Donnerstag, 28. März 2024

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Mythos der Deutschen
Das geträumte Griechenland

Wenn in Deutschland über das Krisenland Griechenland berichtet wird, dann muss die Akropolis häufig als Symbolbild herhalten. Das sei immer noch die Folge einer überhöhten Antikenbegeisterung, die seit dem 18. Jahrhundert stattgefunden habe, sagte der Historiker Achatz von Müller im Deutschlandfunk.

Achatz Müller im Gespräch mit Michael Köhler | 01.03.2015
    Eine junge Frau bei einer Demonstration vor dem griechischen Parlament in Athen.
    Eine junge Frau bei einer Demonstration vor dem griechischen Parlament in Athen. (AFP / Louisa Gouliamaki)
    Kaum ein Bericht über das Krisenland Griechenland, bei dem nicht die eingerüstete Akropolis gezeigt wird. Das Bild gaukele Antike vor, sagte der Historiker Achatz von Müller im Deutschlandfunk. Die Akropolis stehe für die Verehrung der griechischen Kunst, wie sie von den Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert fast übersteigert betrieben wurde. Mit der Aufrechterhaltung dieses Mythos versuche man auch heute noch zu vergessen, was im Zweiten Weltkrieg mit der Besetzung der Wehrmacht und während der Duldung des "Regimes der Obristen" angerichtet worden sei.
    Die Antikenbegeisterung der Deutschen im 18. Jahrhundert sei eine Überhöhung gewesen - zumal große Griechenlandverehrer wie Goethe nie das Land besucht hätten. Auch wenn sich ab 1840 durch archäologische Funde gezeigt habe, dass das Bild des antiken Griechenlands in vielen Punkten falsch gewesen sei, habe man daran festgehalten. Auch heute noch sei es so, dass sich die Deutschen "ein Europa ohne die Griechen nicht vorstellen können."
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