Donnerstag, 28. März 2024

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Nachhaltigkeit in den Niederlanden
Grüne Bushaltestellen zum Schutz von Bienen und Umwelt

In der niederländischen Stadt Utrecht sind die Dächer von über 300 Bushaltestellen bepflanzt - für Bienen und andere Insekten. Das hat die Stadtverwaltung veranlasst. Sie will damit ein Zeichen setzen: Gegen das Artensterben, gegen den Feinstaub und für besseres Klima.

Von Alexander Göbel | 15.08.2019
Rolf van Laere steht mit seiner orangefarbenen Arbeitsjacke auf einer Leiter. Während unter ihm Menschen auf den nächsten Bus warten, zupft er oben ganz vorsichtig Unkraut aus einem Hochbeet: "Jetzt bekommen die Pflanzen auch wieder Luft, damit sie wachsen können."
Auf rund sechs Quadratmetern sprießt die Sedum-Staude – besser bekannt als Mauerpfeffer oder Fetthenne: Eine bunte Mini-Wiese als Dach einer Bushaltestelle, an einer viel befahrenen Straße in Utrecht: "Dieses Dach ist gemacht worden, damit Insekten einen Extraplatz bekommen in der Stadt."
Schutz für Bienen und andere Insekten
Rolf van Laere ist begeistert und schaut einer Ameise beim Krabbeln zu: "Diese Pflanzen können CO2 aus der Luft binden, und auch Feinstaub wird gebunden, und weil die Pflanzen von April bis September ungefähr immer wieder blühen, gibt es auch Futter für die Bienen und für andere Insekten."
Mehr als 300 grüne Dächer gibt es inzwischen überall in Utrecht. Rund die Hälfte aller Bushaltestellen der Stadt hat Rolf van Laeres Firma in kleine Oasen verwandelt – im Auftrag der Stadtverwaltung. Rolf könnte sich keine schönere Arbeit vorstellen, als mit seinem Elektroauto von einer Haltestelle zur nächsten zu fahren, die Beete zu pflegen - und damit aktiven Artenschutz zu betreiben. Besonders die friedlichen Wildbienen und Hummeln mögen den Mauerpfeffer. Und Rolf mag die Bienen:
"Mein Opa hat immer Bienen gehabt, und ich bin nie gestochen worden. Also ich lasse die in Ruhe, ich mache hier mein Ding, und sie machen es auch. Irgendwie ist da eine Zusammenarbeit zwischen uns."
Bepflanzte Dächer sind Klimaanlagen
Ein Nebeneffekt des Projekts: Die Dächer sind kleine Klimaanlagen. Da die Pflanzen hier in Muttererde wachsen, müssen sie nur selten gegossen werden. Mauerpfeffer ist robust, winterhart, speichert Wasser, und auch große Hitze verträgt er besser, als viele andere Pflanzen:
"Wenn man da drunter steht, im Sommer sowieso, wenn das Dach eine rein schwarze Fläche wäre, dann könnte es 80 Grad heiß werden – aber so: Nie über 25 Grad!"
"Grün, gesund und intelligent", das ist der selbstbewusste Slogan der Stadt Utrecht, und Maurice Prijs von der Stadtverwaltung nimmt diesen Spruch sehr ernst. Er hat die Idee der grünen Haltestellen vorangetrieben:
"In Utrecht finden wir Umweltschutz sehr wichtig. Bei der Ausschreibung der Bushaltestellen haben wir Wert auf umweltfreundliches Design gelegt, damit es Orte der Nachhaltigkeit werden und wir gesund leben können."
Eine Bushaltestelle in der niederländischen Stadt Utrecht. Das dach der Haltestelle ist bepflanzt und begrünt.
Eine bunte Mini-Wiese als Dach einer Bushaltestelle an einer Straße in Utrecht. (ARD/Alexander Göbel)
Das Ergebnis: Über 300 freundliche, helle, bewachsene Häuschen aus Glas und Stahl, mit Drainagen fürs Regenwasser; LED-Beleuchtung und Sitzbänken - nicht aus kaltem Aluminium, sondern aus Bambus, einem nachwachsenden Rohstoff. Bei einigen Haltestellen liefern Solarpaneele den Strom für die Busanzeige. Die Häuschen finanzieren sich komplett selbst über die Werbung an den Seitenflügeln.
Utrecht ist ein Vorbild für deutsche Städte
"Städte neigen dazu, stets größer zu werden. Städte neigen dazu, grauer zu werden. Aber durch diese Initiative wird alles ein Stück grüner!"
Die Menschen in Utrecht sind jedenfalls begeistert:
"Ich finde das sehr schön", sagt Marit Lange, während sie auf ihren Bus wartet: "Das Grün siehst Du von allen Seiten, das ist eine echte Verbesserung, und ich bin froh, dass sie da so viel verändert haben. Das Grüne wächst sehr gleichmäßig, und es sieht sehr nett und sehr modern aus."
"Das ist eine tolle Idee", stellt Peter Spreeuwenberg fest, bevor er in seinen Bus einsteigt: "Das ist ein Beitrag zum Umweltschutz. Und es ist immer gut, was Neues auszuprobieren. Wenn es gut ankommt, dann können es andere übernehmen!"
Tatsächlich, in Deutschland wollen Düsseldorf, Hamburg, Bremen und viele andere es Utrecht nachmachen, und überhaupt scheint sich alle Welt für grüne Bushäuschen zu interessieren. Stolz erzählt Maurice Prijs, er bekomme Anfragen aus Südamerika, der Ukraine und Australien.
Längst denkt man aber schon weiter in Utrecht: Die Dachbegrünung soll sich nicht nur auf Haltestellen beschränken:
"Wir haben einen kleinen Fördertopf für Privatpersonen und Unternehmen eingerichtet, um Flächen zu bepflanzen. Sie können sich auch mit dem Nachbarn zusammenschließen, so etwas kann man sehr schön gemeinschaftlich machen!"
"Menschen werden sich ihrer Umgebung bewusster"
Grüne Dächer, Bienenhotels, die geplanten E-Busse in der Innenstadt: Utrecht habe sich zum Umweltpionier gemausert, freut sich die Studentin Pauline Salet. Die Stadt sende die richtigen Signale an ihre Bürgerinnen und Bürger:
"Ich denke, dass Menschen sich auf diese Art und Weise ihrer Umgebung bewusster werden, welche kleinen Schritte man tun kann, um zu einer Veränderung beizutragen. Weil es genau um die kleinen Dinge in unserem täglichen Leben geht."