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Nachhaltigkeit an Universitäten
Kleine Schritte gegen große Verschwendung

Papier und Druckerpatronen, Strom und Wasser: An Hochschulen wird nicht nur gedacht und geforscht, sondern auch recht ungehemmt konsumiert. Um die Verschwendung einzuschränken, trafen sich nun Studierende aus mehreren Ländern an der Berliner Humboldt-Uni zum ersten europäischen Gipfeltreffen grüner Hochschulbüros.

Von Daniela Siebert | 17.10.2014
    Außenansicht eines Universitätsgebäudes bei Nacht mit hellerleuchteten Fenstern, im Vordergrund der Schriftzug "Universität".
    Wie wichtig ist studentische Mitbestimmung in den akademischen Gremien? Wie muss die Mensa organisiert werden? Solche Fragen diskutierten die jungen Akademiker leidenschaftlich. (dpa / Jens Wolf)

    Nachhaltigkeitsbüro!? Was ist das?, so die mürrische Frage der Dame in der Telefonzentrale der Humboldt-Universität, als ich gestern dorthin verbunden werden möchte. Dass sie etwas besonderes beherbergt, hat sich an der Berliner Hochschule noch nicht so recht rumgesprochen. Dabei hat das studentische Nachhaltigkeitsbüro schon einen ersten Erfolg vorzuweisen, obwohl es erst im Mai eingerichtet wurde, sagt Mitbegründer Georg Liebig, Student im Fach Naturressourcenmanagement an der HU. Zehn Mensen in Berlin übernahmen ein Experiment der Studierenden in die Praxis.
    "Obst ist ja ein Nachtisch, der relativ nachhaltig ist, wenn das Obst aus Brandenburg ist zum Beispiel im Gegensatz zu tierischen Produkten. Das ist in der Mensa aber sehr schlecht dargestellt, und wir haben Obstkörbe ganz an die Kassen gerückt und haben es besser beschildert, besser präsentiert und dadurch ist der Obstkonsum drastisch gestiegen."
    Seit gestern ist das HU-Nachhaltigkeitsbüro auch Gastgeber des ersten Treffens vergleichbarer Einrichtungen aus Europa. Vor allem aus den Niederlanden sind zahlreiche Teilnehmer gekommen, auch aus Großbritannien und Schweden. Insgesamt 45 Studierende von 16 Hochschulen. Gleich am Begrüßungsabend gestern ging es zur Sache.
    Wie bestimmen die Strukturen das Verhalten? Wie wichtig ist studentische Mitbestimmung in den akademischen Gremien? Wie muss die Mensa organisiert werden? Solche Fragen diskutieren die jungen Akademiker leidenschaftlich. Besondere Aufmerksamkeit bekommt dabei Mitorganisator Felix Spira. Er ist Mitbegründer des allerersten Green Office, das 2010 an der Universität Maastricht eröffnete - mit acht angestellten studentischen Mitarbeitern, finanziert von der Uni. Zum Auftakt hätten sie einen Nachhaltigkeitsbericht erstellt, um den Status Quo zu erfassen, dann Leitlinien für Ziele erarbeitet, die bis 2030 erreicht sein sollten sagt Spira. Aber es gebe auch schon konkrete Ideen für den Alltag:
    "Dass die Computer der Mitarbeiter runterfahren, wenn sie nicht mehr benutzt werden. Normalerweise sind die ja die ganze Nacht an, und da hat man auch Einsparpotenzial von 33 Prozent – Energieeinsparpotenzial – bei den einzelnen Computern, und das wird jetzt auch bei einer Fakultät implementiert."
    In einer ganz anderen Phase ist Emily Norford mit ihren Kommilitonen an der Universität im schwedischen Lund. Sie haben zwar schon viel darüber nachgedacht und recherchiert, was ein Green Office an ihrer Universität leisten könnte, aber noch niemanden in der Hierarchie gefunden, der ihr Projekt abnickt und möglich macht. Einzig ein Umweltmanager der Uni hat bislang Unterstützung signalisiert.
    "Die Lund-Universität hat zwei Vollzeitkräfte für Umweltmanagement. Aber die sind total überarbeitet. Die müssen dauernd administrative Aufgaben erledigen, irgendwelche Berichte schreiben. Da bleibt keine Zeit für innovative kreative Gedanken. Die haben aber die Studierenden und Wissenschaftler an der Hochschule. Ein Green Office könnte das alles vernetzen und in die Praxis umsetzen."
    In Großbritannien gibt es bereits drei Nachhaltigkeitsbüros von Studierenden. In den letzten sechs Jahren habe sich da viel getan, berichtet Charlotte Bonner von der National Union of Students. Zum einen weil die Finanzierung der Universitäten nun auch von ihrer Kohlendioxidbilanz abhängig gemacht werde. Zum andern gebe es jetzt jährliche Ranglisten, welche Hochschulen nachhaltiger sind. Und: Immer mehr Studierende propagierten das Thema. Auch Charlotte Bonner selbst lebt den Nachhaltigkeitsgedanken vor.
    "Obwohl ich wahnsinnig gerne esse und es delikat finde, konsumiere ich kaum noch Fleisch. Außerdem reise ich zwar immer noch viel, aber fast nur noch mit der Bahn. Auch nach Berlin habe ich den Zug genommen und mein Fahrrad mitgebracht."
    In Berlin hofft sie nun, weitere Best-Practice-Beispiele zu hören.
    Auch Gastgeber Georg setzt auf neuen Schwung nach dem internationalen Vernetzungstreffen. Sein Berliner Nachhaltigkeitsbüro hat schon die nächsten Anliegen oben auf der Liste.
    "Zum Beispiel wäre es super, wenn der Standard ist, dass Computer so eingestellt sind, dass Drucker automatisch doppelseitig ausdrucken. Und so könnte zum Beispiel ganz viel Papier gespart werden. Andere Idee ist: WLAN über Nacht ausschalten."