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Nahostkonflikt
Palästinenser bringen Kerry in Bedrängnis

Die Nahost-Friedensverhandlungen sind in eine schwere Krise geraten. Die Palästinenser wollen das Ziel der Anerkennung eines eigenen Staates wieder ohne Abstimmung mit Israel verfolgen - für den US-Außenminister John Kerry als Schirmherr der Friedensgespräche ist das ein Rückschlag.

02.04.2014
    Junge Palästinenser in Hebron feiern Abbas' Vorgehen.
    Junge Palästinenser in Hebron feiern Abbas' Vorgehen. (dpa / picture-alliance / Abed Al Hashlamoun)
    Mehr als ein Jahr lang hat Kerry mit aller Macht versucht, eine Einigung in Nahost zu erzwingen. Der Eklat, als Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas am Dienstag im Fernsehen Anträge zur staatlichen Anerkennung Palästinas ankündigte, bedeutet auch für Kerry einen herben Rückschlag. Der US-Politiker nimmt nun betont Abstand. "Ich will es glasklar sagen: Die USA sind stolz und bereit, Vermittler bei diesem Prozess zu sein", sagte Kerry in Brüssel. "Aber die Spitzenvertreter beider Seiten müssen die Entscheidungen treffen, nicht wir."
    Kerry sagte seinen für Mittwoch angekündigten Besuch in Ramallah wieder ab. Bei den Palästinensern wurde dies als klares Signal gewertet, dass Kerry seine Herzensangelegenheit, eine umfassende Friedensregelung in Nahost, inzwischen selbst als "hoffnungslosen Fall" ansieht.
    John Kerrys Mission im Nahen Osten fehlt bislang der Durchbruch.
    John Kerrys Mission im Nahen Osten fehlt bislang der Durchbruch. (dpa / picture-alliance / Olivier Hoslet)
    Ein US-Regierungsvertreter sagte der "Washington Post", Kerry sei als Vermittler so weit gegangen, wie er konnte. Jetzt müssten die Konfliktparteien selbst sehen, wie sie zu einer Einigung kommen. Acht Monate nach Wiederaufnahme der Nahost-Friedensgespräche sind die Bemühungen, um eine Lösung der Kernfragen des Konflikts damit wieder am Nullpunkt angelangt.
    Verfahrene Situation bis ins Detail
    Die Situation ist selbst in den Detailvereinbarungen der aktuellen Gespräche verfahren, auf beiden Seiten herrscht große Unnachgiebigkeit. Israel hatte eine fest vereinbarte Frist für die Freilassung einer vierten und letzten Gruppe palästinensischer Langzeithäftlinge, die bis Ende März freikommen sollten, verstreichen lassen. Abbas sieht sich daher nicht mehr an die Zusage gebunden, während der Verhandlungen Bemühungen um eine internationale Anerkennung Palästinas zu unterlassen.
    Ein umfassender Kompromissvorschlag unter US-Vermittlung, der auch die Freilassung des israelischen Spions Jonathan Pollard nach 28 Jahren in US-Haft vorsah, sollte israelische Hardliner erweichen und eine Verlängerung der Friedensgespräche bis ins Jahr 2015 ermöglichen. Aus palästinensischer Sicht war das jedoch inakzeptabel.
    Palästinenser könnten in Den Haag klagen
    In Ramallah und Jerusalem übergaben die Palästinenser Vertretern der Vereinten Nationen sowie der Schweiz und der Niederlande Urkunden über den Beitritt zu 15 internationalen Abkommen. "Dies kann als erster Schritt auf dem Weg angesehen werden, die Position der Palästinenser auf internationalem Gebiet zu stärken", sagte Jassir Abed Rabbo, Mitglied der PLO-Führung. "Wir fordern die Welt auf, den Staat Palästina als einen mit allen Rechten ausgestatteten Staat, aber eben auch als (israelisch) besetzten Staat anzuerkennen", fügte der PLO-Funktionär bei einer Pressekonferenz in Ramallah hinzu.
    Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas unterzeichnete am Dienstag die Dokumente.
    Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas unterzeichnete am Dienstag die Dokumente. (afp / Abbas Momani)
    Mahmud Abbas will den politischen Kampf um einen unabhängigen Palästinenserstaat nun wieder aufs internationale Parkett verlegen und Israel damit praktisch umgehen. Damit könnte er Israel in große Bedrängnis bringen. Die Palästinenser könnten etwa versuchen, Israelis wegen Verbrechen in den besetzten Gebieten vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu bringen.
    Hintertür bleibt offen
    Es gilt aber als möglich, dass es in den kommenden Tagen doch noch eine Einigung gibt, die Friedensgespräche auch nach Fristablauf Ende April fortzusetzen. Die Palästinenserführung bekannte sich am Mittwoch immerhin zur Fortsetzung der Gespräche. Kerry betonte zudem, es sei "total verfrüht, jetzt endgültige Urteile zu fällen. Mein Team trifft sich vor Ort weiter permanent mit beiden Seiten, die wir zur Zurückhaltung auffordern".
    Die im Juli vergangenen Jahres wiederaufgenommen Friedensgespräche gelten auf lange Zeit als letzte Chance, die Zwei-Staaten-Lösung Wirklichkeit werden zu lassen. Israel baut immer neue Siedlerhäuser in den Palästinensergebieten und es ist schon jetzt fraglich, ob die Schaffung eines lebensfähigen, territorial zusammenhängenden Palästinenserstaats überhaupt noch möglich ist.