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Nach Erdrutsch in China
Kaum mehr Hoffnung auf Überlebende

Anderthalb Tage nach dem Erdrutsch in der westchinesischen Provinz Sichuan graben Helfer auf der Geröllwüste nach Verschütteten - mit Baggern, Kränen und mit den bloßen Händen. Noch immer werden mehr als 100 Menschen vermisst. Mit jedem Tag schwindet die Hoffnung, noch Überlebende zu finden.

Von Steffen Wurzel | 25.06.2017
    Chinesische Rettungskräfte suchen nach einem Erdrutsch in der Provinz Sichuan nach Überlebenden.
    Rund acht Millionen Kubikmeter Geröll, Schlamm und Gestein haben das Dorf in der Provinz Sichuan ausgelöscht. (dpa / Imaginechina/ Cao Feng )
    Dort, wo sich bis gestern früh das Dorf Xinmo befand, geht der Großeinsatz der Rettungsteams weiter. Tausende Helfer graben auf der Geröllwüste nach Verschütteten, mit Baggern, Kränen und Bulldozern und mit den bloßen Händen. Auch Spürhunde sind im Einsatz. Angehörige trauern um ihre Familienmitglieder, die irgendwo unter den Gesteinsmassen liegen.
    "Ein Felsbrocken krachte in unser Wohnzimmer"
    Rund acht Millionen Kubikmeter Geröll, Schlamm und Gestein haben das Dorf in der Provinz Sichuan ausgelöscht. Mehr als 60 Häuser wurden von den Schlammmassen begraben. "Ich ging nach draußen, spürte diesen enormen Wind, und dann sah ich schon das Wasser auf unser Haus zuströmen," sagt einer der wenigen Überlebenden, ein schwer verletzter Familienvater, der in einem Krankenhaus liegt und von einem lokalen Fernsehsender interviewt wurde. "Ein Felsbrocken krachte in unser Wohnzimmer. Wir sind dann langsam ins Freie gekrochen, mit unserem Baby im Arm, und wir konnten davonlaufen. Bewohner aus einem Nachbardorf haben sich um das Baby gekümmert und uns etwas zum Anziehen gegeben."
    Beliebtes Reiseziel
    Das Dorf Xinmo war bei Touristen aus anderen chinesischen Provinzen als Reiseziel beliebt. Gut möglich also, dass unter den vielen Opfern auch Menschen aus anderen Landesteilen sind. Vonseiten der Helfer und auch von den Behörden hieß es heute immer wieder, man werde nicht aufgeben und weiter nach Überlebenden suchen. Aber die Hoffnung schwindet.
    Die Erdmassen hatten sich gestern gegen sechs Uhr früh von einem Berghang oberhalb des Dorfes gelöst, nach heftigem, tagelangem Regen. Die Unglücksstelle liegt etwa 200 Kilometer entfernt von Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan. Nicht nur im Südwesten Chinas regnet es weiter in Strömen, auch vielen anderen Landesteilen machen die Sommerregen Millionen Menschen zu schaffen.
    Zweithöchste Unwetter-Warnstufe ausgerufen
    Im der weiter östlich gelegenen Provinz Jiangxi sagte Li Xiaogang, der stellvertretende Leiter einer Katastrophenschutzbehörde: "Die Wasserstände von Flüssen und Seen sind schon jetzt relativ hoch. Viele Böden sind aufgeweicht und es regnet weiter, deswegen ist es sehr wahrscheinlich, dass wir weitere Unglücke erleben werden."
    In den nächsten drei Tagen wird in mehreren Provinzen mit weiteren heftigen Regenfällen gerechnet. Chinas nationales Wetteramt in Peking hat inzwischen fürs ganze Land die zweithöchste Unwetter-Warnstufe ausgerufen.