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Nach der Niedersachsen-Wahl
Gelbphase im Ampelspiel

Für eine Fortsetzung von Rot-Grün reicht es in Niedersachsen nicht. Wie also weiter? Nach der Landtagswahl mit 36,9 Prozent für die SPD und lediglich 8,7 Prozent für die Grünen will die FDP nicht "Steigbügelhalter" sein. Und die abgestrafte CDU will erst einmal entspannt abwarten.

Von Dietrich Mohaupt | 16.10.2017
    Gero Hocker, Generalsekretär der niedersächsischen FDP, spricht am 16.10.2017 vor der Landespressekonferenz in Hannover (Niedersachsen)
    Rot und Grün stehen bereit in Niedersachsen. Aber Generalsekretär Gero Hocker von der dortigen FDP sagt, "dass wir für eine rot-grüne Verlängerung nicht zur Verfügung stehen" (picture alliance / dpa / Hauke-Christian Dittrich)
    Wundenlecken bei der niedersächsischen CDU heute Vormittag – Generalsekretär Ulf Thiele tat sich sichtbar schwer im Umgang mit der klaren Niederlage der Partei und des Spitzenkandidaten Bernd Althusmann.
    Die Rahmenbedingungen waren einfach problematisch – so das Fazit. Der Absturz der CDU auf Bundesebene habe eine wesentliche Rolle gespielt – und nicht zuletzt natürlich auch die Intrigen-Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Wechsel der Abgeordneten Elke Twesten von den Grünen zur CDU. Da habe man auch Fehler gemacht, so Thiele:
    "Wir hätten offensiver vertreten müssen, dass die Verschwörungstheorie, die aufgestellt wurde, und die monatelang vom Ministerpräsidenten und von anderen verbreitet wurde, falsch ist. Vielleicht waren wir an der Stelle zu defensiv – aber die Frage, ob Frau Twesten Mitglied der CDU wird oder nicht, war nicht der entscheidende Punkt."
    CDU will zunächst ganz entspannt abwarten
    Entscheidend sei vielmehr jetzt, was der amtierende Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) aus dem auch vom Wähler offenbar gewollten Ende von Rot-Grün mache. Die CDU werde jedenfalls erst einmal ganz entspannt abwarten.
    Ganz so einfach wollte dann aber der SPD-Generalsekretär Detlef Tanke die CDU nicht davonkommen lassen. Gut gelaunt widmete auch er sich kurz dem Thema Twesten – gefragt, ob er denn schon bei Frau Twesten angerufen und sich bedankt habe, stellte er klar:
    "So weit würde ich jetzt nicht gehen, aber ich habe nicht verleugnet, dass das der Ausgangspunkt der internen Mobilisierung war."
    Die abtrünnige Grüne Elke Twesten also als Wahlhelferin für die SPD – und doch hat es ja nicht gereicht für eine Fortsetzung von Rot-Grün. Dass jetzt die FDP sich so strikt gegen eine mögliche Ampelkoalition ausspricht, das irritiere ihn schon, betont Tanke. Man müsse schon mal genau schauen, was der FDP-Landeschef eigentlich meine, wenn er diese Option ausschließe.
    "Er sagt ja, Rot-Grün – so nicht weiter, und fügt dann auch immer an als Beispiel die Bildungspolitik. Unser Bestreben ist, über diese Dinge mit der FDP inhaltlich zu reden, um festzustellen, was ist es über die Bildungspolitik hinaus an Themen – um dann zu gucken … kommt man inhaltlich zusammen, oder nicht."
    Grüne sehen Ampel, FDP sehen Heranwanzen
    Unterstützung gibt es dafür von den Grünen – Landeschefin Meta Janssen-Kuczs jedenfalls ist der Meinung, dass es doch ausreichend viele inhaltliche Berührungspunkte gebe – Gespräche darüber könnten sich lohnen meint sie.
    "Wenn ich an das ganze Thema Bürgerrechte, Datenschutz denke, aber auch das Themenfeld Bildungsgerechtigkeit, auch Inklusion – dort sind viele Schnittmengen mit der FDP, und das muss man in Gesprächen letztendlich ausloten – und wir gehen offen in Gespräche hinein."
    Für FDP-Generalsekretär Gero Hocker klingt das nicht sehr vielversprechend. Als Junior-Partner in einer Amel könne die FDP keinen echten Politikwechsel herbeiführen, betont er –Schnittmengen gerade mit den Grünen könne er nicht wirklich erkennen.
    "Ich bin schon etwas erstaunt darüber, wie man sich hier an uns heranwanzt. Ich sage Ihnen ganz ausdrücklich: Wir haben das vor Monaten beschlossen, dass wir für eine rot-grüne Verlängerung nicht zur Verfügung stehen, es wird in Niedersachsen keine Ampel geben – zu 100 Prozent nicht, weil wir einen echten Neustart in Niedersachsen möchten und nicht uns als Steigbügelhalter betätigen werden für eine gescheiterte rot-grüne Regierungskonstellation der letzten viereinhalb Jahre."
    Interne Querelen bei der AfD
    Ende der Diskussion – vorläufig jedenfalls. Und das würde sicher auch AfD-Landeschef Paul Hampel gerne sagen – mit Blick auf die anhaltenden Querelen in der frisch in den Landtag eingezogenen Partei. Noch am Wahlabend kursierte ein Brief, in dem mehrere Landesvorstandsmitglieder sofortige Vorstands-Neuwahlen forderten – ein direkter Angriff gegen den Landeschef, der darauf erkennbar irritiert reagiert.
    "Also so masochistisch kann ich gar nicht sein, dass ich diejenigen, die mir da doch mit ziemlich perfiden Mitteln versuchen, das Leben schwer zu machen, jetzt als meine politischen Partner anerkenne, über den Schatten kann ich nicht springen – aber Sie sehen mich nach wie vor guter Dinge, Sie sehen mich entspannt und Sie sehen mich kämpferisch."
    Wie gehabt bei der AfD Niedersachsen: Intrigen, Verschwörungstheorien, Streit – man darf gespannt sein, wie lange diese Partei überhaupt in der Lage ist, einen Rolle im niedersächsischen Landtag zu spielen.