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Nach Trumps Jerusalem-Entscheidung
Unruhen in Gaza und Westjordanland

Nach Donald Trumps Anerkennung von Jerusalem als Israels Hauptstadt haben Palästinenser ihrem Zorn darüber auf der Straße Luft gemacht. Es gab Verletzte. Hamas-Führer Ismael Hanija hatte zum Aufstand gegen Israel aufgerufen, Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas setzt dagegen auf Diplomatie.

Von Benjamin Hammer | 08.12.2017
    Palästinenser verbrennen am 7. Dezember 2017 israelische und US-amerikanische Flaggen im Gazastreifen
    Palästinenser verbrennen am 7. Dezember 2017 im Gazastreifen israelische und US-amerikanische Flaggen (imago stock&people)
    Die Abendnachrichten im israelischen Fernsehen. Die Moderatorin spricht mit einem Reporter in Jerusalem. "Yoni", sagt der Reporter. "Die Lage sieht so aus: Wir finden hier in Jerusalem eine sehr angespannte, relative Ruhe vor."
    Was der Reporter meint: Dafür, dass sich Trumps Entscheidungen auf eben jenes Jerusalem beziehen, ist es hier relativ ruhig. Aber das gilt nicht für das Westjordanland. Und auch nicht für den Gazastreifen.
    In Gaza-Stadt gingen die Menschen auf die Straße, nachdem die Anführer der Palästinenser sie dazu aufgerufen hatten. Sie verbrannten Flaggen der USA und Fotos von Donald Trump. An der Grenze zum Gazastreifen kam es zu Zusammenstößen mit israelischen Soldaten. Unruhen gab es auch in mehreren Städten des Westjordanlandes. Die israelische Armee setzte Tränengas und Gummigeschosse ein. Etwa 30 Palästinenser wurden verletzt.
    Das Wort Intifada löst beiderseits große Sorgen aus
    Der Anführer der islamistischen Hamas, Ismael Hanija, hatte zuvor besonders deutlich eine gewaltsame Reaktion der Palästinenser gefordert:
    "Jerusalem wird gerade entführt. Entrissen von seiner arabischen und muslimischen Prägung. Heute rufen wir zu einem Aufstand auf, zu einer Intifada gegen die zionistische Besatzung."
    Das Wort Intifada löst in der Region auf beiden Seiten große Sorgen aus. Im Jahr 2000 hatten die Palästinenser zur zweiten Intifada aufgerufen. Sie dauerte Jahre an, Tausende Israelis und Palästinenser starben. Am Freitagmittag dürfte die Anspannung groß sein: Dann kommen zehntausende Muslime zum Freitagsgebet nach Jerusalem. In der Vergangenheit war dies ein Moment, bei dem es zu Ausschreitungen kam. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hat bisher nicht zu einer neuen Intifada aufgerufen. Er setzt vor allem auf Diplomatie:
    "Wir sprechen gerade mit der ganzen Welt. Und glücklicherweise gibt es jene Stimmen, die der US-Position widersprechen. Europa. Asien. Der Papst. Die Haltung der Weltgemeinschaft ist sehr wichtig für uns. Das ist eine Nachricht für Donald Trump: dass er ein Verbrechen begangen hat und dass dies inakzeptabel ist."
    Pälastinenser appellieren an UN-Sicherheitsrat
    Die Palästinenser haben den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen aufgerufen, die Entscheidung der USA zu verurteilen. Die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels also, ohne eine vorherige Einigung zwischen Israel und den Palästinensern. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu wollte sich am Donnerstag die Laune von den Mahnungen vieler Länder nicht verderben lassen. Am Abend stellte er ein Video auf Facebook:
    "In der Geschichte des Zionismus gibt es große Augenblicke, wie zum Beispiel die Balfour-Erklärung, die Staatsgründung, die Befreiung Jerusalems und jetzt auch die Trump-Deklaration. Ich sagte ihm: 'Mein Freund, Herr Präsident, Sie sind im Begriff Geschichte zu schreiben.' Und gestern schrieb er Geschichte."
    Netanjahu, der innenpolitisch wegen möglicher Korruptionsaffären unter Druck steht, ist ein außenpolitischer Erfolg gelungen. Donald Trump hat sich eng an die Seite Israels gestellt. Bei israelischen Wählern dürfte das gut ankommen. Die meisten Israelis fordern, dass Israel ganz Jerusalem für sich beansprucht. Und damit auch den Ostteil der Stadt.