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Mythischer Gründungsvater oder historische Figur?

Muslime berufen sich heute in höchst unterschiedlicher Weise und Intensität auf Mohammed, den Propheten des Islams. Die Frage, ob Mohammed gelebt hat oder nicht, stellt sich für die überwiegende Mehrheit nicht: Sie gehen fest davon aus, dass es so war. Doch wer - auch als Wissenschaftler - an der geschichtlichen Existenz des Propheten Mohammed zweifelt, der legt in den Augen vieler Muslime die Axt an die Wurzel des Islams.

Von Reinhard Baumgarten | 08.03.2009
    1978 veröffentlicht der amerikanische Astrophysiker und Schriftsteller Michael Hart ein erstaunliches Buch. Es trägt den Titel:

    "Die 100 einflussreichsten Persönlichkeiten der Menschheitsgeschichte."

    Das für viele Überraschendste an diesem Buch ist, dass an erster Stelle ein Mann namens Mohammed ibn Abdallah steht. Es handelt sich dabei um den Propheten Mohammed, den Begründer des Islams. Zu seiner Wahl schreibt Michael Hart:

    "Der Prophet Mohammed war der einzige Mann der Geschichte, der sowohl auf religiösem wie auf weltlichem Gebiet höchst erfolgreich war."

    Mehrfacher Ehemann, Religionsstifter, Mahner und Gesandter Gottes. Feldherr und Eroberer, Politiker und Staatslenker. Mehr als irgendeine andere historische Gestalt hat Mohammed in der christlichen Welt über Jahrhunderte Furcht, Hass und Verachtung erregt. Den Muslimen hingegen gilt Mohammed seit jeher als das Siegel der Propheten, als leuchtendes Vorbild und als der vollkommene Mensch. In der christlichen Welt wurde Mohammed kritisiert, verunglimpft und von Dante - stellvertretend für viele Christen des Mittelalters - in dessen Göttlicher Komödie in den tiefsten Höllenpfuhl verdammt. In der muslimischen Welt wurde Mohammed verherrlicht und verehrt. Er wurde zum Sinnbild des gottgefälligen Menschen.

    Es gibt keinen Gott außer Gott und Mohammed ist der Gesandte Gottes.

    So lautet das islamische Glaubenszeugnis. Wer das Shahada genannte Glaubensbekenntnis auf Arabisch vor Zeugen spricht, gilt als Muslim respektive Muslima. Die Shahada ist die erste Säule des Islams. Ihr erster Teil, in dem die Einheit Gottes und damit ein strikter Monotheismus bezeugt werden, bildet die theologische Grundlage des Islams. Der zweite Teil - und Mohammed ist der Gesandte Gottes - bildet die Grundlage für die weltliche Ausgestaltung des Islams. Denn nach islamischem Verständnis war Mohammed der Überbringer des Korans, des heiligen Buches der Muslime, und dessen wichtigster Interpret. Seine Sunna genannte Sammlung von Aussprüchen und Handlungsweisen ist die praktische Richtschnur für die Gläubigen und neben dem Koran die zweite wichtige Quelle für die Scharia - die islamische Pflichtenlehre. Wie wichtig der Prophet des Islams für die Muslime ist, beschreibt Aiman Mazyek, der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime in Deutschland.

    "Enorm wichtig und das erste Glaubensbekenntnis im Islam endet mit dem Bekenntnis zu dem Propheten, die Lebensweise des Propheten, was er getan und gesagt hat, was er unterlassen hat, wie er gehandelt hat, wie er mit seinen Mitmenschen umgegangen ist. All das ist ein großer, wichtiger Bestandteil für die muslimische Welt, für die Gelehrten. Und es gibt keinen nennenswerten, anerkannten Gelehrten, der diese Position, diesen Propheten in Frage gestellt hat oder ihn auch zur Disposition gestellt hat, insofern ist er eine zentrale Figur für das islamische Verständnis und wer dies in Frage stellt, wie gesagt, der stellt das gesamte Gebäude in Frage."

    Gemäß islamischer Überlieferung wird Mohammed um das Jahr 570 christlicher Zeitrechnung geboren. Er wird 62 Jahre alt und stirbt 632 in Medina. Er betet und fastet viel, und laut Ibn Ishaq erfährt er im Alter von 40 Jahren die erste Offenbarung des Korans.

    Das ist der Beginn des Islams. Und das ist der Beginn einer - auch im historischen Sinne - fantastischen Geschichte. Nur wenige Jahrzehnte später reicht das islamische Weltreich von der Atlantikküste Marokkos bis zu den Grenzen Chinas. Den Grundstein dafür, davon sind islamische Historiker und Gelehrte felsenfest überzeugt, hat der Prophet, Politiker und Feldherr Mohammed ibn Abdallah gelegt.

    Seit dem Erscheinen des Islams und seines Propheten auf der Weltbühne hat es nicht an Versuchen jüdischer und vor allem christlicher Gelehrter gemangelt, der neuen Religion und ihrem Verkünder jegliche Legitimität abzusprechen. Der Islam, so lautet der früh geäußerte Vorwurf, sei blanke Häresie und stehe im Widerspruch zum Christentum. Mohammed wird über Jahrhunderte als leibhaftiger Anti-Christ geschmäht.

    Die Liste der Autoren ist lang, die sich in den vergangenen Jahrhunderten mit der Hypothese beschäftigt haben, der Islam sei ursprünglich keine eigenständige Religionsgemeinschaft gewesen, sondern eine Abspaltung. Seit Jahr und Tag, meint die Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer, gebe es Forscher, die sagen, das waren ursprünglich Juden, Christen oder Juden-Christen.

    "Nehmen wir an, das ist nicht vollkommen falsch, wie sollen wir uns diesen Erfindungsprozess, der innerhalb kurzer Zeit zu einem geschlossenen Gebilde geführt hat, vorstellen, der 50, 60, 70 Jahre nach dem eben dann gar nie stattgefunden habenden Tod Mohammeds stattgefunden hat. Wo und durch wen wird so etwas erfunden?"

    Durch jene, die daran glauben wollten, schlägt Mohammed Kalisch vor. Der an der Uni Münster lehrende islamische Theologe hat viele seiner Glaubenbrüder in den vergangenen Monaten in Harnisch gebracht. Öffentlich hat er verkündet, dass er nicht glaube, der Prophet Mohammed habe je gelebt. Der Islam, argumentiert Kalisch, wäre nicht die erste Religion ohne Gründungsfigur.

    "Warum soll es nicht möglich sein in einem Zeitraum von vielleicht 100 bis 150 Jahren, dass sich aus einer Strömung vielleicht christlicher, vielleicht juden-christlicher Herkunft, wieso soll es nicht so gewesen sein, dass sich in so einer Strömung ein neuer gnostischer Mythos herausgebildet hat, in der eine neue Heilsfigur, die letztlich nur eine Reproduktion von bereits Moses und Jesus ist? Denn Mohammed ist ja vielfach auch durchaus Moses nachgebildet in vielen Gestalten. Und solche Prozesse passieren auch immer wieder in der Religionsgeschichte. Warum soll das nicht passiert sein? Und wenn sich dann auch noch parallel dazu ein neuer Staat herausbildet, ein arabisches Reich, das zur Konsolidierung sicherlich auch ganz gut eine eigenständige neue Religion gebrauchen kann, warum sollen nicht alle diese Faktoren dazu führen, dass sich auf diesem Boden eine neue Religion herausbildet?"

    Wer an der geschichtlichen Existenz des Propheten Mohammed zweifelt, der legt in den Augen vieler Muslime die Axt an die Wurzel des Islams. Jesus legt als das inkarnierte, das Fleisch gewordene Wort Gottes mit Leben, Tod und Auferstehung die Grundlage für die christliche Theologie. Die Grundlage für die islamische Theologie ist das inlibrierte, das Buch gewordene Wort Gottes - der Koran, dessen Übermittler Mohammed ist. Nach islamischem Verständnis hat Gott Juden und Christen zwar mit der Thora und dem Evangelium heilige Schriften gegeben. Aber diese seien entweder verfälscht oder falsch verstanden worden und deshalb nur teilweise richtig. Der Koran hingegen sei das unverfälschte Wort Gottes, herabgesandt zur Bestätigung und - wo nötig - zur Berichtigung der vorangegangenen Schriften. Inhaltliche Annäherungen sind nicht rein zufällig.

    "Dass der Islam als eine christliche Häresie aufgefasst wurde von Johannes von Damaskus einem orthodoxen Theologen aus der Mitte des 8. Jahrhunderts, das ist überhaupt nicht verwunderlich. Erstmal gibt es im Koran haufenweise Entlehnungen aus der jüdischen und christlichen Tradition. Der Koran sieht sich ja in der Kontinuität dieser früheren göttlichen Offenbarungen, wie es im Koran heißt. Dass es da eine Schnittmenge gibt, das ist nie umstritten gewesen. Dass es auf der arabischen Halbinsel Christen und Juden gegeben hat, die in gewisser Weise Mohammed angeregt haben - um es aus der wissenschaftlichen Außenperspektive zu sagen - das ist ebenfalls unumstritten."

    Unter westlichen Wissenschaftlern mag das konsensfähig sein. Aus muslimischer Perspektive stelle sich das anders dar, sagt der islamische Theologe Mohammed Kalisch:

    "Es gibt eine gewisse Tendenz aus der islamischen Apologetik heraus im Bezug auf Mohammed zu argumentieren, dies war ein Mensch, der konnte nicht lesen, der konnte nicht schreiben, der hatte keine Möglichkeit, an andere kulturelle Quellen heranzukommen. Deswegen muss der Koran eine Offenbarung sein. Wenn man mit diesem Interesse herangeht, gab's natürlich ein Interesse aus apologetischer Hinsicht, das alte Arabien als so düster wie möglich darzustellen und christliche, jüdische und vielleicht auch hellenistische Einflüsse als so weit wie möglich nicht vorhanden darzustellen. Ob das wirklich so gewesen ist, da mag man sich drüber streiten."

    Der Weg zu einem konstruktiven Streit wäre die historisch-kritische Exegese der islamischen Quellen, die nicht von zu beweisenden angenommenen festen Wahrheiten ausgeht, sondern mit allen Mitteln moderner Wissenschaft ergebnisoffen betrieben wird. Dafür sprechen sich auch die Islamwissenschaftler Mohammed Kalisch und Gudrun Krämer aus.

    Kalisch: "Ich glaube nicht, dass historisch kritische Forschung das Ende des Islams oder der islamischen Theologie bedeutet. Ich sehe mich auch weiterhin als Muslim und islamischer Theologe. Ich denke aber, wenn man versuchen möchte, Islam und Moderne miteinander zu versöhnen, auch Islam und Aufklärung miteinander zu versöhnen, dann muss man sich ganz bestimmten Fragen stellen. Und zu diesen Fragen gehört unter anderem die Historizität Mohammeds. Und daraus ergeben sich Schlussfolgerungen, die massiven Einfluss sicherlich auf die islamische Theologie haben."

    Krämer: "Wir haben eine ganz schwierige Quellenlage, archäologische Funde haben wir nicht, und man kann doch nicht von vornherein eine historisch-kritische Forschung dem Islam gegenüber zurückweisen mit der Begründung, das stelle dann gewisse Glaubensinhalte in Frage. Ja, genauso ist es. Die meisten Orientalisten stellen ja Mohammeds Existenz nicht in Frage, sie sagen nur, dass wir keine ganz klar unstrittig anerkannten Dokumente haben."

    Welche Religion kann das für sich beanspruchen? Die Anfänge liegen weit zurück. Videorecorder, Kameras und Mikrophone standen zur Dokumentation nicht zur Verfügung. Nur wenige Menschen konnten lesen und schreiben. Schriftliche Zeugnisse über das Wirken der Religionsstifter wurden erst Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte später angefertigt. Möglichen archäologischen Spuren wurde keine Beachtung geschenkt. Im Falle des Islams wurden sie in den vergangenen 200 Jahren auf dem Boden des heutigen Saudi-Arabien sogar bewusst verwischt. Auch wenn die im Sinne der kritischen Wissenschaft als eindeutig einzustufenden Beweise für die Existenz Mohammeds fehlten, meint der Berliner Islamwissenschaftler Peter Heine, gebe es doch Quellen und Indizien, die für die Geschichtlichkeit des islamischen Propheten sprächen:

    "Die Debatten in der westlichen Wissenschaft seit Mitte der 80er-Jahre etwa um die Frage der Authentizität des Propheten haben dazu geführt, dass verstärkte Forschungsbemühungen unternommen worden sind, um in der Umgebung des spätantiken Arabiens mal nachzuschauen, was ist denn da eigentlich gesagt worden. Die Ergebnisse sind im Grunde eigentlich doch, dass wir heute sagen müssen, diese Gestalt, die wir als Mohammed kennen, ist schon historisch. Es sind byzantinische Quellen, syro-aramäische Quellen. Es ist auch der ganze Kontext der äthiopischen Quellen, die da eine Rolle spielen."

    Als dem Propheten die Verpflichtung zum täglichen Gebet auferlegt wurde, kam Gabriel auf den Höhen von Mekka zu ihm und grub mit der Ferse ein Loch [...] worauf dort eine Quelle hervorsprudelte. Während der Prophet ihm zusah, vollzog Gabriel die Waschung, um ihm zu zeigen, wie die Reinigung für das Gebet durchzuführen sei [...]. Dann erhob sich der Engel mit ihm zum Gebet, und der Prophet betete wie er.

    Gemäß islamischer Überlieferung verkündet Mohammed zwischen 610 und 632 christlicher Zeitrechnung den Koran. Er ist der spirituelle und weltliche Führer einer ständig wachsenden Gemeinschaft. Für seine Anhänger steht fest, dass die Verse mittels des Erzengels Gabriel von Gott über Mohammed zu den Menschen kommen. Die Stämme auf der Arabischen Halbinsel, unterstreicht der Berliner Islamwissenschaftler Heine, waren offenkundig bereit für Neues.

    "Ich denke, wir können heute sagen, so um das Jahr 600/620 herum haben wir auf der arabischen Halbinsel - und zwar nicht nur in Mekka - so etwas, was man mit Max Weber ein charismatisches Milieu bezeichnen würde. Offenbar waren die Menschen auf der arabischen Halbinsel einerseits mit ihren bis dahin üblichen religiösen Vorstellungen nicht mehr zufrieden. Das heißt, das reichte nicht mehr, um ihre Welt zu erklären. Die Zeit ist eine, in der sich Byzanz und das iranische Reich erheblich bekriegen, in der Äthiopien in diesem Spiel mitspielt. Das heißt, wir haben drei große Reiche, für die die arabische Halbinsel außerordentlich zentral ist."

    Der schließlich einsetzende militärische Erfolg nach Jahren der Drangsal unter mekkanischer Knute bestärkt die junge muslimische Gemeinde in ihrer Überzeugung, dass Mohammed direkten Beistand von Gott erhält. Heine:

    "Wir haben hier eine Situation, in der der Prophet nach und nach immer mehr geheiligt wurde. Der Tod des Propheten wurde zunächst einmal von einem Teil seiner Anhänger gar nicht wahrgenommen. Der Kalif Omar, eine der wichtigen Gestalten der islamischen Frühzeit, sagte dann, es ist behauptet worden, der Prophet sei gestorben, ich sage euch, das stimmt nicht. Wenn er das später korrigieren muss, weil der Prophet nun tatsächlich tot ist, sagt er, aber er wird in 40 Tagen wieder auferstehen. Das heißt, wir haben etwas, was ich glaube, dass diese Gemeinschaft in Medina eben durchaus doch noch eine Heilserwartungsgemeinschaft war, die damit rechnete, dass noch zu Zeiten des Propheten das jüngste Gericht anbrechen wird. Als das nicht passiert, da haben wir, das kennen wir aus der Religionsgeschichte vielfältig, die Reaktion, dann wird die Gründunggestalt mehr und mehr herausgehoben. Aber das dauert eben seine Zeit."

    Mehr als 100 Jahre vergehen bis zur ersten Propheten-Biographie des muslimischen Gelehrten Ibn Ishaq. Mittlerweile hat der dritte Kalif Osman die sich im Umlauf befindenden ungeordneten koranischen Fragmente sammeln und editieren lassen. Mittlerweile sind die ersten unvollständigen Sammlungen der Aussprüche des Propheten angelegt worden. Muhi'uddin ibn al-Arabi, der größte islamische Mystiker prägte den Begriff des al-insan al-kamil, des vollkommenen Menschen. Er sah in Mohammed die Nahtstelle zwischen der göttlichen und der kreatürlichen Welt, den Mikrokosmos, der in sich den Makrokosmos genau abbildet.

    Alle Muslime berufen sich heute in höchst unterschiedlicher Weise und Intensität auf Mohammed, den Propheten des Islams. Er wird von radikalen und gewalttätigen Fundamentalisten vereinnahmt. Er wird von Reformern und Liberalen zitiert, von Feministinnen und stockkonservativen Mullahs als Beispiel genannt. Er ist das Vorbild für 1,3 Milliarden Muslime, die seine durch Gelehrte sehr unterschiedlich interpretierten und aufbereiteten Reden und Handlungsweisen sehr unterschiedlich verstehen. Mohammed - der vollkommene Mensch - ist auch die vollkommene Projektionsfläche. Jeder hat ein bestimmtes Bild des idealen Menschen Mohammed im Kopf. Die Quelltexte werden so gelesen und interpretiert, dass sie mit dem Idealbild eine Einheit bilden. Das ist menschlich und wird seit Menschengedenken mit allen großen Geistern, Religionsführern, Philosophen, Dichtern und anderen so gemacht. Die Frage, ob Mohammed gelebt hat oder nicht, stellt sich für die überwiegende Mehrheit der gläubigen Muslime nicht. Sie gehen fest davon aus, dass es so war. Bis vor kurzem war auch der islamische Theologe Mohammed Kalisch davon überzeugt. Und Mohammed ist der Gesandte Gottes - der zweite Teil des Glaubensbekenntnisses - würde seiner Meinung nach nicht an Bedeutung verlieren, wenn es keinen leibhaftigen Propheten gegeben haben sollte.

    "Ja, mit dem zweiten Teil des Glaubensbekenntnisses kann man so umgehen, dass man sagt, dieser Mohammed steht für eine ideale Person, steht für das Ideal eines Menschen. Und islamische Theologie wäre dann in diesem Bereich des Glaubensbekenntnisses ein Nachdenken über einen idealen Menschen. Das hat es in der islamischen Theologie auch immer gegeben, dieser Begriff des al-Insan ul-Kamil, des vollkommenen Menschen, als eine spirituelle Figur. Die ist natürlich dort vorhanden. Und man kann auch mit Zweifeln an der Historizität eines realen Menschen, der eventuell zwischen 570 und 632 gelebt haben soll - man kann trotzdem diesen Gedanken der islamischen Theologie weiterführen. Man kann auch die islamischen Riten und Praktiken weiter begründen, auch wenn man sie nicht auf einen historischen Mohammed zurückführt. Die haben ja einen bestimmten spirituellen Inhalt."

    Nicht viele Muslime werden sich zur derlei intellektuellen Überlegungen verleiten lassen. Im Zweifel, meint Aiman Mazyek, werden sie den Propheten zu Rate ziehen:

    "Es gibt einen schönen Prophetenspruch, da heißt es: Lass das, was in dir Zweifel weckt, zugunsten dessen, was in dir keinen Zweifel weckt. Dieses Zweifeln bis am Rande der Selbstzerstörung ist eine Eigenschaft, die eigentlich dem Muslim fremd ist. "