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Nahrung
Risiken durch Hormone im Schweinefleisch

Hormonhaltige Präparate werden in der Schweinehaltung nicht nur für kranke Tiere verwendet, sondern offenbar auch, um Betriebsabläufe zu optimieren. Das behauptet eine Studie des Naturschutzbunds BUND. Es müssten Folgen für die menschliche Gesundheit befürchtet werden.

Von Dieter Nürnberger | 07.01.2014
    Der BUND spricht von inakzeptablen Hormon-Anwendungen in der intensivierten Landwirtschaft. In den deutschen Großbetrieben also, in der Massentierhaltung. Und ganz konkret wird gesagt, dass dieser Hormon-Einsatz weder mit dem Tierschutz, noch mit dem Schutz der Umwelt - hier geht es ja auch um den Anspruch, den Eintrag risikobehafteter Stoffe zu vermeiden - vereinbar sei.
    Laut BUND-Studie werden in Deutschland also Hormone systematisch und routinemäßig vor allem in der Ferkelzucht verabreicht. Das kann per Injektion erfolgen, auch durch die Beimischung in das Futter der Tiere. Reinhild Benning, die Agrarexpertin des Bundes für Umwelt- und Naturschutz.
    "Diese Hormone dienen dazu, bei der einzelnen Sau mehr Eier zu stimulieren, damit diese befruchtet werden können. Somit auch mehr Ferkel je Wurf zu erzeugen. Ein zweiter Aspekt: Wir haben festgestellt, dass in großen Sauenhaltungen mehr Hormone eingesetzt werden, als auf bäuerlichen Betrieben. Das zeigt auch die Fachliteratur. Die Sauenhaltung in Deutschland wandert seit Jahren weg von den bäuerlichen Betrieben, die oft auch wegen der Preissituation schließen müssen - hin zu immer größeren Sauenhaltungen, mit oft mehr als 10.000 Tieren in einem Großstall."
    Nur nachrangig zur Therapie kranker Sauen eingesetzt
    Es geht also darum, die Tiere dazu zu bringen, in Gruppen gleichzeitig in die Brunst zu kommen. In der intensivierten Landwirtschaft spart dies dann vor allem Arbeitszeit und sorgt auch dafür, die Ferkelzahl zu steigern. Die Studie sagt auch, dass Hormone nur noch nachrangig zur Therapie kranker Sauen eingesetzt würden. Und genau diese Praxis widerspreche der eigentlichen Zielsetzung des Arzneimittelgesetzes.
    "In der Sauenhaltung sind sie zur Zyklussteuerung erlaubt, im Grunde also auch zur Leistungssteigerung. Das Arzneimittelgesetz hat aber eigentlich die Idee, dass Medikamente an kranke Tiere vergeben werden. Der Hormoneinsatz in Deutschland erfolgt aber systematisch an kerngesunden Sauen - nur, um ihren Zyklus zu steuern."
    Die Studie gibt allerdings nur sehr unzureichend Auskunft über den Umfang der eingesetzten Hormone. Die letzte belegbare Zahl stammt aus dem Jahr 2003, ist also mehr als zehn Jahre alt. Damals waren es offiziell 670 Kilogramm eingesetzter Hormonpräparate in der Veterinärmedizin. Der BUND hat sich seitdem um neuere Statistiken bemüht - doch weder von der Industrie noch von der offiziellen Politik gab es hier bislang neue Zahlen. Die Annahme des BUND, dass tendenziell mehr Hormone in den deutschen Ställen verabreicht würden, fußt somit lediglich auf der Tatsache, dass seitdem die Tierhaltung weiter intensiviert worden sei. Reinhild Benning zieht aber eine Parallele zu einem anderen Sachverhalt in der jüngsten Vergangenheit:
    "Wir sind im Grunde an dem Punkt, wo wir vor zwei Jahren auch beim Antibiotika-Einsatz waren. Damals lagen auch nur recht veraltete Zahlen vor, die uns suggeriert haben, dass "nur" rund 700 Tonnen in der Tierhaltung eingesetzt würden. Dann gab es öffentlichen Druck - und die danach veröffentlichten aktualisierten Zahlen zeigten eine Vervielfachung: auf rund 1.700 Tonnen."
    Folgen für die menschliche Gesundheit
    Der Einsatz von Hormonen in der Landwirtschaft wird von mehreren Stellen aus kritisiert: So habe auch das Umweltbundesamt bestätigt, dass durch den Einsatz negative Folgen für das Ökosystem auftreten könnten. Zudem müssten auch Folgen für die menschliche Gesundheit befürchtet werden - BUND-Expertin Reinhild Benning.
    "Wir wissen aus zahlreichen Studien, dass der Hormoneinsatz nicht nur Fischen und Amphibien, etwa Fröschen, schadet, sondern auch dazu beiträgt, dass Männer weniger fruchtbar sind. Auch, dass Brust- und Prostatakrebs, ebenso andere gesundheitliche Risiken für den Menschen von dieser Hormonbelastung ausgehen."
    Diese heute vorgestellte Hormonstudie ist zeitlich zumindest gut platziert. Denn übernächste Woche beginnt in Berlin die weltgrößte Agrar- und Ernährungsmesse, die Grüne Woche. Auch politisch bezieht der BUND eindeutig Stellung: Die neue Bundesregierung wird aufgefordert, Daten des Hormoneinsatzes transparenter zu machen und den Einsatz zur Leistungssteigerung in der Ferkelzucht zu verbieten.