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Nachqualifizierung für Informatik-Studienabbrecher

"Finish IT" ist ein bundesweit einmaliges Projekt zur Nachqualifizierung von Studienabbrechern der Informatik oder informatiknaher Fachbereiche zu IT-Fachleuten. Angesiedelt ist es in Karlsruhe - dem Silicon Valley Deutschlands. Dort suchen IT-Betriebe händeringend nach qualifizierten Mitarbeitern.

Von Anja Braun | 07.10.2011
    Die Idee zum Projekt Finish IT wurde im Unternehmernetzwerk Cyberforum geboren - und zwar schlicht aus der Not heraus, nicht genügend Fachkräfte für die IT-Branche rekrutieren zu können. Projektleiter Günter Breuninger:
    schildert:

    "Wir haben gemerkt, dass es jede Menge Abbrecher gibt bei den Studenten im IT-Bereich, Informatik. Die Zahlen schwanken zwischen 30 und 50 Prozent. Und diese jungen Leute haben Vorkenntnisse, sie können Java programmieren und da haben wir gedacht, das ist doch 'ne interessante Quelle, die muss man doch irgendwie anzapfen. Wir haben gesagt, wir möchten da Öffentlichkeitsarbeit starten und diese Studienabbrecher für die IT-Region Karlsruhe gewinnen."

    Das Projekt Finish IT spricht Studienabbrecher der Informatik oder informatiknaher Studiengänge an und will ihnen ermöglichen, doch noch zu einem Abschluss zu kommen.

    "Es gibt die Möglichkeit, und das wissen eben ganz wenige, wenn man Vorkenntnisse bereits mitbringt und wenn man über Praktika oder sonstige Tätigkeiten in dem Berufsbild eines Fachinformatikers schon Erfahrungen gemacht hat, dass man dann eine verkürzte Ausbildung beziehungsweise - besserer Ausdruck: - Nachqualifizierung machen kann und denselben Abschluss erwerben kann. Und um das geht es hauptsächlich in diesem Projekt."

    Die ortsansässigen Berufsschulen fühlten sich von dem Ansinnen überfordert, einen Schnelldurchgang zum Fachinformatiker für Studienabbrecher zu entwickeln, deshalb springt vorerst ein privates Bildungsunternehmen in die Bresche. Es hat ein spezielles einjähriges Nachqualifizierungsmodul
    entwickelt:

    "Parallel zum Beruf - also berufsbegleitend. Und die Leute haben einen normalen Arbeitsvertrag, können Gehalt verdienen und haben anschließend nach diesem Jahr den Abschluss."

    Ein Modell, das Studienabbrecher wie den mittlerweile 33-jährigen Christian Curth angezogen hat:

    "Ich war hier an der Uni Karlsruhe, hab im Bereich Naturwissenschaften studiert, hab dann nebenbei gearbeitet im EDV-Bereich und festgestellt, dass das eigentlich das ist, was ich langfristig machen will und hab dann irgendwann festgestellt, also das Studium wird sich ewig in die Länge ziehen, aber das wird wahrscheinlich zu keinem Abschluss kommen."

    Curth hörte vom Projekt "Finish IT" und stellte fest, dass das die ideale Chance ist, um doch noch einen Abschluss zu erwerben, denn:

    "Ich hätte bestimmt irgendwo arbeiten können, das wäre nicht das Problem gewesen. Die Frage wäre halt dann immer gekommen, welchen Abschluss haben sie und dann hätte ich sagen müssen: Gar keinen, ich kann nur dies und das vorweisen. Und da wollte ich die Sicherheit haben, dass ich tatsächlich sagen kann, ich bin Fachinformatiker und darauf kann man aufbauen."

    Studienabbrecher Christian Curth ist bei dem IT-Unternehmen Bechtle untergekommen. Dort wird er dual - also im Unternehmen und auch in der Bildungseinrichtung - innerhalb von einem Jahr zum Fachinformatiker nachqualifiziert. Gefördert wird das Ganze über die Bundesagentur für Arbeit, wie Projektleiter Breuninger ausführt:

    "Wegebau ist ein Förderprogramm der Arbeitsagentur, was dazu verhelfen soll, dass ungelernte unqualifizierte Helfer- so wie der Herr Curth - dann zu einem Abschluss kommen und die Agentur bezahlt Trainingsmaßnahme und eine Art Lohnersatz für die Zeit, die er nicht im Unternehmen ist."

    Ein gutes Geschäft für die aufnehmenden Firmen und Betriebe - meint auch die Personalverantwortliche von Bechtle Karlsruhe, Carolin Lopez. Doch sollte die Förderung durch die Arbeitsagentur nicht zustande kommen, will das Unternehmen den Studienabbrecher auf eigene Kosten nachqualifizieren. Schließlich sei besonders reizvoll:

    "Dass man auch relativ schnell innerhalb von einem Jahr einen fertig ausgebildeten Fachinformatiker hat, der aber trotzdem auch schon unser Unternehmen kennt, weil er ja bei uns ausgebildet wird."