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NASA
Per Anhalter durch die Galaxis

Wissenschaftler der NASA arbeiten an einer neuen Methode, um Kometen zu erforschen. Die Landung soll nicht mithilfe von Bremsraketen funktionieren, sondern sehr archaisch mit Harpune und Seil.

Von Haluka Maier-Borst | 15.10.2015
    Daumen raus und die Welt erkunden. So funktioniert das Trampen auf der Erde. Doch tatsächlich gibt es auch Ideen, wie Raumsonden per Anhalter durch die Galaxis reisen könnten. Wie dieses kosmische Trampen funktionieren könnte, erklärt Masahiro Ono vom Jet Propulsion Lab der NASA.
    "Anstatt eine Rakete zu nutzen, schießt die Hitchhiker-Sonde eine Harpune mit Seil auf ein Ziel. Das könnte zum Beispiel ein Komet sein. Sobald die Harpune im Kometen steckt, ist der Komet über die Harpune und das Seil mit der Sonde verbunden. Und somit kann sich die Sonde nach und nach an den Kometen heranziehen und dann auf ihm mitreisen und ihn erforschen. Natürlich darf das Heranziehen nicht zu ruckartig geschehen, weil das Seil sonst sofort reißt. Bevor man also das Seil festzurrt und sich heranzieht, lässt man es erst mal laufen."
    Kosmisches Trampen
    Ganz ohne Raketenantrieb würde das kosmische Trampen trotzdem nicht funktionieren. Die Hitchhiker-Sonde müsste nach wie vor per Antriebsrakete von der Erde aus starten. Sobald sie allerdings im All ist und nah genug an einen Kometen herankommt, könnte das kosmische Trampen beginnen.
    "Die Idee ist futuristisch. Und verrückt."
    Bislang braucht man für die Landung auf einem Kometen ein kompliziertes Manöver, Bremsraketen und eine Menge Treibstoff. Bei der Rosetta-Mission musste sich der Lander Philae über Tage im Schritttempo dem Kometen Tschurjumov-Gerassimenko nähern. Mit der Harpune ginge das deutlich einfacher und treibstoffsparender.
    Harpunenmanöver erfordert Fingerspitzengefühl
    Dieser Vorteil hat auch eine Kommission der NASA überzeugt. Im Rahmen des NIAC-Programms, das außergewöhnliche Ideen fördert, gab sie Masahiro Ono neun Monate Zeit seine Idee auszuarbeiten.
    "In den letzten neun Monaten haben wir uns mathematisch und physikalisch mit der Machbarkeit auseinandergesetzt. Das heißt, wir haben mit Simulationen berechnet, welche Belastungen Harpune und Seil standhalten müssen. Und wir sind zum Ergebnis gekommen, dass ein Seil aus Kevlar oder Zylon, also Materialien, die wir heute schon verwenden, Geschwindigkeitsunterschiede von 1.5 Kilometer pro Sekunde auszuhalten."
    Im Klartext: Die Sonde könnte mit umgerechnet 5.000 km/h an einem Kometen vorbeisausen und sich dennoch dank Harpune an dem kosmischen Brocken festklammern.
    Ein verrücktes Projekt
    Kollegen wie der Ingenieur Koen Geurts vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt finden die Idee spannend. Allerdings gibt er zu Bedenken, dass bei dem Harpunenmanöver viel Fingerspitzengefühl gefragt sein wird.
    "Ich weiß zum Beispiel nicht, wie präzise diese Harpune abgefeuert werden kann. Das ist aber wichtig, weil das darüber bestimmt, wo die Sonde landet. Es reicht nicht einfach nur den Kometen zu treffen. Die Harpune muss so präzise sein, dass man ein genaues Gebiet trifft, das nicht zu schroff ist, um darauf zu landen."
    Noch ist die Hitchhiker-Sonde nur ein verrücktes Projekt. Doch Masahiro Ono hofft, dass die NASA seine Idee im nächsten Jahr weiter fördert. Dann könnten auch die ersten Schussübungen mit einem Prototyp der konzipierten Harpune anstehen.