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Nach dem Milliardenvergleich
Deutsche Bank will Boni drastisch kürzen

Harte Einschnitte bei der Deutschen Bank: Der Vorstand habe entschieden, "die variable Vergütung für das Jahr 2016 deutlich zu reduzieren", teilte Deutschlands größtes Geldhaus mit. Zudem sollen weitere hochrangige Manager deutlich geringere Boni für das vergangene Jahr erhalten.

Von Brigitte Scholtes | 18.01.2017
    Hauptgebäude der Deutschen Bank (in Frankfurt) mit Logo
    Hauptgebäude der Deutschen Bank (in Frankfurt) mit Logo (afp / Daniel Roland)
    Ob es 90 Prozent der Boni sind, wie der "Spiegel" vorab spekuliert hatte, das wollte die Deutsche Bank nicht bestätigten. Doch ein Viertel der insgesamt 100.000 Mitarbeiter des Geldhauses muss auf die individuelle "variable Vergütung" für 2016 verzichten. Analysten zufolge könnten die Boni damit um 700 bis 800 Millionen Euro geringer ausfallen als im Vorjahr: Da waren 2,4 Milliarden Euro an Boni geflossen. Eine richtige Entscheidung, meint Klaus Nieding, Vizepräsident der DSW, der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz:
    "Das ist zunächst einmal ein Signal, das auch nach außen hin gesetzt wird, dass eben solche Dinge nicht unsanktioniert passieren. Und als Aktionärsvertreter muss man sagen, wir haben ja Jahre gesehen bei der Deutschen Bank, wo deutlich mehr Boni ausgeschüttet wurden als Dividenden gezahlt wurden, und da fragt man sich ja schon als Aktionärsvertreter: 'Geht’s noch?'"
    Vorstand: Harte Maßnahmen seien "unumgänglich"
    Das hatte wohl auch der Vorstand eingesehen, der die Streichung der Boni auch damit begründete, dass man nun die Belastungen aus dem Vergleich mit dem US-Justizministerium besser absehen könne. So werde die Geldbuße von insgesamt 7,2 Milliarden Dollar das Ergebnis des vierten Quartals mit 1,2 Milliarden Dollar belasten. Harte Maßnahmen seien "unumgänglich", schrieb der Vorstand in einem Brief an die Mitarbeiter. Die elf Vorstandsmitglieder unter Führung von John Cryan verzichten zudem freiwillig auf ihren Bonus. Schon im vergangenen Jahr waren sie leer ausgegangen, damals aber hatte der Aufsichtsrat ihnen die Boni gestrichen. An die schon ausgezahlten variablen Vergütungen früherer Vorstandsmitglieder kommt die Bank jedoch nicht heran: Eine solche als "Clawback" bezeichnete Regelung ist gesetzlich noch nicht möglich, sagt Christoph Schalast, Finanzexperte der Frankfurt School of Finance and Management:
    "Was aber eigentlich viel effizienter ist, dass man Boni erst nach einem gewissen Zeitraum, wenn man wirklich meint sehen zu können, dass sie nachhaltig verdient wurden, auszahlt. Und hier ist jetzt von sechs Jahren die Rede. Das ist eine vernünftige Reaktion."
    Einigung mit US-Justiz im Hypothekenstreit
    Betroffen sind die oberen Führungsebenen, erstmals dürften damit auch Investmentbanker auf ihre individuellen Boni verzichten müssen. Allerdings hatte die Bank deren Fixgehälter kräftig erhöht und damit einen Ausgleich geschaffen. Die Deutsche Bank sei etwas in der Klemme, meint Schalast:
    "Die Nicht-Zahlung von Boni, gerade in dieser Branche, die sehr wettbewerbsorientiert ist, kann natürlich dazu führen, dass immer mehr, vor allem Spitzenmitarbeiter, zu anderen Banken wechseln, die nicht diesen Restriktionen unterliegen. Von daher soll die Deutsche Bank alles tun, und das hat sie ja auch gesagt, um zu verhindern, dass ihre wirklich wichtigen und für den zukünftigen Erfolg notwendigen Mitarbeiter sie verlassen."
    Die Einigung mit der US-Justiz im Hypothekenstreit hatte die Bank in der Nacht zum Mittwoch bestätigt. Die Sorge, die Milliardenbuße könnte das Geldhaus nicht ohne Kapitalerhöhung bezahlen, teilt Schalast jedoch nicht:
    "Ich denke, dass die Deutsche Bank genauso verhandelt hat, dass sie eben die Summe stemmen kann, um eine Kapitalerhöhung und damit eine weitere Verwässerung und eine weitere Belastung des Aktienkurses zu vermeiden."
    Der Aktienkurs hat seit zehn Jahren etwa vier Fünftel an Wert verloren.