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NASA-Missionen jenseits vom Mars
Den Geheimnissen von Europa auf der Spur

Die US-Raumfahrtbehörde NASA ist durch freundlichen Druck von Abgeordneten zu der Erkenntnis gelangt, dass unser Sonnensystem weiter draußen durchaus interessant sein könnte. Im Blick ist dabei auch der Jupiter-Mond Europa, unter dessen Eiskruste ein ganzer Ozean vermutet wird.

Von Guido Meyer | 03.02.2016
    Ein überarbeitetes Bild des Mondes Europa, der den Jupiter umkreist. Aufgenommen von der NASA-Raumsonde "Galileo" Ende der 90er-Jahre.
    Ein Bild des Mondes Europa, der den Jupiter umkreist. Aufgenommen von der NASA-Raumsonde "Galileo". (picture alliance / dpa / EPA / NASA/JPL)
    All diese Welten sind euer – außer Europa. Versucht nicht, dort zu landen!
    Eine klare Vorgabe einer ziemlich unklaren außerirdischen Intelligenz in Arthur C. Clarkes Science-Fiction-Klassiker "2010 – Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen". Diese Warnung bezieht sich auf den Mond Europa, einer von 67 Begleitern des Planeten Jupiter. Dieser Mond ist fast so groß wie der Mond der Erde, verfügt aber über einen völlig anderen Aufbau. Unter einer kilometerdicken Eisschicht vermuten Geologen einen flüssigen Ozean, der den gesamten Mond umspannt. Doch selbst derart lebensfreundliche Bedingungen halfen bislang nicht: Irgendwie konnte die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA die Warnungen Arthur C. Clarkes nicht vergessen.
    "Jeden würden die wissenschaftlichen Ergebnisse einer Mission zu Europa interessieren. Wir bei der NASA sind aber sehr vorsichtig, bevor wir uns für ein Projekt entscheiden. Wir müssen seine Finanzierung sicherstellen, wir müssen die Herausforderungen einer Mission erkennen und bewältigen können. Und was eine Raumsonde zu Europa angeht, sah sich die NASA dazu bis vor Kurzem nicht in der Lage."
    Mission auf Weisung von oben
    Curt Niebur ist der Leiter des New Frontier Programms am Hauptsitz der NASA in Washington, D.C. Darunter fasst die US-Raumfahrtbehörde künftige Missionen zusammen – wie eben die erste Sonde zum Jupiter-Mond Europa. Dass es nun endlich dazu kommt, liegt an der Einmischung der Politik. Denn selbst der amerikanische Kongress war es im vergangenen Jahr leid, dass die NASA ein Europa-Projekt seit Jahrzehnten bremst, dafür aber wieder und wieder Sonden zum Mars schießt. Und so hat das US-Repräsentantenhaus die NASA damit beauftragt, eine entsprechende Europa-Sonde zu entwickeln. Dafür gibt es mit fast 200 Millionen Dollar allein für dieses Jahr sogar mehr Geld als von der NASA gefordert. Und siehe da: Auf einmal ist eine solche Mission kein Problem mehr.
    "Wir haben die komplexen Anforderungen einer solchen Mission jetzt im Griff. Auch die Kosten können wir jetzt überschauen. Es ist unser festes Ziel, solch eine Mission umzusetzen."
    Schon in sechs Jahren soll die Sonde startklar sein. Sie wird den Planeten Jupiter umkreisen und dabei 40 Mal an seinem Mond Europa vorbei fliegen. Dabei wird sie sich ihm auf nur 25 Kilometer nähern. Kameras an Bord sollen Bilder der vereisten Oberfläche aufnehmen. Spannender aber dürfte die Suche nach dem werden, was sich darunter befindet, glaubt Bob Pappalardo, Projektwissenschaftler der Mission am Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Kalifornien.
    Nur vorbeifliegen oder landen?
    "Europa umkreist Jupiter auf einer elliptischen Umlaufbahn. Sie führt ihn manchmal ein wenig näher an den Planeten heran und dann wieder etwas weiter weg. Die Anziehungskraft des massereichen Jupiters streckt den Mond in die Länge, wenn er sich nahe an dem Riesenplaneten befindet. Verfügt Europa über einen flüssigen Ozean unter dem Eis, sollte seine Oberfläche sich um dreißig Meter ausdehnen. Die Eiskruste würde also um 30 Meter angehoben. Gibt es kein Wasser, wird der Mond sich nur um etwa einen Meter ausdehnen."
    Auch einen Lander soll die Sonde auf dem Mond absetzen. Dies ist ebenfalls eine "Anweisung von oben", vom amerikanischen Kongress. Doch auch hier ziert die NASA sich: Vielleicht reiche es ja aus, durch mögliche Geysire hindurch zu fliegen, so wie es die Raumsonde "Cassini" mehrmals bei den Geysiren des Saturn-Mondes Enceladus vorgemacht hat. Dies würde vielleicht auch die Auflagen des Kongresses erfüllen. Nach wie vor also schreckt die NASA vor allzu großer Annäherung an Europa zurück – und das zu Unrecht, findet Bob Pappalardo vom JPL.
    "Wir hatten vor ungefähr zwanzig Jahren mal ein Treffen mit Arthur C. Clarke. Dabei hat er uns sozusagen die 'Erlaubnis' gegeben, Europa zu erforschen. Wir haben dort also wahrscheinlich nichts zu befürchten."