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Nach dem Schottland-Referendum
Aufatmen in Berlin

Auch in Berlin ist die Entscheidung der Schotten mit Erleichterung aufgenommen worden. Politiker aus fast allen Parteien äußerten sich zufrieden damit, dass Schottland Teil Großbritanniens bleiben wird. Auch die Wirtschaft begrüßt das Votum.

Von Simone Miller | 19.09.2014
    Ein Dudelsackspieler bläst vor dem erleuchteten Brandenburger Tor in sein Instrument.
    In Berlin ist die Entscheidung der Schotten gegen eine Unabhängigkeit mit Erleichterung aufgenommen worden (Archivbild). (dpa / Paul Zinken)
    Die Schotten brechen dem Vereinigten Königreich keinen Zacken aus der Krone - die Entscheidung gegen die Unabhängigkeit Schottlands fiel mit 55 Prozent sogar deutlicher aus als erwartet. Bei Premier Cameron ist die Erleichterung entsprechend groß, aber auch in Berlin atmet man auf.
    Katrin Göring-Eckart, Fraktionsvorsitzende der Grünen, sagte im ZDF, für ein gemeinsames Europa sei es sehr gut, dass es nicht zur Abspaltung komme:
    "Ich glaube es ist am Ende aber auch ein deutliches Zeichen, dass die Leute mehr mitbestimmen wollen, und dass man für mehr Bürgerbeteiligung sorgen muss etc., aber erst mal bin ich total erleichtert, dass es dieses Ergebnis gibt."
    Auch für die deutschen und europäischen Unternehmen ist das Ergebnis positiv, so Volker Treier, Chefvolkswirt der deutschen Industrie und Handelskammer. Es habe mehr auf dem Spiel gestanden als der Freiheitswille der Schotten. Die wirtschaftlichen und finanzpolitischen Folgen einer Abspaltung wären unkalkulierbar gewesen.
    Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie begrüßt den Ausgang des Votums. Mit der Entscheidung gegen die Unabhängigkeit habe sich die schottische Bevölkerung für politische und wirtschaftliche Stabilität entschieden, meint Hauptgeschäftsführer Markus Kerber.
    Referendum wird trotzdem Folgen haben
    Dass das Referendum gleichwohl nicht ohne Konsequenzen bleiben wird, diese Einschätzung teilt Claudia Roth, Bundestags-Vizepräsidentin der Grünen. Heute sei ein Tag, der die EU nachdenklich stimmen sollte:
    "Es haben über 40 Prozent für ein Nein zum Verbleib innerhalb von Großbritannien gestimmt, das heißt es gibt ein großes Bedürfnis, dass es sozusagen regionale Verstärkungen, regionale Strukturen gibt und das man sich nicht unter einer Großdominanz empfindet, also ich glaube, das wird ganz massiv Großbritannien verändern müssen."
    Veränderungen, die auch der bayerische Finanzminister Markus Söder von der CSU auf Großbritannien zukommen sieht:
    "Was im Vereinigten Königreich jetzt ohnehin kommen wird, ist mehr Autonomie, mehr Subsidiarität - das wird nicht nur für Schottland gelten, Wales beispielsweise wird das genauso einfordern. Mehr Subsidiarität, das heißt das was man vor Ort entscheiden kann, regionaler, lokaler, das sollte man auch dort belassen."
    Nach dem Referendum ist vor dem Referendum
    Camerons angekündigtes Zugeständnis von mehr Autonomie für Schottland wird auch vom Grünen-Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter begrüßt. Gleichzeitig sei Schottland traditionell proeuropäisch. Wenn Cameron jetzt auf die Interessen Schottlands zugehen wolle, müsse er endlich für einen Verbleib Großbritanniens in der EU kämpfen, so Hofreiter.
    Nach dem Referendum ist also ein bisschen vor dem Referendum: Die Schotten haben sich für das Vereinigte Königreich entschieden, ob sich Großbritannien aber für die EU ausspricht, bleibt ungewiss.