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Nach Orbáns Wahlsieg
Geteilte Reaktionen in Brüssel

Der Wahlsieg des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán ist in Brüssel wie erwartet auf ein geteiltes Echo gestoßen. Während EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Orbán die Achtung europäischer Werte anmahnte, gab es viel Beifall von Rechtspopulisten.

Von Thomas Otto | 09.04.2018
    Der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am 23.2.2018 in Brüssel-
    EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ermahnt Orbán zur Achtung europäischer Werte (imago stock&people)
    Großer Jubel über den Wahlsieg Viktor Orbáns war in Brüssel nicht zu vernehmen. Kommissionspräsident Juncker werde Orbán heute noch einen Brief schreiben und ihm zum Wahlsieg gratulieren, hieß es von Kommissionssprecher Margaritis Schinas. Nicht ohne Orbán zur Achtung europäischer Werte zu ermahnen:
    "Die Ungarn haben gestern gewählt und die EU ist eine Union der Demokratie und der Werte. Präsident Juncker und die Kommission sind der Meinung, dass es die gemeinsame Pflicht ausnahmslos aller Mitgliedsstaaten ist, diese Prinzipien und Werte zu verteidigen."
    Für morgen sei ein Telefonat der beiden angesetzt, so Sprecher Schinas.
    Zurückhaltung auch bei Merkel
    Ähnlich zurückhaltend die Reaktion in Berlin. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte:
    "Wie es üblich ist nach Wahlen in Europa hat die Bundeskanzlerin dem Wahlsieger, Ministerpräsident Orbán, schriftlich zu seinem Erfolg bei den ungarischen Parlamentswahlen gratuliert. Sie hat daran erinnert, dass unsere beiden Länder durch eine lange, fruchtbare gemeinsame Geschichte und Partnerschaft eng verbunden sind und dass Ungarn sich auf Deutschland als zuverlässigen Partner verlassen kann, um die europäische, wie die bilaterale Agenda voranzubringen."
    Allerdings, betonte Seibert, es gebe aber auch Kontroversen in der Zusammenarbeit, zum Beispiel beim Thema Migration.
    Deutlicher äußerte sich da Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer: Er freue sich über den Wahlsieg. Seine Partei werde weiter die Partnerschaft mit Orbán pflegen. Zum Beispiel auf europäischer Ebene, wo Orbáns Fidesz-Partei der gleichen Parteienfamilie angehört wie CDU und CSU. Niemand stelle infrage, dass in Ungarn demokratische Verhältnisse herrschten, so der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber im Deutschlandfunk:
    "Diese Pauschalkritik kann ich so nicht ganz nachvollziehen."
    Ferber bezog sich damit auch auf die Kritik, Orbán höhle die Gewaltenteilung aus, feiere die sogenannte illiberale Demokratie, gängele die Medien und schwäche die Justiz. Zumindest die Kritik an Orbáns teilweise antisemitischem Wahlkampf werde auch in der Fraktion diskutiert:
    "Man redet sehr offen in einer Fraktion miteinander und sagt auch: 'Liebe Freunde, das sind Punkte, wo ihr wirklich aufpassen müsst. Ihr bewegt auch da außerhalb auch der Wertegemeinschaft der EU. Ihr bewegt euch außerhalb der Wertegemeinschaft der gemeinsamen Fraktion.'"
    Beifall von Rechtspopulisten
    Deutlichen Beifall erhält Orbán von den Rechtspopulisten in der EU, die ihn wegen seiner harten Haltung gegenüber Flüchtlingen und seiner Kritik an der EU als Vorbild sehen: "Ein schlechter Tag für die EU, ein guter für Europa", twitterte die AfD-Politikerin Beatrix von Storch. Auch die Vorsitzende der französischen Front National, Marine Le Pen, und der niederländische Islamgegner Geert Wilders begrüßten Orbáns Wahlerfolg. Polens rechtskonservativer Regierungschef Mateusz Morawiecki wünschte Orbán über Twitter "Erfolg für Ungarn und für Europa".
    Kritik kommt unter anderem von SPD und Grünen im EU-Parlament: Von der SPD hieß es, mit Orbán an der Spitze bleibe Ungarn in dieser für die Europäische Union entscheidenden Phase ein schwieriger Partner. Die Grünen im EU-Parlament erinnerten daran, Orbáns Wahlsieg hänge auch damit zusammen, dass Oppositionsmedien ruhiggestellt und viele Schlüsselpositionen mit Orbán-Getreuen besetzt worden wären.