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Nach Mays Grundsatzrede
Kabinettausschuss tagt zum Brexit

Es soll ein harter Brexit werden - so hat es Premierministerin Theresa Mays gestern in ihrer Grundsatzrede gesagt. Ihre Ankündigungen sorgen dennoch für Erleichterung. Allein schon, weil es mehr Klarheit gibt darüber, was Großbritannien will. In Berlin tagte heute zum ersten Mal der Kabinettsausschuss, der sich mit dem Brexit beschäftigt.

Von Stefan Maas | 18.01.2017
    Die britische Premierministerin Theresa May auf einer Pressekonferenz, auf der sie ihre Pläne für den EU-Austritt Großbritanniens erklärt.
    Die britische Premierministerin Theresa May hat ihre Pläne zum EU-Austritt vorgestellt. Verhandelt wird aber erst, wenn die Briten den Austritts-Antrag nach Artikel 50 der EU Verträge gestellt haben. Ende März soll das der Fall sein. (dpa-Bildfunk / AP / Kirsty Wigglesworth)
    Auch die Kanzlerin blieb am Mittag in Berlin relativ vage als sie nach einem Treffen mit Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni zum Thema Brexit gefragt wurde. Durch die Rede der britischen Premierministerin gebe es nun eine etwas klarere Vorstellung, aber die Verhandlungen begännen erst, wenn die Briten den Antrag zum Austritt Ende März offiziell stellten.
    "Wir haben uns fest vorgenommen, uns hier sehr eng abzustimmen, und natürlich werden wir das auch mit unseren jeweiligen Wirtschaftsbranchen tun. Das A und O ist, dass sich Europa nicht auseinander dividieren lässt, und das werden wir durch sehr intensive Kontakte auch sicherstellen."
    Mehr wollte auch die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer nicht sagen.
    "Alle Frage, sowohl die Austrittsmodalitäten als auch die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU können erst nach der Mitteilung Großbritanniens nach Artikel 50 verhandelt werden. Und das gilt auch für die Identifizierung der eigenen Interessen. Auch da werden wir uns erst äußern, wenn der Artikel 50 mitgeteilt worden ist."
    Kanzlerin persönlich leitet Kabinettssitzung zum Brexit
    Am Vormittag hatte der Brexit-Ausschuss der Bundesregierung nach der Kabinettssitzung zum ersten Mal zusammengesessen. Geleitet von der Bundeskanzlerin. Ihr Vertreter ist Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, federführend ist noch-Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble, Verkehrsminister Alexander Dobrindt und Kanzleramtschef Peter Altmaier gehören der Runde an, die sich mit den Vorbereitungen der Austrittsverhandlungen Großbritanniens aus der Europäischen Union befasst.
    Inhaltlich habe das Gremium aber noch nichts besprochen, sagte die stellvertretende Regierungssprecher nach dem Treffen:
    "Natürlich war da heute Thema die Vorbereitungen auf die Austrittsverhandlungen, aber es ging hauptsächlich um Verfahrens- und Organisationsfragen. Wann es einen nächsten Kabinettsausschuss zu diesem Thema gibt, werden wir Ihnen dann verkünden, da gibt es noch keinen konkreten Termin."
    Christine Lambrecht, die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion sagte am Morgen in Berlin, die Verhandlungen würden zwar letztlich zwischen Brüssel und London geführt,
    "aber selbstverständlich muss auch darauf geschaut werden, welche Anforderungen haben denn auch wir als Bundesrepublik an solche Verhandlungen."
    Forderung nach stärkerem Zusammenhalt
    Die Grünen-Politiker Frithjof Schmidt und Manuel Sarrazin verlangten, die Bundesregierung müsse verständlich machen, dass es auch für sie absolute Priorität habe, die restlichen 27 EU-Mitglieder in den Verhandlungen zusammenzuhalten.
    "Natürlich gilt es diese demokratische Entscheidung zu respektieren, aber ich glaube nach wie vor, dass es ein schwerer Fehler war", sagte der deutsche CDU-Europa-Abgeordnete David McAllister im Deutschlandfunk.
    "Aus Sicht von Frau May ist ihre Positionierung jetzt auch konsequent, denn wenn man Nein sagt zum Binnenmarkt mit allen vier Freizügigkeiten, inklusive der Arbeitnehmerfreizügigkeit, und das ist ein ganz wichtiger Wert für uns in der EU, dann muss man eben konsequenter Weise auch den Binnenmarkt verlassen."
    Gunther Krichbaum, der Vorsitzende des Europa-Ausschusses des Bundestages sagte der Neuen Passauer Presse, seiner Einschätzung nach befinde sich Großbritannien auf einem wirtschaftlichen Harakiri-Kurs, der aber könne auch für die deutsche Wirtschaft schmerzlich werden, denn etwa für die deutschen Auto- und Maschinenbauer sei Großbritannien ein wichtiger Markt.