Freitag, 19. April 2024

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Nach Gauweiler-Rücktritt
"Keine Befürchtung, dass er in die AfD abwandert"

Monika Hohlmeier bekundet Respekt vor dem Rücktritt Peter Gauweilers. Mit einem Wechsel des bisherigen Parteivizes zur AfD rechne sie nicht, sagte die CSU-Europaabgeordnete im DLF. Auch, weil dieser ein großer Verehrer ihres Vaters sei, so die Tochter von Franz-Josef Strauß.

Monika Hohlmeier im Gespräch mit Dirk Müller | 01.04.2015
    Monika Hohlmeier, Tochter des ehemaligen Verteidigungsministers und Ministerpräsidenten von Bayern, Franz-Josef Strauß.
    Monika Hohlmeier (CSU) (Marcus Brandt, dpa picture-alliance)
    "Der Peter und ich sind Freunde", sagte Monika Hohlmeier im Deutschlandfunk nach dem Rücktritt des stellvertretenden CSU-Vorsitzenden Gauweiler. Dieser hatte gestern den Verzicht auf alle politischen Ämter angekündigt. Zur Begründung sagte er, die CSU-Spitze habe von ihm verlangt, im Bundestag gegen seine Überzeugung für die Verlängerung der Griechenland-Hilfen zu stimmen.
    "Hundertprozentige Einigkeit"
    "Wirtschaftspolitisch gibt es keinen Dissens", sagte Monika Hohlmeier dazu im DLF. Hundertprozentige Einigkeit habe in dem Punkt bestanden, dass es kein "Reinzahlen" in ein Griechenland geben dürfe, wo die politische Klasse von Links bis Rechts komplett versage.
    Gauweiler bleibe auch nach seinem Abtritt ein politisches Schwergewicht. Dass er seine "politische Potenz" fortan in der Partei Alternative für Deutschland einbringen könnte, fürchtet Hohlmeier nicht.
    Zur Frage der Nachfolge von Parteichef Horst Seehofer äußerte sich Hohlmeier zurückhaltend. Die Erfahrung habe gezeigt, dass ein geordneter Rückzug von Vorteil sei.

    Das Interview in voller Länge:
    Dirk Müller: Die Gräben sind vielleicht dann doch zu tief gewesen, und waren sich die beiden wirklich je sympathisch? Peter Gauweiler schmeißt die Brocken hin als CSU-Parteivize und erspart damit Horst Seehofer weiteren Ärger. Es könnte gut sein, dass der streitbare Eurorebell seine Partei dennoch in ungeahnte Probleme stürzt, denn wie macht Horst Seehofer jetzt weiter? Immer mehr Stimmen in der CSU fordern einen früheren Abgang ihres Parteivorsitzenden, nicht erst 2018, 2017. Peter Gauweiler jedenfalls, er hat keine Lust mehr. Darüber wollen wir jetzt mit der CSU-Europaabgeordneten Monika Hohlmeier sprechen. Guten Morgen!
    Monika Hohlmeier: Guten Morgen!
    Müller: Frau Hohlmeier, sind Sie jetzt froh, dass der Gauweiler-Spuk vorbei ist?
    Hohlmeier: So darf man mich schon gleich gar nicht fragen, weil ich, offen gestanden, mit Peter Gauweiler befreundet bin und diese Freundschaft bis zum heutigen Tage anhält. Ob der Peter und ich immer derselben Auffassung gewesen sind und ob wir zu hundert Prozent immer dieselbe politische Auffassung hatten - die CSU ist eine Volkspartei und da gibt es dann auch eine relativ große Bandbreite innerhalb dieser Volkspartei. Das heißt, man hat sich deshalb nicht gegenseitig dick, nur weil ein anderer eine bisschen pointiertere Meinung formuliert, als man vielleicht selbst das tut. Das nächste Mal habe ich dann wieder eine pointiertere Meinung. Für mich ist Peter Gauweiler ein politisches Schwergewicht. Er wird es bleiben, ob er Bundestagsabgeordneter ist oder unser stellvertretender Parteivorsitzender. Daran ändert sich nichts und das ändert auch nichts an der politischen Potenz dieses Mannes.
    "Da hatte der Peter zum Teil einen anderen Ansatz als ich"
    Müller: Das heißt, Ihnen geht ein Freund verloren, aber innerparteilich gesehen auch durchaus ein politischer Widersacher?
    Hohlmeier: In Bezug auf Europapolitik haben wir uns immer wieder intensiv auseinandergesetzt, weil er da zeitweilig einfach auch andere Schwerpunkte gesetzt hat. Aber das war übrigens in der CSU schon immer so. Als von Habsburg noch im Europaparlament war und gleichzeitig in München der Parteitag getagt hat und es um den Euro ging, da gab es eine ganze Bandbreite von Meinungen großer Art. In einem waren wir uns damals übrigens als CSU einig: Dass es besser gewesen wäre, Griechenland würde nicht beitreten. Damals hat man nicht auf die CSU gehört. Vielleicht wäre es besser gewesen, damals auf die CSU zu hören. Jetzt wie man das Problem löst, das ist nicht ganz so einfach. Es ist ein sehr kompliziertes Problem und da hatte der Peter zum Teil einen anderen Ansatz, als ich ihn wählen konnte, weil in der Gesamtsicht der Dinge letztendlich die Kanzlerin aus meiner Sicht den richtigen Weg gegangen ist.
    Müller: Das hat ja Peter Gauweiler damals auch gesagt, die Griechen sollen nicht beitreten. Dann haben sich andere politisch Verantwortliche durchgesetzt, SPD-geführte Regierungen. Jetzt hat er gesagt, jetzt müssen die Griechen irgendwann raus. Sollte man nicht endlich auf Peter Gauweiler hören?
    Hohlmeier: Der Punkt ist: Wirtschaftspolitisch gibt es keinerlei Dissens. Man ist sich gemeinsam einig, dass es nicht sein kann, dass ununterbrochen reingezahlt wird, und letztendlich wir bezahlen ja derzeit sozusagen unsere Zinsen und unsere Tilgung.
    Müller: Aber genau das wird ja getan.
    Hohlmeier: Aber was wir nicht beabsichtigen zu tun - und da gibt es jetzt eine hundertprozentige Einigkeit - ist der Punkt, dass man in ein Griechenland hineinzahlt, das nicht einmal in der Lage ist, einen geordneten Staatsablauf, ein geordnetes Einsammeln von Steuern, nicht einmal in der Lage ist, ein geordnetes Gesundheitswesen. Die Menschen leiden ja unsäglich. Der Zwang, Griechenland zur Ordnung zu bringen, ist doch einer, der sagt, es muss endlich ein Ende damit haben, dass die Menschen dafür leiden, dass die politische Klasse von links beziehungsweise in dem Fall von rechts bis ganz links außen komplett versagt.
    Rücktritt "mutig und konsequent"
    Müller: Frau Hohlmeier, jetzt sind wir ein bisschen inhaltlich abgedriftet, war meine Schuld. Pardon! Wir wollten ja über die CSU reden, über die Konsequenzen. Jetzt geht so einer wie Peter Gauweiler ja auch eine Gallionsfigur. Die einen haben gesagt, er ist ein politischer Hallodri, wie auch immer; andere haben gesagt, Quertreiber; und wiederum andere haben gesagt, nein, ein ganz wichtiger Querdenker, der auch eine wichtige Funktion in dieser Partei hatte, nämlich viele, viele Wähler da auch zu integrieren. Wie will die CSU ohne ihn genau diese Wählerschaft einbinden?
    Hohlmeier: Ohne ihn wird es ja nicht sein, aber es wird so sein, dass Peter Gauweiler seine Ämter aufgegeben hat, sowohl im Bundestag als auch im Parteivorstand. Ich glaube aber nicht, dass der Peter Gauweiler einer ist, der völlig ruhig ist, sondern er wird immer seine politische Meinung formulieren, und da hat es in zwei Punkten eben einen Dissens gegeben. Das ist der eine Punkt. Der andere Punkt liegt sicherlich in dem Bereich des Themas Russland, wo die Parteispitze insgesamt eher eine differenziertere Meinung hat, als dies beim Peter aufgetreten ist. Und insofern: Es ist aus seiner Sicht mutig und konsequent zu sagen, ich gehe jetzt meinen eigenen Weg, deshalb möchte ich letztendlich hier nicht weitermachen und auch keine Diskussionen innerhalb dieser CSU, die er sehr, sehr liebt und die er nach wie vor unterstützen wird und mögen wird. Ich möchte aber trotzdem nicht die CSU einer quälenden Personaldiskussion vielleicht vor einem Parteitag, wo dann herumgezerrt wird, kann man den Gauweiler noch brauchen. Da ist ja Politik auch unbarmherzig. Der Mann hat ja auch sehr viele Dinge in seiner politischen Geschichte, die wir ihm danken und in denen er unglaublich stark war. Und nur deswegen, weil jetzt vielleicht eine Diskussion darum losgeht, ob er Stellvertretender in der Partei bleibt oder nicht bleibt, muss ich ganz offen sagen, da verstehe ich, wenn er sagt, die Diskussion tue ich mir nicht an, ich bin zu lange in der CSU, das muss nicht sein. Da habe ich Respekt vor ihm!
    Müller: Aber Sie sind sich sicher, Frau Hohlmeier, dass der liebe Peter, um mit Ihren Worten vielleicht hier zu fragen, in der CSU bleibt, dass er nicht jetzt plötzlich zur AfD abwandert oder so?
    "Nicht die Befürchtung, dass er zur AfD abwandert"
    Hohlmeier: Ich habe nicht die Befürchtung, dass er zur AfD abwandert. Da würde ich mich in der Person Peter Gauweiler sehr, sehr täuschen. Denn er ist ein großer Freund und ein Anhänger meines Vaters Franz-Josef Strauß und er wird die CSU sicher immer mit kritischen Worten und auch mit Blicken betrachten und er wird uns vielleicht auch immer wieder mal den einen oder anderen Satz hören lassen, in dem er Geradlinigkeit und Klarheit der Politik der CSU einfordert, und das ist in Ordnung.
    Müller: Sie sagen, auf jeden Fall ist es ein großer Verlust, er bleibt erhalten, aber er hat natürlich nicht mehr diese Funktion, vielleicht dann auch nicht mehr unmittelbar diese politische Mitverantwortung und Aufmerksamkeit. Anders gefragt mit Blick auf die Führungsspitze in der CSU: Wie groß ist die Verantwortung von Horst Seehofer, dass Peter Gauweiler jetzt gegangen ist?
    Hohlmeier: Das ist sicherlich immer ein Geschehen, das aus vielerlei Faktoren besteht. Der Peter Gauweiler ist sehr lange in der Politik. Er ist jemand, der jetzt natürlich auch in seinem Alter überlegen kann, will ich mir den ganzen Terminstress, Termindruck auf Dauer antun, will ich das nicht antun. Der Peter Gauweiler ist auch jemand, der gern selbständig und selbstbewusst entscheidet, das heißt sich nicht drängen, sich nicht schieben, sich nicht herumdiskutieren lässt, nicht an sich herumnörgeln lässt.
    Müller: Und das hat der Parteichef getan? Hat das Horst Seehofer getan?
    Hohlmeier: Ich weiß nicht, ob das der Horst Seehofer allein gewesen ist. Aber er ist sicherlich einer gewesen, der gemerkt hat, in der Partei gibt es ein gewisses Grummeln in Bezug. Aber es gibt auch welche: Ich habe neulich eine Veranstaltung mit ihm gehabt in meiner Heimat Bad Staffelstein. Da haben wir eine großartige Veranstaltung miteinander gehabt und er hat eine großartige Grundsatzrede gehalten zu den Grundwerten der CSU und ihres politischen Aufwachsens und das, was er für notwendig hält.
    Müller: Entschuldigung! Mit wem? Mit Seehofer?
    Hohlmeier: Mit Peter Gauweiler.
    Müller: Mit Gauweiler.
    Hohlmeier: Insofern glaube ich, dass da eine Wertschätzung auch bleiben wird. Was letztendlich der Grund war - ich habe mit ihm bis jetzt noch nicht darüber sprechen können. Ich werde sicherlich an Ostern ihn anrufen und mit ihm darüber reden. Mein Respekt bleibt für ihn. Und dieses jetzt genau abmessen, wer hat welchen Zentimeter verursacht - der Horst Seehofer ist Ministerpräsident, er sagt klar, wir stehen zur Politik der Kanzlerin. Es ist eine sehr schwierige Zeit in diesen Fragen und das hat es schon öfter gegeben, dass auch jemand mal ein harsches Wort gesagt hat. Das ist meinem Vater übrigens auch mal passiert, dass er mal ein harsches Wort gegen jemanden verloren hat.
    "Seehofer ist ein starker Ministerpräsident"
    Müller: Wir erinnern uns. Noch eine Frage, Frau Hohlmeier. Wir müssen ein bisschen auf die Zeit achten. Würde Horst Seehofer Sie glücklich machen können, wenn er ein bisschen früher abtritt, als er im Moment vorhat?
    Hohlmeier: Erstens: Die CSU hat Horst Seehofer zu verdanken, dass sie überhaupt wieder in einer so starken Position ist. Zweitens habe ich immer festgestellt, dass es die Öffentlichkeit nicht goutiert, wenn gute Politiker, die an der Spitze stehen, nur deswegen, weil gerade der Zeitgeist in eine andere Richtung geht, dann plötzlich öffentlich angenörgelt werden, jetzt muss er früher gehen oder jetzt sollte er weg. Ich habe festgestellt, dass es der CSU guttut, wenn sie solche Dinge geordnet macht und nicht mit einem sozusagen von außen angestoßenen Prozess, wo sie sich selbst dann nicht einig ist, die einen sind dafür, die anderen sind dagegen. Horst Seehofer ist ein starker Ministerpräsident und er macht seine Stellung klar und ich fordere ihn auch nicht zu irgendetwas auf. Ich muss ganz offen sagen, er ist ein guter Ministerpräsident. Ich sehe nicht ein, warum man jetzt darüber eine Debatte führen muss.
    Müller: Es wäre ja nicht von außen, es wäre ja von innen. Sie sind ja prominent in der CSU.
    Hohlmeier: Das schon, aber Sie fragen und ich soll jetzt auf Ihren Druck hin antworten.
    Müller: Nein, war nur eine Frage. Ich habe gar nicht mehr nachgefragt, wollte nur noch mal relativieren.
    Hohlmeier: Das ist nur humorvoll. In der CSU gibt es immer Diskussionen, wenn jemand ankündigt. Das ist genauso wie in einer anderen Partei, so wie das beim Erwin Teufel der Fall war. Wenn jemand ankündigt, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt gehen wird, löst das Diskussionen aus. Das ist klar, das ist bei Horst Seehofer auch der Fall. Aber die Leute erwarten schlicht und einfach, dass wir jetzt was arbeiten, dass wir was tun und nicht dauernd über unser Personal reden. Die Leute haben uns deswegen gewählt, dass wir was tun, und deshalb habe ich eher immer die Neigung, dass man Personaldiskussionen, wenn man sie führen muss, zum richtigen Zeitpunkt führt und dann kurz.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.