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Nagelprobe auf dem Campus

Seit Jahresbeginn gilt bundesweit für Professorinnen und Professoren die Besoldung nach Leistung. Campus & Karriere hat sich umgehört, was die Hochschullehrer davon halten.

Von Andrea Groß | 10.01.2005
    Wer vor dem ersten Januar 2005 in Nordrhein-Westfalen Professor wurde, bleibt dies auch künftig nach der herkömmlichen C3- oder C4-Bezahlung mit Gehaltssteigerung alle zwei Jahre. Das ist eine sichere Angelegenheit und deshalb haben viele Universitäten ihre Berufungen noch schnell nach der alten Regelung unter Dach und Fach gebracht. Wer möchte, kann seinen C-Vertrag allerdings in einen leistungsbezogenen W-Vertrag umwandeln lassen, aber darum reißt sich die Professorenschaft nicht gerade.

    Es gibt eine gewisse Unsicherheit oder Verunsicherung, die in erster Linie damit zu tun hat, dass das neue System einigermaßen kompliziert ist und zwar in seinen Grundprinzipien nachvollziehbar ist, aber in seiner Handhabung von außen gesehen, nicht gut berechenbar ist.

    Gerhard Möller ist Kanzler der Ruhr-Uni Bochum. In diesen Tagen trifft er sich häufig mit Kanzlern anderer Universitäten, um darüber zu sprechen, wie die Leistungsermittlung denn aussehen könnte. Gern gesehen in diesen Runden ist Peter Kalin. Peter Kalin ist nicht Kanzler, weil es an der Privatuniversität Witten-Herdecke keinen Kanzler gibt. Peter Kalin ist kaufmännischer Geschäftsführer. Seit fünf Jahren gibt es in Witten leistungsbezogene Professorengehälter, die jedes Jahr in einem sogenannten Führungsgespräch neu verhandelt werden.

    Wir richten uns natürlich nach dem Markt und der Markt ist natürlich der Hochschulmarkt, also wir konkurrieren da mit staatlichen Hochschulen. Aber abweichend davon haben wir fixe Grundgehälter und variable Zulagen dazu, die in ihrer Höhe fest vereinbart sind, also in ihrer maximalen Höhe. Aber die Zielerreichung wird jährlich neu gemessen.

    Die variable Leistungszulage richtet sich dabei nach der Zahl der Seminare, die ein Professor veranstaltet, nach der Zahl seiner Absolventen und Doktoranden, seinen veröffentlichten Aufsätzen und Büchern, seinem Einsatz in Gremien der Hochschule, der Höhe der eingeworbenen Drittmittel und – eine Besonderheit der Uni Witten-Herdecke – den Finanzen, die er durch berufliche Weiterbildung eingebracht hat. Eine Sparte gegen eine andere aufzuwiegen ist dabei nicht möglich. Wer zwar bahnbrechende Forschungsergebnisse veröffentlicht, darüber aber die Studierenden vernachlässigt hat, hat eben nicht 100 Prozent Leistung gebracht und das schlägt sich im Gehalt des darauffolgenden Jahres nieder. So ähnlich könnte es auch an den staatlichen Hochschulen funktionieren. Denn trotz aller Unsicherheiten stößt das Leistungsprinzip für Professoren auch bei den Studierenden auf positive Resonanz.

    Ja, das fände ich sehr schön. Weil die Leistungsbereitschaft dann sicher noch höher wäre, als sie jetzt eh schon ist. Also ich denke, dass sie sich jetzt schon anstrengen, aber die Leistungsbereitschaft wäre noch höher.

    Das Problem wäre, das zu messen. Ich denke, dass man das sehr schwer messen kann, was macht einen guten Professor aus und was nicht. Ob man das abstimmen soll, keine Ahnung. Eigentlich eine gute Idee, nur halt eben sehr schwer durchzuführen.

    Theoretisch nicht schlecht, aber ich denke, das ist praktisch nur ganz schwer umzusetzen. Das zu messen, dazu fehlen vielleicht jetzt noch die Standards.


    Auch Peter Schulte, Rektor der Fachhochschule Gelsenkirchen findet die leistungsbezogene Bezahlung von Professoren im Prinzip gut und richtig. Was ihm allerdings gehörig Bauchschmerzen bereitet ist eine Ungleichbehandlung der Fachhochschulen und der Universitäten in NRW.

    Der Betrag pro Stelle der zugrunde gelegt wird, ist in den Bundesländern verschieden festgelegt. In Nordrhein-Westfalen ist er ziemlich am Ende der Skala. Nicht ganz, aber ziemlich im unteren Bereich im Vergleich zu den Fachhochschulen anderer Bundesländer. NRW hätte ihn nach dem Bundesgesetz höher setzen können. Das hat Nordrhein-Westfalen aber nicht gemacht im Gegensatz zu den Universitäten, wo der Satz raufgesetzt worden ist.

    Das NRW-Wissenschaftsministerium begründet diesen Schritt mit dem Argument, dass Fachhochschulen lediglich landesweit um Professoren konkurrieren, Universitäten aber bundesweit. Darüber kann Rektor Peter Schulte nur den Kopf schütteln. Beklagen will er sich trotzdem nicht. Wenn die erste Gehaltsverhandlung ansteht, wird er die Vorzüge der FH-Gelsenkirchen schon herauszustellen wissen. Geld ist schließlich nicht alles.