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Nach Pariser Terroranschlägen
Kinobesuche, Museumsgänge und Austauschprogramme abgesagt

Der Ausnahmezustand in Frankreich betrifft alle Bereiche des öffentlichen Lebens - auch die Schulen. Vielen von ihnen haben Partnerschaften mit Schulen in Deutschland. Über die Grenzen hinweg reichen die Freundschaften - auch wenn geplante Klassenfahrten jetzt auf der Kippe stehen.

Von Nicole Albers | 18.11.2015
    Kinder sitzen in einem Klassenraum und hören der Lehrerin zu.
    In dem Communiqué vom Montag wird erklärt, dass für die französischen Schulen der Ausnahmezustand gilt. Der reguläre Unterricht findet zwar statt, aber Kinobesuche, Museumsgänge und auch Austauschprogramme sind zunächst abgesagt. (dpa/ picture-alliance/ Caroline Seidel)
    "Nous sommes tristes ..." Gina-Marie Dress liest einen Brief vor - gerichtet ist er an die Schüler des College Saint-Joseph in Lille, 200 Kilometer entfernt von Paris. In dem Schreiben bringt Gina ihr Mitgefühl zum Ausdruck, und dass sie in Gedanken bei ihren Freunden ist.
    Eigentlich wollte sie diese Botschaft ganz persönlich übermitteln. So wie 24 weitere Schüler des Gymnasiums in Münster-Wolbeck. Denn eigentlich war ab heute ein mehrtägiger Besuch in Lille geplant. Der aber wurde kurzfristig abgesagt. Eine Entscheidung, die die Attentate von Paris für viele greifbar nah erscheinen ließen, wie etwa für Laurids Paeth.
    "Ich fands irgendwie krass, ich dachte, ja tatsächlich hängt das so zusammen mit den Attentaten, dass dann so was passiert. Ich fand das schon schlimm, aber ich fühlte mich nicht so betroffen und da hab ich dann erst gemerkt, was für ein großes Ding das ist."
    Entsprechend standen die Schulen in Wolbeck und Lille seit dem Wochenende in regem Austausch darüber, was zu tun und zu lassen ist. Letztlich aber, meint Schulleiterin Edith Verweyen-Hackmann, hatte sie dann aber keinen Einfluss auf die Entscheidung.
    "Das ist eine Anordnung des französischen Bildungs- und Schulministeriums und auf dieser Basis mussten unsere französischen Kollegen die Fahrt absagen."
    Überraschende Entscheidung
    In dem Communiqué vom Montag wird erklärt, dass für die französischen Schulen der Ausnahmezustand gilt. Der reguläre Unterricht findet zwar statt, aber alles darüber hinausgehende, wie etwa Kinobesuche, Museumsgänge und auch Austauschprogramme sind zunächst bis Sonntag, voraussichtlich aber auch noch länger abgesagt. Neben Münster-Wolbeck betrifft das noch viele weitere Schulen in Deutschland, wie etwa im Ruhrgebiet, Rheinland und in Bayern - denn deutsch-französische Partnerschaften sind weit verbreitet.
    Schulleiterin Verweyen-Hackmann toleriert diese Maßnahmen der französischen Regierung, dennoch: eigentlich hätte sie anders entschieden.
    "Wir haben ja zunächst die Entscheidung getroffen, aus Gründen der Solidarität hinzufahren und den Austausch ganz normal, was man noch normal nennen kann unter diesen Bedingungen, durchzuführen. Das war uns auch ganz wichtig, den Schülern und Kollegen wichtig. Also, dieses Zeichen zu setzen, wir sind bei euch und wir unterstützen euch, wo wir können."
    Nachbarn in schwieriger Situation kennenlernen
    Das sieht auch Lehrerin Michaela Schumann so, sie organisiert den Austausch, hatte sich seit Wochen darauf gefreut und wurde von der Entscheidung dann völlig überrumpelt.
    "Ich habe eigentlich nicht damit gerechnet, dass uns das so trifft. Es war in der Schwebe noch das ganze Wochenende und so lange habe ich gehofft, dass wir die Fahrt machen können und dass wir vor Ort da sein können in so einer schrecklichen Situation.
    Tatsächlich wurde das auch von den meisten Schülern und Eltern so gesehen. Nur bei einem Schüler war noch ungewiss, ob die Eltern ihn mitreisen lassen, erzählt die Schulleiterin. Aber eine Neubesetzung wäre wohl schnell gefunden worden.
    "Es gab auch sofort Schüler, die ersatzweise mitfahren wollten, das heißt, die Motivation war enorm groß. Und das, obwohl vermutlich das Freizeitprogramm beim Austausch deutlich eingeschränkter ausgesehen hätte, als eigentlich geplant.
    "Die Situation wäre sicherlich nicht so günstig gewesen, vom Gesamtprogramm, das die Schulen vorbereitet hat, davon wäre nicht sehr viel zu realisieren gewesen, nichtsdestotrotz war das für uns kein Grund, die Fahrt abzusagen, weil das auch dazugehört, um den Nachbarn in dieser schwierigen Situation kennenzulernen."
    So traurig die Entwicklung für alle Beteiligten in Münster-Wolbeck und Lille zunächst ist, der Austausch, da sind sich alle sicher, wird auf jeden Fall demnächst nachgeholt.