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Nach Intervention im Irak
US-Debatte über Ausmaß und Ziele

Nach den US-Luftangriffen gegen sunnitische Dschihadisten im Nordirak ist in Washington die Debatte darüber entbrannt, wie es nun weitergehen soll. Keine Bodentruppen - das ist weitgehend Konsens. Doch zugleich bezichtigen die Republikaner den Präsidenten der Halbherzigkeit.

Von Marcus Pindur, Büro Washington | 09.08.2014
    US-Präsident Barack Obama hält am 7. August 2014 im Weißen Haus in Washington eine Pressekonferenz, in der er sein Okay für Luftschläge gegen Islamisten im Irak verkündet.
    Beistand von oben? US-Präsident Barack Obama wird in der Irak-Politik von den politischen Gegnern Halbherzigkeit vorgeworfen. (AFP / Saul LOEB)
    Vizepräsident Biden habe mit dem irakischen Präsidenten Fuad Masum telefoniert und ihn der Unterstützung der USA versichert, hieß es in einem Statement des Weißen Hauses. Wie weit diese Unterstützung gehen soll, und welche Rolle die USA dabei spielen sollen, ist allerdings umstritten. In Washington fürchtet man den sogenannten "Mission Creep" - das heißt, dass ein ursprünglich als kurze Intervention gedachter Einsatz sich mehr und mehr ausweitet und eine Eigendynamik entwickelt.
    Obama selbst hatte erklärt, die USA könnten nicht die Probleme des Iraks lösen – und Bodentruppen seien ausgeschlossen: "Als Oberkommandierender werde ich es nicht zulassen, dass die USA in einen weiteren Krieg im Irak gezogen werden. Wir unterstützen die Iraker im Kampf gegen diese Terroristen, aber amerikanische Bodentruppen werden nicht in den Irak zurückkehren." Das ist weitgehend Konsens in Washington. Und dennoch bleiben Fragen nach Ausmaß, Ziel und Strategie des Einsatzes.
    Führende Republikaner reagierten zurückhaltend. Der republikanische Senator John McCain sprach von einem halbherzigen Vorgehen und forderte weitaus entschlossenere Schritte. Je länger man zögere, desto größer werde die Bedrohung durch ISIS. Auch die demokratische Senatorin Dianne Feinstein äußerte Zweifel, ob vereinzelte Luftangriffe die Terrormiliz dauerhaft abschrecken könnten.
    Ruf nach Hilfen für Kurden-Kämpfer
    Die meisten Militärexperten glauben nicht, dass es bei einem kurzen, punktuellen Einsatz bleiben kann, so zum Beispiel der ehemalige Luftwaffenoffizier Cedrick Leighton: "Luftangriffe können sehr effektiv sein. Sie sind in jeder militärischen Strategie unabdingbar. Aber sie müssen gekoppelt sein an alle anderen militärischen und diplomatischen Elemente. Und das sehe ich derzeit nicht."
    Schnelle Unterstützung der irakischen Armee und besonders der kurdischen Peschmerga-Miliz sei unabdingbar. Das ist der Tenor vieler Stimmen in Washington. Der ehemalige Staatssekretär im Außenministerium, Mark Kimmitt: "Mein Gefühl sagt mir, dieser Einsatz ist ein Anfang, aber es ist gewiss nicht das Ende. Die Strategie der Obama-Administration, erst eine funktionierende Regierung in Bagdad zu haben und dann über militärische Hilfe zu entscheiden, ist jedenfalls auf den Kopf gestellt worden. Das ist der Beginn einer längeren Intervention, in deren Rahmen die USA Hilfe für die irakische Regierung und die Kurden leisten muss."
    Obama macht Urlaub
    Unterdessen kündigte die Regierung an, sie werde den Kongress in Kürze formal informieren. Die sogenannte War Powers Resolution aus dem Jahr 1973 legt fest, dass der Präsident das Parlament innerhalb von 48 Stunden formal über ein militärisches Vorgehen in Kenntnis setzen muss. Spätestens nach 60 Tagen muss der Kongress dem Einsatz zustimmen. Bislang hat kein amerikanischer Präsident die War Powers Resolution anerkannt.
    Das Weiße Haus teilte unterdessen mit, dass Obama trotz der Luftangriffe wie geplant heute seinen Sommerurlaub auf der Insel Martha's Vineyard antreten werde. Der Präsident werde auch an seinem Urlaubsort mit seinen Beratern konferieren und Entscheidungen treffen können, versicherte sein Sprecher Josh Earnest.