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Nach Poststreik
"Versender muss für rechtzeitige Zustellung sorgen"

Fristen für Rechnungen und Verträge gelten ab dem Tag der Zustellung, sagte Ivona Husemann von der Verbraucherzentrale Düsseldorf im DLF. Wer also nach dem Ende des Poststreiks Rechnungen oder Verträge zugestellt bekomme, habe 14 Tage Zeit, diese zu begleichen oder zu widerrufen.

Ivona Husemann im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 08.07.2015
    Ein Postsack
    Was tun, wenn liegen gebliebene Post endlich eintrifft? (dpa/picture-alliance/Fredrik Von Erichsen)
    Susanne Kuhlmann: Wer Pech hatte, schaute in den vergangenen Wochen Tag für Tag in einen gähnend leeren Briefkasten, ohne termingebundene Vertragsunterlagen, Konzerttickets oder neue TAN-Listen. Anderswo stapelten sich die Sendungen allerdings. Die Post hatte Lagerhallen und Zelte angemietet, die nun allmählich geleert werden. Iwona Husemann ist Juristin bei der Verbraucherzentrale Düsseldorf und befasst sich mit den Auswirkungen des Poststreiks. Guten Tag, Frau Husemann.
    Iwona Husemann: Guten Tag.
    Kuhlmann: Haben die Lagerstätten den Unwettern standgehalten und die Sendungen der Sommerhitze, oder müssen Postkunden damit rechnen, nur noch Müll zugestellt zu bekommen?
    Husemann: Ich will doch hoffen, dass die meisten Sendungen unbeschadet beim Empfänger ankommen werden. Tatsächlich ist aber natürlich die Frage, wenn ich verderbliche Ware bestellt habe - das geht ja durchaus, Lebensmittel inzwischen per Paketpost zu bestellen - und die lag jetzt zwei, drei Wochen, dann ist es natürlich schwierig.
    Der Joghurt wird sicherlich nicht mehr so sein, dass ich ihn noch essen möchte. Aber da ist es auch so, dass Verbraucher da durchaus Rechte haben und nicht schutzlos dastehen.
    Kuhlmann: Was ist denn dann zu tun?
    Husemann: Da ist es dann so: Wenn in dem Fall das Paket mit den verdorbenen Lebensmitteln geliefert wird, dann kann ich das zwar nicht widerrufen. Das kann ich ja sonst im Versandhandel ganz oft. Da gibt es aber ganz explizit eine Ausnahme. Aber da ist es natürlich so, dass ein Vertrag ordnungsgemäß erfüllt werden muss.
    Das heißt, ich als Verbraucher habe auch ein Anrecht darauf, dass die Ware in einem ordnungsgemäßen Zustand bei mir ankommt. Wenn sie das nicht tut, dann kann ich den Kaufpreis mindern, bei einem völlig verdorbenen Joghurt sicherlich auch bis auf null.
    Kuhlmann: Was ist denn überhaupt zu tun, wenn jemand termingebundene Post erwartet, Verträge, Kündigungen, Reisebuchungen, und das kommt jetzt zu spät?
    Husemann: Da ist es so, dass grundsätzlich der Versender dafür sorgen muss, dass die Post rechtzeitig ankommt. Das heißt, wenn ich ein Schriftstück, eine Kündigung zum Beispiel für einen Mobilfunkvertrag als Verbraucher versenden möchte, dann muss ich sicherstellen, dass die rechtzeitig eingeht.
    Tut sie das nicht, dann habe ich die Frist nicht gewahrt und mein Mobilfunkvertrag verlängert sich, so wie es in den AGB steht, in der Regel um ein Jahr.
    "Für die Fristeinhaltung ist man selbst zuständig"
    Kuhlmann: Ist denn dann dieser Streik keine juristisch haltbare Begründung für Fristüberschreitungen. Wer das alles, ohne den Streik ahnen zu können, bestellt hat und dann in Verzug geriet, der kann ja nichts dafür, der konnte sich ja nicht anders verhalten.
    Husemann: Da müssen wir ein bisschen unterscheiden, ob man mit einer Zahlung im Verzug ist, oder ob man Fristen wahren muss. Für die Einhaltung von Fristen ist man selbst zuständig. Es gibt andere Versender, der Poststreik ist groß angekündigt worden, da hätte man sicherlich ausweichen können, oder sich auch mal erkundigen können einen Tag vorher, ist mein Schreiben denn eingegangen. Auch dann besteht ja über eine Expresssendung bei einem anderen Versandunternehmen noch die Möglichkeit, Fristen zu wahren.
    Anders ist das, wenn ich jetzt mit der liegen gebliebenen Post Rechnungen bekomme und da sind Zahlungsziele verstrichen, 14 Tage beispielsweise. Denn Fristen beginnen immer erst dann zu laufen, wenn sie dem Empfänger zugehen.
    Das heißt, wenn ich jetzt einen Brief bekomme - ich habe vier Wochen auch keine Post bekommen - und da steht drin, zahlbar binnen 14 Tagen, dann habe ich den Brief jetzt bekommen und die Frist beginnt für mich jetzt erst zu laufen.
    Kuhlmann: Wie ist das zu sehen, wenn man selber Bestellungen, die einem nicht gefallen haben, zurückschicken will?
    Husemann: Auch da ist für den Beginn der Widerrufsfrist der Zugang der Ware beim Empfänger maßgeblich. Das heißt, die Ware wird jetzt verspätet zugestellt, heute, morgen, übermorgen, und dann beginnt erst die 14-tägige Widerrufsfrist zu laufen.
    Kuhlmann: Es wird ja jetzt wohl noch dauern, bis der Stau an Briefen und anderen Sendungen abgearbeitet worden ist. Womöglich ist es keine gute Idee, jetzt Zeitgebundenes wieder mit der Post zu schicken?
    Nachfragen, ob Regellaufzeiten eingehalten werden
    Husemann: Wir raten dazu, sich zumindest zu erkundigen auf der lokalen Poststelle, ob die Regellaufzeiten denn schon wieder erreicht werden.
    Im Übrigen sollte man als Kunde auch sehr genau wissen, dass das keineswegs garantierte Zeiten sind. Das sind nur sogenannte Regellaufzeiten. Das heißt, die Post sagt, in der Regel schaffen wir es von einem auf den anderen Tag, wenn Sie es Mittags bringen. Wenn die das nicht schaffen, haben sie trotzdem einen Haftungsausschluss dran.
    Das heißt, die haften sowieso nicht dafür, wenn der Brief zu spät kommt. Deswegen auch im Moment nachfragen, ob die Regellaufzeiten denn schon eingehalten werden, im Zweifel lieber eine Versandart mit erhöhtem Beförderungsentgelt wählen, die aber schneller ist. Express ist ja zum Beispiel deutlich teurer, aber natürlich wird da eine Laufzeit garantiert.
    Kuhlmann: Der Poststreik ist zu Ende. Das damit verbundene Chaos hält aber noch ein bisschen an. Danke nach Düsseldorf an Iwona Husemann von der Verbraucherzentrale.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.