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Namensstreit zwischen Griechenland und Mazedonien
Zu früh gefreut?

Schon lange streiten Griechenland und die Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien um den Namen "Mazedonien". Nun schien eine Einigung in Sicht. Doch in beiden Ländern gab es Proteste gegen die Abmachung. Erst am Wochenende wird sich zeigen, ob die politisch Verantwortlichen ihr Siegel unter den Text setzen können.

Von Thomas Otto | 15.06.2018
    Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras und schräg dahinter sein Kollege aus Mazedonien Zoran Zaev.
    Mazedoniens neuer Premier Zoran Zaev (im Bild links neben Tsipras) hat sich den Beitritt zu EU und NATO als Priorität auf die Fahnen geschrieben. (AFP / Dimitar Dilkoff)
    Auch wenn der Name "Mazedonien" wohl am geläufigsten ist, offiziell heißt die kleine Balkan-Republik "Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien" - auf Englisch abgekürzt FYROM.
    Der umständliche Name, der nicht nur die Moderatoren des Eurovision Song Contests jedes Mal vor eine Herausforderung stellt, soll bald der Geschichte angehören, freute sich die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini noch am Dienstag im EU-Parlament:
    "Vor ein paar Minuten haben in Skopje und in Athen Premier Zoran Zaev und Premier Alexis Tsipras eine Einigung im Namensstreit bekanntgegeben. Dieser historische Moment verdient unsere Unterstützung und unseren Applaus, die nicht nur für die beiden Länder wichtig ist, sondern für die ganze Region, für Europa und die Welt."
    Nord-Mazedonien soll das Land in Zukunft heißen. Darauf hat man sich mit dem südlichen Nachbarn Griechenland nach jahrelangem Streit geeinigt. In Griechenland hatte man befürchtet, dass mit dem Namen Mazedonien Ansprüche auf die nordgriechische Provinz Makedonien einhergehen könnten. Um Druck auf seinen Nachbarn auszuüben, hatte Griechenland deshalb seit 1991 jegliche Ambitionen Mazedoniens auf einen EU-Beitritt oder eine NATO-Mitgliedschaft zunichte gemacht und für solch einen Fall sein Veto angedroht.
    Das griechische "Nein"
    Seitdem war zwar ein Beitritt Mazedoniens zur EU nicht in Sicht, eine Annäherung hat über die Jahre trotzdem stattgefunden: Nach einem Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen erhielt Mazedonien 2005 den Status eines Beitrittskandidaten. 2009 schaffte die EU die Visa-Pflicht für Mazedonier ab. Beitrittsverhandlungen mit Mazedonien werden wegen des griechischen Neins bisher aber nicht geführt.
    "Ihr Land hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht und sich der EU weiter angenähert."
    lobte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker den mazedonischen Premier Zoran Zaev Anfang des Jahres. Denn auch ohne Beitrittsverhandlungen hat das Land viele von der EU geforderte Reformen umgesetzt: Sei es eine Polizeireform, eine Justizreform oder die Modernisierung der Verwaltung.
    "Wir wollen Teil der Erweiterung sein und wir stehen voll hinter den Reformen. Wir wollen den Weg hin zu einem Beitritt zur EU gehen." so Premier Zoran Zaev.
    Immer wieder Rückschläge
    Zugleich gab es immer wieder Rückschläge: Die ewige Wartestellung ließ die Perspektive einer Zukunft in der EU schwinden. Langzeitpremier Nikola Gruevski regierte immer autoritärer und nationalistischer. Die Beziehungen zu den Nachbarn Griechenland und Bulgarien verschlechterten sich zusehends. Sein Nachfolger Zaev hat sich nun den Beitritt zu EU und NATO als Priorität auf die Fahnen geschrieben:
    "Wir wollen sicherstellen, dass Mazedonien der EU und der NATO beitreten kann. Mazedonien wird neue Investitionen und neue Jobs für seine Bürger bekommen."
    Nun kommt es auf Staatspräsident Gjorge Ivanov an, der der Einigung mit Griechenland zustimmen muss - zugleich aber als eher russlandfreundlich gilt und sein Ja verweigern könnte. Gleichzeitig hat die Opposition im Parlament in Athen ein Misstrauensvotum gegen Premier Tsipras angekündigt. So ist noch nicht sicher, ob das Abkommen zwischen Griechenland und Mazedonien am Sonntag unterzeichnet wird.
    Das Misstrauen, der Widerstand sitzt tief und das seit so langer Zeit. Und dann kommt es auch noch auf den EU-Gipfel in zwei Wochen an, wie es weiter geht. Der mazedonische Premier hofft:
    "Wir sind überzeugt, dass der Rat im Juni 2018 die Beitrittsverhandlungen mit uns starten wird. Wir hoffen auf die Unterstützung aller Mitgliedsstaaten."
    Erweiterung der EU käme nicht gut an
    Aber große Länder, wie Frankreich, sind skeptisch. Erweiterungsdebatten kommen aber auch in anderen EU-Staaten gerade nicht gut an. Ohnedies würde die EU zunächst einen Kriterienkatalog mit 33 Verhandlungskapiteln vorlegen, welche Gesetzgebung an das geltende EU-Recht angepasst werden muss. Und erst, wenn die Staatengemeinschaft hier genug Fortschritte sieht, könnte ein Beitritt der "Republik Nord-Mazedonien" gelingen - Einstimmigkeit im Europäischen Rat vorausgesetzt.
    Das allerdings ist Zukunftsmusik. Jetzt, in der Gegenwart, geht erst einmal der Streit weiter, und es machen sich Wut und Skepsis in beiden Ländern Luft - in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und in Griechenland.