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Nachhaltig geschädigte Ackerflächen nehmen zu

Die internationale Kampagne "Rettet unsere Böden" will auf die Bedeutung aufmerksam machen, die das eher unscheinbare Element für unsere Existenz hat. Jede Minute geht laut Berechnungen die Oberfläche von 30 Fußballfeldern an fruchtbarer Erde weltweit verloren. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Von Susanne Arlt | 29.05.2013
    Böden sind ein kostbares Gut. Sie sind die Lebensgrundlage für Mensch, Tier und Pflanze. Sie bauen Schadstoffe ab, filtern Wasser, bilden die Basis für die Lebensmittelerzeugung. Doch im Gegensatz zum Klima- und Naturschutz fristet das Thema Bodenschutz in der Öffentlichkeit noch ein stiefmütterliches Dasein. Dabei sei Eile geboten, sagt Florian Schöne, Agrarexperte des Naturschutzbund Deutschland. Denn jede Minute gehe die Oberfläche von 30 Fußballfeldern an fruchtbarer Erde weltweit verloren. Diese Zahlen haben inzwischen auch Behördenvertreter in Brüssel aufgeschreckt, sagt Florian Schöne.

    "Der Agrarkommissar Ciolos in Brüssel hat kürzlich gesagt, die Hälfte der europäischen Ackerböden ist teilweise nachhaltig geschädigt und das macht schon deutlich, wenn der oberste Bauer in Brüssel schon eine solche Botschaft aussendet, dass wir ein Problem haben, das schleichend ist."

    Die Gründe für die nachhaltig geschädigten Ackerflächen sind vielfältig und von Region zu Region unterschiedlich. Die Hauptursache aber liege in der immer intensiveren Landnutzung, glaubt Schöne. Die Äcker werden überdüngt, um so viel Ertrag wie möglich aus ihnen herauszuholen. Zu viel Dünger aber kann großen Schaden anrichten. Vor allem in tropischen und subtropischen Ländern habe eine zu hohe Dosis synthetischen Stickstoffdüngers eine fatale Auswirkung. Zu diesem Ergebnis kam jetzt eine gemeinsame Studie der Heinrich-Böll-Stiftung und der Umweltorganisation World Wide Fund. Zuviel Stickstoffdünger führe zu einer Bodenversauerung, die letztendlich das Pflanzenwachstum hemmt. Gleichzeitig werde die Humusschicht abgebaut, also der natürliche Nährboden der Pflanzen. Und noch ein Problem gehe einher mit der intensiven Landnutzung, sagt Schöne. Immer weniger Bauern halten sich an die Fruchtfolge, auch in Deutschland.

    "Wir bauen auf zweieinhalb Millionen von zwölf Millionen Hektar Ackerland mittlerweile Mais an. Auf Dauer wird die Bodenfruchtbarkeit beeinträchtigt. Der Humusgehalt nimmt immer mehr ab, vor allem beim Biomasseanbau und zahlreiche Pflanzenbaukundler hissen mittlerweile die weiße Fahne und sagen, wir müssen aufpassen, dass wir unsere Humusgehälter, dass wir unsere Bodenfruchtbark und die Bodenstruktur nicht überstrapazieren."

    Der Deutsche Bauernverband unterstützt den Ansatz, die Fruchtfolge einzuhalten. Nur so könne man auf lange Sicht die Böden gesund und stabil halten, sagt Generalsekretär Helmut Born. Ein viel größeres Bodenproblem bereitet ihm jedoch der Flächenverlust, der durch Bebauung geschieht. Aufgrund zahlreicher Infrastrukturmaßnahmen gingen den deutschen Bauern dadurch täglich 80 Hektar verloren. Moniert Born. Den Humusgehalt sieht er dagegen nicht in Gefahr.

    "Wenn wir jedes Jahr auf den Böden gute Erträge erwirtschaften, mit sehr unterschiedlichen Wassermengen und klimatischen Bedingungen zurechtkommen und trotzdem passable Ernten einfahren, dann können die Böden nicht so schlecht sein, wie sie manchmal gemacht werden."

    Im Gegensatz zum konventionellen Anbau dürfen Biobauern keine chemischen, sondern nur mineralischen Dünger einsetzen, zum Beispiel Bio-Gülle. Die synthetische Stickstoffzugabe soll durch den Anbau von stickstofffixierenden Pflanzen wie Luzerne oder Kleegras kompensiert werden. Wie gut das gelingt, hängt allerdings auch von der Bodenbeschaffenheit ab, sagt Andreas Vogel. Der Landwirt aus Brandenburg war zehn Jahre lang Biobauer, vor zwei Jahren ist er ausgestiegen. Aufgrund der geringen Nährstoffzugabe habe er am Ende nur noch ein Drittel seines alten Ertrags eingefahren. Brandenburger Böden sind leichte Sandböden. Der Prozess der Verarmung gehe dort viel schneller vonstatten, sagt Vogel und fordert darum, die Richtlinien für den Ökolandbau zu lockern.

    "Ich würde in begrenzten Umfang beispielsweise Stickstoff zulassen. Und wenn es 50 Kilogramm pro Hektar sind, das würde die Situation auf alle Fälle verbessern."

    NABU-Agrarexperte Florian Schöne lehnt das strikt ab. Das Institut für Rurale Entwicklung der Göttinger Universität habe erst kürzlich bestätigt: Weltweit sei die Produktivität des Ökolandbaus nicht geringer als die des konventionellen Landbaus. Den Schritt des Landwirts Vogel hält er darum für konsequent. Wenn es die Bodenbeschaffenheit und die Anbaufertigkeiten nicht hergeben, sollte man auf den Biolandbau eben verzichten.