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Nachhaltigkeit bei Elektrogeräten
"Netzteile könnten künftig länger halten"

Netzteile stecken in den meisten elektrischen Geräten. Sie wandeln Wechselstrom aus der Steckdose in Gleichstrom um, mit dem Elektrogeräte laufen. Das Problem: Sie gehen schnell kaputt. Das könnte sich bald ändern. Forscher aus Karlsruhe arbeiten daran, Netzteile haltbarer zu machen.

Von Frank Grotelüschen | 04.07.2019
Defekter Fön im Papierkorb, Symbolfoto
Netzteile, die schnell kaputt gehen, landen zusammen mit dem Gerät im Müll. Karlsruher Forscher wollen das ändern. (imago / McPHOTO)
Eben noch läuft der Verstärker ganz normal, doch dann setzt er unvermittelt aus. Das Gerät tut keinen Mucks mehr, es ist kaputt. Die Fehlerdiagnose: Netzteil defekt.

"Grundsätzlich haben Netzteile die Aufgabe, die Wechselspannung aus dem Wechselspannungsnetz in Gleichspannung umzuwandeln. Das gibt es in verschiedensten Dimensionen – von den Handy- und Computernetzteilen, Küchengeräten, die wir alle kennen, bis hin zu Premium-Anwendungen wie Schaltschränken, Windrädern, Elektro-Ladestationen und so weiter", sagt Philipp Scherer, Innovationsmanager am KIT, dem Karlsruher Institut für Technologie.
Netzteile fallen ziemlich oft aus, was zu kuriosen Situationen führen kann, etwa bei LED-Straßenleuchten: Sie werden komplett ausgetauscht, obwohl nur das Netzteil seinen Geist aufgegeben hat und nicht etwa die LEDs – doch eine Reparatur lohnt schlicht nicht.
Film- statt Elektrolyt-Kondensatoren
Die Hauptursache für die Ausfälle sind bestimmte Bauteile, sogenannte Elektrolyt-Kondensatoren. Sie haben unter anderem die Aufgabe, Schwankungen im Stromnetz auszugleichen, fungieren also gewissermaßen als Puffer. Auf Dauer werden sie dabei gehörig beansprucht.
"Elektrolytkondensatoren gehen durch temporäre Überlastung kaputt. Dann platzen sie quasi auf und gehen kaputt", so Philipp Scherer.
Umgehen ließe sich das, würde man statt der anfälligen Elektrolyt-Kondensatoren einen anderen Typus einsetzen, sogenannte Film-Kondensatoren. Die sind haltbarer, beanspruchen aber in der Regel zu viel Platz, weshalb man meist auf sie verzichtet. Doch das soll sich bald ändern, und zwar durch eine neue Technik, entwickelt am KIT. Basis ist ein Mikroprozessor, auf dem spezielle Algorithmen laufen.
"Diese Algorithmen können durch Steuerung verschiedener physikalischer Größen den Ein- und Ausgangsstrom am Netzteil einregeln und dadurch einen wesentlich größeren Spannungsbereich sowohl am Eingang als auch am Ausgang abdecken", sagt Scherer.
Vielfache Anwendungen
Vereinfacht gesagt regelt der Mikroprozessor die Spannungsspitzen so weit herunter, dass man mit deutlich schwächeren und damit kleineren Kondensatoren auskommt. Damit lassen sich dann auch Film-Kondensatoren einbauen, ohne dass das Netzteil zu groß wird. Und da diese Film-Kondensatoren weniger fehleranfällig sind, könnten Netzteile künftig bis zu dreimal länger halten, sagt Philipp Scherer:
"Wir sehen Anwendungen beispielsweise bei Schienenfahrzeugen, bei Windkraftanlagen, in der Automatisierungstechnik, bei Schaltschränken – überall dort, wo Ausfälle mit sehr viel Kosten verbunden sind. Wir sind gerade dabei, die Technologie in die industrielle Anwendung zu bringen, sind hierzu mit verschiedenen Unternehmen in Gesprächen. Die Resonanz ist sehr positiv, und wir erhoffen uns einen baldigen Markteintritt."
Für Consumer-Elektronik wie Handys und Laptops dürfte das neue Verfahren dagegen vorerst zu teuer sein. Hier ist es schließlich nicht ganz so tragisch, wenn das Netzteil seinen Geist aufgibt, und man sich im Laden um die Ecke schnell ein neues besorgt.