droht.
    "Wir sollten versuchen, die neuen Generationen der Muslime zu beeinflussen, immer friedlich zu sein und Extremismus und Terror zu verdammen, egal wo. Diese Botschaft sollte in Schulen verbreitet werden, sie sollte verpflichtend sein für muslimische Schüler, und freiwillig für Nicht-Muslime. Sie müssen die wirkliche Lehre des Islam kennenlernen, die auf Liebe, Toleranz, Koexistenz und Zusammensein beruht."
    Fast täglich berichten die britischen Medien über junge Menschen, die sich nach Syrien oder in den Irak absetzen, um sich den Terrormilizen des sogenannten islamischen Staates anzuschließen. Zwei junge Mütter aus Bradford haben sich gerade zusammen mit ihren kleinen Kindern dem IS angeschlossen – insgesamt sollen etwa 700 Briten für den IS kämpfen. Premierminister David Cameron hat jetzt den Islamverbänden im Land vorgeworfen, zu Gewalt und Terror zu schweigen und so zu dulden, dass sich immer mehr junge Menschen auf diesen Irrweg begäben. Cameron hat dafür heftige Kritik der britischen Islamverbände geerntet. Doch Tahir-ul-Quadri sagt, der Premierminister habe Recht. Das Schweigen dieser Organisationen öffne dem Terrorismus die Tür:
    "Die islamische Gemeinschaft trägt hier Verantwortung. Imame, Geistliche – sie alle sollten von Beginn an, in ihren Seminaren, in den Moscheen und in den Schulen lehren, dass Extremismus in klarem Gegensatz zur Menschlichkeit steht und der Lehre des Koran widerspricht."
    Tahir-ul-Quadri hat diese Lehre jetzt erst einmal 50 jungen britischen Muslimen beigebracht, die sie im Netz und in Schulen verbreiten. Der Islam-Gelehrte will aber mehr: Er will den Lehrplan des friedlichen Islam in aller Welt verbreiten – auch in Deutschland.