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Nachruf
Dietmar Schönherr ist tot

Dietmar Schönherr ist im Alter von 88 Jahren gestorben. Der österreichische Schauspieler und Moderator spielte die Hauptrolle in der TV-Kultserie "Raumschiff Orion", moderierte die erste Talkshow im deutschen Fernsehen und engagierte sich für soziale Projekte in Lateinamerika.

Von Franziska Rattei | 18.07.2014
    Der Schauspieler und Moderator Dietmar Schönherr auf einem Foto vom 08.01.2008.
    Der Schauspieler und Moderator Dietmar Schönherr starb mit 88 Jahren. (picture-alliance/ dpa / Horst Galuschka)
    "Der Schauspielerberuf oder der Künstlerberuf ist flüchtig. Also ein Theaterstück ist zu Ende. Fertig. Ein Film ist zuende, existiert noch auf Zelluloid. Das verblasst nach einiger Zeit, wird dann weggeschmissen. Es bleibt gar nichts übrig",
    meinte Dietmar Schönherr. Dabei vergaß er diejenigen, die ihn und seine Arbeit bis heute schätzen.
    Als Schauspieler – zum Beispiel in "Raumpatrouille - Die fantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion" Mitte der 1960er-Jahre.
    "Guten Abend meine Damen und Herren in Deutschland, ich beglückwünsche Sie, dass Sie nun als dritte Nation – nach den Amerikanern und Japanern – die Freuden des Farbfrnsehens genießen dürfen. Von der 25. großen deutschen Funkausstellung 1967 Berlin übertragen wir den Gala-Abend der Schallplatte."
    Oder als Moderator: Nach "Du und ich" und "Wünsch dir was" führte Schönherr ab 1973 durch die Sendung "Je später der Abend" – und war damit der Erste in Deutschland, der sich an die "Talkshow" wagte – hier im Gespräch mit Romy Schneider:
    "Als Sie schon eine riesige Karriere in Frankreich und in anderen europäischen Ländern gemacht hatten, hat man hier nur Klatschgeschichten zu lesen bekommen. Womit hängen diese Missverständnisse Ihrer Meinung nach zusammen?" - "Ich weiß es wirklich nicht ganz genau. Man hat mir übel genommen, dass ich nach Frankreich gegangen bin, wobei man die Presse vergessen hat. Die Presse spielt das weiter hoch. Ich kann ja kaum eine Seite im "Spiegel" – sei es der "Spiegel" oder was anderes, Personalien aufmachen. Dann steht mein Name und in Klammern "Ex-Sissy" oder "Die Jungfrau von Geisel-Gasteig", was weiß ich – das hat immer noch nicht aufgehört."
    Dietmar Schönherrs Künstler-Karriere begann früh. Fast genauso früh wie seine militärische. 1944.
    "Na, ja. Ich hab eben als Pimpfenführer meine Pimpfe aufs Bornstedter Feld geführt, und dann kam ein Hubschrauber an, und es landete ein Kriegsheld, und die kleinen Jungs haben den auf die Schultern genommen und in den Abendhimmel getragen und das war halt so ne Ufa-Schnulze. Und 14 Tage später kriegte ich dann ne Einladung von der Ufa, und dann wurde ich immer wieder zu Probeaufnahmen geholt. Ich hab immer gesagt: Ich will es aber nicht. Die haben gesagt: Ja aber du kommst ja immer. Also, hier ist ein Vertrag. Entweder den unterschreibst du jetzt, sonst sind wir geschiedene Leute. Also hab ich den Vertrag angeguckt, hab gesehen, ich verdiene mehr als mein Vater, der General. Also: Unterschreib ich sofort."
    Im Propaganda-Film "Junge Adler" stand Schönherr das erste Mal vor der Kamera.
    Danach: Kriegsdienst bei der Wehrmacht, Fahnenflucht und ein abgebrochenes Architekturstudium.
    Erst 1955, mit dem Film "Rosenmontag", gelang Schönherr der Durchbruch. Mehr als 100 Kinofilme und mehrere 100 Fernsehproduktionen folgten.
    Häufig trat er mit seiner Frau auf: der Dänin Vivi Bach.
    Gesungen hat Dietmar Schönherr auch. Aber egal, ob als Sänger, Moderator, Schauspieler oder Sprecher - das, was ihn als Mensch erfüllte, fand er nicht im öffentlichen Leben.
    "Man glaubt immer: Das ist alles fürs Publikum. Publikum ist ganz wichtig. Aber letzten Endes machen Künstler das, was sie tun, für sich, ja."
    "Später hab ich einen Film gemacht: gegen Krieg und Gewalt: "Kain". Dann war ich in der Friedensbewegung. Dann bin ich nach Nicaragua gegangen. Das ist das Wichtigste, was ich gemacht habe. Und das, was ich in Nicaragua gemacht habe, habe ich nicht für mich gemacht, sondern für andere."
    Seit Mitte der 1980er-Jahre war Schönherr regelmäßig in Mittelamerika, baute mit Freunden und Unterstützern die Siedlung "Posolera" auf und gründete später die Organisation "Pan y arte" – "Brot und Kunst".
    "Das ist ne Schule, das ist ein Kulturzentrum, da werden Kinder ausgebildet, da werden sie Musiker, da gibt's eine Theaterschule, eine Kindertanzgruppe, da gibt es alles mögliche, und die erfahren, dass sie eben kreativ sein können und etwas Wunderbares schaffen können. Und dann haben sie ein Leben vor sich."
    Sein eigenes Leben stellte Dietmar Schönherr nicht so gern in den Vordergrund. Eine klassische Autobiografie existiert nicht. Stattdessen: "Sternloser Himmel" – ein autobiografischer Roman, der Schönherrs Leben aus zwei Perspektiven zeigt: aus Zwillingssicht nämlich.
    "Die beiden Figuren – Daniel und David – bespiegeln sich gegenseitig, erklären sich gegenseitig. Ich wollte zwei Alter Egos schaffen, die miteinander reden. Es ist eben keine Autobiografie, wo man sagt ich ich ich habe das gemacht. Das wollte ich ja gar nicht. Es sind beide Figuren ich natürlich. Ganz klar. Das ganze Buch bin ich. Und das ist mein Leben."
    Literaturtipp:
    Dietmar Schönherr: "Sternloser Himmel". Ein autobiografischer Roman.
    erschienen im Eichborn Verlag.
    Preis: 18,90 Euro.