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Nach Trump-Tweet
Republikaner im US-Kongress rudern bei Ethik-Kommission zurück

Alles andere als reibungslos verlief der Start des 115. Kongresses in den USA. So müssen sich die Republikaner gleich zur ersten Sitzung des Respräsentantenhauses den Vorwurf gefallen lassen, sie wollten weiter ungestört im Washingtoner Sumpf baden - obwohl sie sich auf die Fahnen geschrieben hatten, diesen auszutrocknen.

Von Thilo Kößler | 04.01.2017
    Der Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan antwortet am 29. September 2016 während einer Pressekonferenz in Capitol Hill in Washington, DC, auf Fragen von Medienvertretern.
    Der Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan. (picture alliance / dpa / EPA/SHAWN THEW )
    Holpriger hätte der Start dieses 115. Kongresses kaum sein können. Und so musste der gerade wiedergewählte Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, schon sehr eindringlich an die gemeinsamen Interessen der Abgeordneten und an die Einheit des ganzen Hauses appellieren: Trotz allen Streits während des hitzigen Wahlkampfs und aller Differenzen in den letzten Wochen und Monaten – man sei doch vereint in der gemeinsamen Liebe zu diesem Land, beschwor er das Haus.
    Paul Ryan sah sich genötigt, ein Versprechen abzugeben – dies auch mit Blick auf die ersten innerparteilichen Differenzen, die nur Stunden zuvor aufgebrochen und mühsam wieder geglättet worden waren: Die Republikanische Partei, die nicht nur den 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika stellt, sondern auch die politische Verantwortung der doppelten Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses trägt und damit so stark und mächtig ist wie seit 20 Jahren nicht – die Republikanische Partei werde liefern, versprach er ihren Wählern.
    Republikaner wollten Ethik-Kommission abschaffen
    Dabei hatte es noch kurz zuvor kräftig im Parteien-Gebälk geknirscht: In einer Nachtsitzung hatten die Abgeordneten der Republikaner hinter verschlossenen Türen den Beschluss gefasst, die unabhängige Ethik-Kommission abzuschaffen, die im Jahr 2008 nach etlichen Korruptionsskandalen geschaffen worden war. Die Aufgabe, Vorwürfen der Bestechlichkeit nachzugehen, sollte künftig wieder ein Gremium des Repräsentantenhauses übernehmen: Die Kontrollierten sollten also wieder die Kontrolle übernehmen.
    Das Parteiestablishment in Person Paul Ryans und des republikanischen Mehrheitsführers Kevin McCarthy hatten sich in der nächtlichen Sitzung vergebens gegen das überraschende Votum der Abgeordneten gewehrt. Es musste erst Donald Trump über den Nachrichtendienst Twitter intervenieren, um den Bremsfallschirm zu aktivieren: bei all dem, was der Kongress zu tun hat – muss er denn wirklich die Schwächen des unabhängigen Ethik-Überwachungsgremiums zu seiner ersten Tat machen, schrieb Trump.
    Trump-Tweet sorgte für Umdenken
    Und: Konzentriert Euch auf die Steuerreform, auf die Gesundheitsversorgung und andere Dinge von größerer Bedeutung. Da war der Schaden aber schon angerichtet. Ausgerechnet die Partei, die sich vorgenommen habe, den Sumpf in Washington auszutrocknen, stelle sich jetzt Freikarten aus, um im Sumpf zu baden, meinte etwa der demokratische Abgeordnete Steve Israel.
    Was folgte, war eine Sondersitzung und eine erste lange politische Bremsspur in den Fraktionsräumen der Republikanischen Partei: Unter dem Druck der 140 Buchstaben aus dem Twitter-account Donald Trumps wurde der nächtliche Beschluss zur Abschaffung der Ethik-Kommission einkassiert.
    Nun soll es dennoch ans Eingemachte gehen. Das Erbe Barack Obamas soll so schnell wie möglich getilgt werden. Im Falle von Obamacare, der Gesundheitsreform des scheidenden Präsidenten, wird das allerdings nicht so einfach werden: Die Resolution zur Abschaffung des Affordable Care Acts steht zwar – aber bis es soweit ist, kann es Monate dauern. Und bis konkrete Alternativen im republikanischen Angebot sind, sogar Jahre.
    Für die Demokraten heißt das: Retten, was zu retten ist. Am Mittwoch will Barack Obama bei einem seiner seltenen Besuche im Kongress versuchen, zusammen mit demokratischen Abgeordneten und Senatoren Brandmauern zum Schutz seiner Gesundheitsreform zu errichten.