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Nähwerkstatt Stitch by Stitch
Made in Germany - inspiriert von Syrien

Zwei Frankfurter Modedesignerinnen haben eine Schneiderei-Werkstatt aufgebaut, in der geflüchtete Näherinnen ihre Fähigkeiten einsetzen können. Ihr Start-up-Projekt "Stitch by Stitch" wird im Rahmen des Stipendienprogramms "Ankommer" von der KfW Stiftung gefördert, um Flüchtlingen die Ankunft auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern.

Von Brigitte Scholtes | 08.01.2016
    Eine Schere liegt vor einer Nähmaschine.
    Eine Schere liegt vor einer Nähmaschine. (picture alliance / dpa / Inga Kje)
    Claudia Frick sitzt an ihrem weiß lackierten Schneidetisch und schneidet Stoff zu. Die roten Haare hat sie gerade hochgesteckt, sie trägt eine violette Jacke, ein olivgrünes Top und eine dunkle Hose. In den Regalen an den Wänden ihres Ateliers lagern Stoffballen in vielen Designs und Nähseide in allen möglichen Farben. An einem Ständer hängen auf Bügeln einige ihrer Kreationen. Die Nähmaschine steht am Fenster, das Bügelbrett gegenüber. Es wirkt anheimelnd hier in diesem Atelier im Frankfurter Stadtteil Bornheim, von dem aus die Modedesignerin mit zwei Partnerinnen ein kleines Modelabel führt. Diese Erfahrung will sie nun einbringen in ein Flüchtlingsprojekt - zusammen mit der Kommunikationsdesignerin Nici von Alvensleben.
    "Wir sind Claudia und Nicole von 'Stitch by Stitch'." So haben die beiden Frauen im Herbst ihr Projekt präsentiert bei den "Ankommern". Sie gehören nun zu den 14 Start-ups, die für acht Monate von der KfW Stiftung und von der Agentur Social Impact finanzielle und praktische Unterstützung bei der Unternehmensgründung erhalten. Die Begeisterung für ihre Idee, Flüchtlingsfrauen bei der Integration in Deutschland zu helfen, wirkt ansteckend. Nici von Alvensleben weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig Unterstützung in einer neuern Umgebung, womöglich neuen Heimat ist: "Ich war selber mal 'Ankommer'. Vor vielen Jahren bin ich nach Amerika, nach New York gegangen, konnte aber kein Englisch, hatte das nicht in der Schule gelernt. Und mir wurde damals dort eben auch aufgrund meiner Fähigkeiten und meiner Ausbildung eine Chance gegeben. Das wollen wir eigentlich den vielen Menschen, die herkommen, die auch tolle Fähigkeiten mitbringen, auch eine Chance geben."
    Regionale genähte Produkte
    Eine kleine Produktionsstätte wollen sie aufbauen mit professionellen Schneiderinnen aus Syrien oder anderen Flüchtlingsländern. Den Bedarf für solche Produktionswerkstätten gebe es in Deutschland gerade für kleine Labels und Fertigungen, weiß die gelernte Maßschneiderin und studierte Modedesignerin Claudia Frick aus eigener Erfahrung: "Wir bieten an, schnell und effektiv kleine Produktionsserien mit zehn oder 15 Teilen zu arbeiten und die regional in Deutschland herzustellen, aber eben mit dem Blick auf Nähtechniken, die aus anderen Kulturen kommen, dass wir da eine schöne Produktion anbieten können."
    Ihre Techniken könnten die Flüchtlingsfrauen gut einbringen, hofft Modedesignerin Frick: "Ich habe tatsächlich schon mit unterschiedlichen Kulturen zusammenarbeiten dürfen und habe schon ganz tolle Fähigkeiten gesehen, zum Beispiel eine Studentin, die ursprünglich aus Afghanistan kommt. In Nullkommanichts rollte sie eine Rose zusammen aus Seide und hat die ganz geschickt zusammengefasst. Das ist eine Technik, die man hier gar nicht mehr so beherrscht."
    Förderung der KfW Stiftung
    Dass die beiden kreativen Frauen die Impulse, die die Flüchtlingsfrauen mitbringen, auch annehmen wollen, hat auch die Jury der "Ankommer" begeistert. Es passt auch zu den Modekreationen von Claudia Frick, wie etwa den Jeansmantel, den ihre Partnerin Nici von Alvensleben über einem schwarzen Kleid trägt. Aber der ist mehr als das, beschreibt Claudia Frick: "Die Besonderheit ist aber, dass wir kleine, feine Details einsetzen. Hier haben wir einen Jeansmantel, der aber mit einer Borte abgesetzt ist, die aber sehr handwerklich hergestellt wird, und dass man so auch den Aspekt sieht von Hand-Made in Deutschland."
    Noch surrt die Nähmaschine nur in Claudia Fricks Atelier, passende Räumlichkeiten für "Stitch by Stitch" suchen die beiden Frauen noch für die bis zu 20 Näherinnen, die gegen reguläre Bezahlung einmal für sie arbeiten sollen. Die Frauen sollen sich wohlfühlen, damit die Integration, auch die sprachliche, gelingt, sagt Nici von Alvensleben: "Wir haben natürlich auch so ein bisschen so eine Rollenfunktion, dass man als Unternehmerin oder als Frauen in Deutschland einfach auch selbstständig und unabhängig etwas aufbauen kann. Ich finde das auch eine ganz wichtige Signalwirkung."
    Immerhin haben die Gründerinnen schon ihre erste Näherin eingestellt, eine 20-jährige Syrerin, die in ihrer Heimat schon begonnen hatte, Modedesign zu studieren.