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Namibias Unabhängigkeit
Es begann mit dem Waffenstillstand

Zwei Jahrzehnte lang kämpfte die Befreiungsbewegung SWAPO gegen die südafrikanischen Besatzer des Apartheid-Regimes. Namibia geriet so zum Spielball im Ost-West-Konflikt: Die SWAPO wurde von der Sowjetunion und Kuba unterstützt, Apartheid-Südafrika von den USA. 1990 schließlich hatte das Gezerre um den afrikanischen Staat ein Ende.

Von Birgit Morgenrath | 21.03.2015
    Die Flagge Namibias
    Im Februar 1990 wurde eine demokratische Verfassung beschlossen, bereits am 21. März stand die Unabhängigkeit Namibias. (AFP - Karim Jaafar )
    Kurz nach Mitternacht sinkt die Fahne Südafrikas und die blau-rot-grüne Namibias steigt in den dunklen Himmel. Nach mehr als 100 Jahren Fremdbestimmung erringt Afrikas letzte Kolonie Namibia am 21. März 1990 ihre Unabhängigkeit. Tausende lauschen im Stadion von Windhoek den feierlichen Worten ihres neuen Präsidenten Sam Nujoma:
    "Ich werde mein Amt gemäß dem Geist und den Buchstaben der Verfassung ausüben, mit einer Politik der nationalen Aussöhnung, der Einheit, des Friedens und der Stabilität im Mutterland Namibia."
    Deutsch wurde als eine von drei Amtssprachen abgeschafft. Ein Erbe aus der Zeit als Kolonie "Deutsch-Südwestafrika", als die sogenannte Schutztruppe des Deutschen Reiches in einem brutalen Krieg 1894 einen Völkermord an den Herero und Nama verübte. Bis heute warten die Nachkommen auf eine offizielle Entschuldigung und eine angemessene Entschädigung.
    Ab den 60ern regte sich Widerstand
    Nach dem Ersten Weltkrieg hatte der Völkerbund Namibia unter UN-Mandat gestellt. Südafrika, der Treuhänder, profitierte von den reichen Bodenschätzen und führte die Apartheid ein: mit Rassentrennung, Homelands und massenhaften Zwangsumsiedlungen. In den 60er Jahren regte sich dagegen Widerstand. Junge Leute im Norden des Landes gründeten die Befreiungsbewegung SWAPO, die South West African People's Organisation.
    "Obwohl wir der Philosophie von Ghandi und Martin Luther King folgten, funktionierten diese friedlichen Mittel nicht, um unsere Unabhängigkeit zu erlangen. Also sagten wir uns: Lasst uns zu den Waffen greifen und mit den Kolonialherren in der Sprache sprechen, die sie verstehen", erzählt einer der SWAPO-Gründer, der heute 90-jährige Andimba Toivo ya Toivo.
    Das Apartheidregime ging mit aller Härte gegen die SWAPO vor. Im Ausland und im Inland. Erst 1978 - in den USA regierte Präsident Jimmy Carter – verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die entscheidende Resolution 435. Der finnische Diplomat und spätere Friedensnobelpreisträger Martti Ahtisaari wurde UN-Sonderbeauftragter:
    "Damit gab es einen Rahmenplan, falls die internationale Gemeinschaft Südafrika überzeugen könnte, sich zu bewegen und der UN zu erlauben, ins Land zu kommen und den Prozess bis zur Unabhängigkeit zu überwachen – wie das geschehen sollte, war in der Resolution genau festgelegt."
    Am 1. November 1988 trat Resolution 435 schließlich in Kraft. Angola, Kuba und Südafrika unterzeichneten einen Waffenstillstand. Der Truppenrückzug begann. 42.000 SWAPO-Anhänger kehrten nach Namibia zurück. Im Februar 1990 wurde eine demokratische Verfassung beschlossen. Und am 21. März wurde Namibia unabhängig. Seitdem regiert ununterbrochen die SWAPO. Sie erreichte politische Stabilität und einige Erfolge bei der Armutsbekämpfung. Aber Ressourcen und Lebenschancen sind extrem ungleich verteilt. Nun regt sich Protest gegen die "fat cats" der neuen Elite. Nur wenige SWAPO-Helden bleiben ihren Prinzipien treu, so wie Andimba Toivo ya Toivo:
    "Ich persönlich glaube an die Demokratie, nicht nur mit Worten, sondern in der Praxis. Wir in der SWAPO predigen Demokratie, aber praktisch sind wir keine demokratische Organisation mehr."