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Nach der Brexit-Entscheidung
Großbritannien soll möglichst schnell raus aus der EU

Am Tag nach der Bekanntgabe des Referendum-Ergebnisses haben Deutschland und die anderen fünf Gründerstaaten der Europäischen Union ihren Druck auf Großbritannien erhöht. Die sechs Außenminister forderten London dazu auf, rasch die konkreten Verhandlungen über einen Austritt aus der EU aufzunehmen. Die Austrittsverhandlungen soll der belgische Diplomat Didier Seeuws führen.

25.06.2016
    Die britische Flagge klebt an einer Autoscheibe mit Regentropfen
    Britische Flagge an einer Autoscheibe vor der britischen Botschaft in Berlin (picture alliance / dpa / Paul Zinken)
    "Dieser Prozess sollte so bald wie möglich losgehen, dass wir nicht in eine lange Hängepartie geraten", sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nach einem Treffen der Außenminister der sechs EU-Staaten in Berlin. Ähnlich hatte sich der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn im DLF geäußert.
    Man respektiere das Ergebnis der Volksabstimmung in Großbritannien für ein Verlassen der Europäischen Union, ergänzte Steinmeier. Jetzt müssten die übrigen EU-Staaten die Möglichkeit erhalten, sich auf ihre Zukunft zu konzentrieren. Dazu müsse das Austrittsverfahren schnell in Gang kommen. Das sei eine Botschaft, die man nach London schicke.
    Außenminister Frank-Walter Steinmeier (2.v.l.), sein französischer Amtskollege Jean-Marc Ayrault (2.v.r.), sein niederländischer Amtskollege Bert Koenders (r, verdeckt), sein italienischer Amtskollege Paolo Gentiloni (3.v.l.), sein belgischer Amtskollege Didier Reynders (l) und sein luxemburgischer Amtskollege Jean Asselborn (3.v.r.) gehen in Berlin vor der Villa Borsig durch den Garten. 
    Treffen der Außenminister der sechs EWG-Gründerstaaten. (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
    Auch der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault nannte die rasche Einleitung des Austrittsverfahrens dringlich, um eine Phase der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheit zu vermeiden. Der britische Premierminister David Cameron habe sich für eine Volksabstimmung entschieden und müsse nun auch die Konsequenzen daraus ziehen.
    Beratungen über die Folgen des Refendums
    Die Außenminister aus Deutschland, Frankreich, Italien und den Benelux-Staaten waren in Berlin zusammengekommen, um über die Folgen des Referendums zu beraten. Diese sechs Gründerstaaten der EU - damals Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) - wollten nach dem Brexit-Beschluss der Briten allen Zweifeln an der Zukunft der Union entgegentreten. Die EWG war 1957 gegründet worden und ist die Vorläuferorganisation der EU.
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte zu Beginn, von dem Treffen solle die Botschaft ausgehen, "dass wir uns dieses Europa nicht nehmen lassen". Die EU sei ein weltweit einzigartiges "Erfolgsprojekt von Frieden und Stabilität".
    Steinmeier bekräftigte: "Das ist jetzt eine Situation, die weder Hysterie noch Schockstarre erlaubt." Die EU dürfe jetzt nicht so tun, "als seien alle Antworten schon bereit". "Wir dürfen nach der britischen Entscheidung aber auch nicht in Depression und Untätigkeit verfallen." Europa müsse jetzt auch Lösungen liefern, sowohl in der Flüchtlingskrise als auch in Sicherheitsfragen und beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit.
    Leiter der "Brexit Task Force" benannt
    Die Austrittsverhandlungen mit Großbritannien soll ein Belgier führen: Der belgische Diplomat Didier Seeuws. Seeuws sei zum Leiter eine sogenannten "Brexit Task Force" ernannt worden, sagte ein Sprecher von EU-Ratspräsident Donald Tusk der Nachrichtenagentur AFP. Der 50-jährige Belgier leitet derzeit das Ressort für Verkehr, Telekommunikation und Energie im Europäischen Rat.
    Schottland, das sich in der Volksabstimmung über den Brexit mehrheitlich für den Verbleib in der EU ausgesprochen hatte, trifft unterdessen Vorbereitungen für ein zweites Referendum über die Unabhängigkeit des nördlichen Landesteils von Großbritannien. Die notwendigen rechtlichen Schritte würden jetzt vorbereitet und eigene Gespräche mit der EU aufgenommen, sagte Regierungschefin Nicola Sturgeon in Edinburgh nach einem Treffen des Kabinetts. "Das Kabinett hat zugestimmt, dass wir umgehend Gespräche mit EU-Institutionen und anderen EU-Mitgliedstaaten aufnehmen, um alle Möglichkeiten auszuloten, Schottlands Platz in der EU zu schützen."
    (pg/fwa/jasi)