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Nahost-Konflikt
Israel im Spannungsfeld zwischen Iran und IS

In Genf wird über Friedensgespräche zu Syrien verhandelt und wer an einer Syrien-Konferenz teilnehmen darf. Syriens Nachbar Israel hat sich offenbar festgelegt. Verteidigungsminister Moshe Yaalon sagte, vor die Wahl gestellt, entweder den IS oder Assad mit Iran und Hisbollah an der Grenze zu sehen, würde er sich für die Milizen des IS entscheiden.

Von Torsten Teichmann | 29.01.2016
    Israelischer Soldat auf den Golanhöhen
    Die israelische Armee soll auf den Golanhöhen dafür sorgen, dass der Bürgerkrieg nicht auf von Israel kontrolliertes Gebiet übergreift (AHMAD GHARABLI / AFP)
    Auch aus 2.200 Meter Höhe wird die Lage in Syrien kaum übersichtlicher. Vom nördlichsten und höchsten Punkt der Golanhöhen aus geht der Blick Richtung Osten. Der Teil des Bergs Hermon wird von Israel kontrolliert. Kommandant Nir Chavaletzky schildert seine Not:
    "Es ist sehr schwer hier immer auf dem neuesten Stand zu bleiben. Das ist nicht einfach. Die Kämpfe dauern unentwegt an und ständig kommt noch eine Gruppe dazu, Organisationen oder Gruppen vereinigen sich, andere werden aufgelöst. Es ist eine große Herausforderung zu verstehen was da jeweils gerade abläuft."
    Das Eingreifen Russlands an der Seite von Assad hat für Israel die Lage verschärft: Militärisch koordinieren beide Staaten ihre Einsätze. Aber ihre strategischen Ziele sind mittlerweile komplett entgegengesetzt. Und so sorgt Israels Verteidigungsminister Yaalon für Schlagzeilen, als er erklärt, er ziehe die Milizen von Daesh der Präsenz von Syriens Machthaber Assad mit Iran und Hisbollah-Miliz entlang der Grenzlinie vor:
    "Wenn man sich Syrien anschaut, dann versteht man, dass im Moment sowohl Russland als auch die USA Iran als Teil der Lösung betrachten, als zentralen Spieler. Und das ist ein Problem. Denn welche Optionen bleiben uns? Daesch oder Iran? Sind das die Optionen? Ich sage Ihnen, wenn das die Optionen sind, dann ziehe ich Daesch, den sogenannten Islamischen Staat, vor. Die verfügen nicht über die Fähigkeiten, über die Iran verfügt."
    Assad war verlässlich
    Dabei galt in Israel lange Zeit das mit Iran verbündete Assad-Regime als Garant für Ruhe im Norden. Israel hat die Golan-Höhen, syrisches Gebiet annektiert. Assad war eine Art Versicherung für den Status quo, sagt Modechai Keidar. Keidar war 25 Jahre lang Mitarbeiter des militärischen Geheimdienstes:
    "Viele von uns bevorzugten Assad. Denn Assad ist der Geist aus der Flasche, den man kennt. Wir brauchen nicht die Dschihadisten, die uns mit Messern abstechen wollen. Assad war verlässlich. Der hat uns nicht gemocht, aber Du konntest mit ihm einen Deal machen."
    Ohne zentrale Macht hat Assad für Israel keine Bedeutung
    Doch an eine Rehabilitation des Machthabers in Damaskus glaubt nach fünf Jahren Bürgerkrieg in Jerusalem niemand mehr. Ein Zerfall Syriens gilt als wahrscheinlicher. Regierungschef Netanjahu will bei der Konferenz in Davos seine Position mithilfe einer Kinderbuch-Figur beschreibt:
    "Wird aus Syrien noch mal ein einheitlicher Staat? Ich bin nicht sicher, ob man Humpty Dumpty wieder hin bekommt. Die beste Möglichkeit könnte am Ende eine gutartige Balkanisierung sein. Also Kantone in Syrien. Besser wird's nicht."
    Ohne zentrale Macht hat Assad für die Israels Sicherheit keine Bedeutung mehr. Mit seinen Verbündeten Iran und Hisbollah gilt er sogar als Gefahr, so der Verteidigungsminister:
    "Heute haben die Iraner in Syrien das Sagen. Nicht Bashar al-Assad. Und wenn der militärisch-politische Prozess der Russen dazu führt, dass Iran als Hegemonialmacht bleibt - dann ist das eine Herausforderung. Nicht, dass wir sie nicht bestehen könnten - aber das ist eine Herausforderung, mit der wir uns auseinandersetzen müssen.
    Eine Herausforderung, die langfristig auch Gefahren birgt für die militärische Koordination mit Russland. Im Moment betonen Jerusalem und Moskau, dass keine Seite die Absicht hat, die Strategie des jeweils zu durchkreuzen.