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National Convention
Trump - Schrecken der traditionellen Republikaner

Auf der Republican National Convention wird ihr Kandidat für die US-Präsidentschaft endgültig festgelegt. In diesem Jahr könnte es zu mehreren Wahlgängen kommen und im Zweifel könnte ein umstrittener Donald Trump mit relativer oder absoluter Mehrheit zum Kandidaten gekürt werden, zum Leidwesen viele Republikaner.  

Von Marcus Pindur | 28.04.2016
    Donald Trump und Ted Cruz während einer Debatte in Las Vegas.
    Gegen Donald Trump wird aller Voraussicht nach Nur Ted Cruz bei den Republikanern antreten (Ruth Fremson / Pool, dpa picture-alliance)
    Bis weit in die 1960er-Jahre bestimmten die Parteieliten, die sogenannten power broker, einflussreiche Parteifunktionäre, den Ausgang der convention, der präsidentiellen Nominierungsparteitage. Sie schoben Delegierte und Delegationen wie Schachfiguren hin und her, und konnten sich in der Regel auf den Rückhalt ihrer politischen Truppen verlassen. Seit den 1960er-Jahren ist dies anders: Die Präsidentschaftsanwärter durchlaufen einen monatelangen Vorwahlprozess, in dessen Verlauf dann einer die Mehrheit der Delegierten gewinnt und auf dem Nominierungsparteitag nur noch gekürt wird. Diesmal könnte es anders kommen.
    Der Immobilienmilliardär Donald Trump liegt zwar deutlich vorne, aber ob er die nötige Mehrheit von 1237 Stimmen auf der republikanischen convention im Juli bekommt, ist alles andere als klar.
    Ohne power broker keine klare Mehrheit
    Der Politikwissenschaftler Norman Ornstein vom American Enterprise Institute, einem Washingtoner Think Tank meint, dass es bei den Republikanern keine einflussreichen Parteigrößen mehr gibt, die Mehrheiten aushandeln könnten .
    "Wir haben solche politischen Führer nicht mehr. Es könnte deswegen eine convention mit offenem Ausgang geben, in der keiner eine klare Mehrheit hat, mit vielen Wahlgängen. Keine power broker bedeutet: mehr Chaos."
    Die republikanische Führungselite ist mit einem Aufstand eines Teiles der Basis konfrontiert, den sie nicht eindämmen kann, und deren Sprachrohr Donald Trump ist. Die Vorstellung, dass Trump die Nominierung gewinnen könne, erfüllt viele traditionelle Republikaner mit Schrecken.
    Trump ist für Republikaner unberechenbar
    "Zum einen sehen sie in Donald Trump jemanden, der außer Kontrolle ist. Außerdem hat er die schlechtesten Beliebtheitswerte bei der Gesamtwählerschaft. Das könnte dazu führen, dass die Wähler auch andere republikanische Kandidaten, für das Repräsentantenhaus und den Senat, abstrafen. Und das könnte sie die Mehrheit im Kongress und in vielen Bundesstaaten kosten."
    Was es den meisten konservativen Republikanern schwer macht, sich eine Trump-Kandidatur vorzustellen, ist, dass sie befürchten, dass er die politische Marke der Republikaner beschädigen würde.
    "Die konservativeren Elemente der republikanischen Partei halten ihn nicht für einen der Ihren. Seine Ansichten zur Gesundheitsorganisation Planned Parenthood oder zur Nato stimmen nicht mit den klassischen republikanischen Positionen überein."
    Doch falls Trump auf dem Parteitag eine absolute – oder auch nur eine relative - Mehrheit zustande bringen würde, dann, so Norman Ornstein, bleibe dem republikanischen Establishment nicht viel anderes über, als die Zähne zusammenzubeißen und mit Trump ins Rennen zu gehen. Anderenfalls drohe die Republikanische Partei, auseinanderzufallen. Falls Trump die Nominierung verweigert würde, obwohl er die meisten Stimmen auf sich vereint habe, dann könnte er auch als Unabhängiger Kandidat in die Wahl gehen und die republikanische Wählerbasis spalten.
    Das Duell der Radikalkonservativen
    Viele Republikaner haben den Verlauf ihrer Vorwahl als Albtraum erlebt. Die moderateren Kandidaten wie etwa Jeb Bush und Marco Rubio sind unrühmlich auf der Strecke geblieben. Am Schluss bleiben der radikalkonservative Ted Cruz, Senator aus Texas und der Rechtspopulist Donald Trump übrig. Der als moderat eingeschätzte John Kasich, Gouverneur von Ohio, könnte bestenfalls eine Rolle als Zünglein an der Waage spielen. Die Wahrscheinlichkeit, dass in letzter Minute ein Kompromisskandidat eingeflogen und gekürt werden könnte, ist gering. Der von vielen bevorzugte Kandidat dafür, Paul Ryan, der Sprecher des Repräsentantenhauses und ehemalige Vizepräsidentschaftskandidat, hat bereits unmissverständlich abgesagt.
    Und überdies wäre es den Delegierten und den Wählern kaum zu vermitteln, dass plötzlich jemand gekürt werden sollte, der keinen einzigen Tag damit verbracht hat, um ihre Stimme zu werben. Das wäre eine Zerreisprobe für die Republikaner, meint der Journalist Sasha Issenberg von Bloomberg Politics.
    "Es würde alles bestätigen, was Donald Trump über das Parteiestablishment gesagt hat. Es wäre tatsächlich dann so, dass eine Elite ihren Einfluss nutzt, um ihre Macht zu behalten und einen von ihr bevorzugten Kandidaten einzusetzen. Und das gegen einen Kandidaten, der zum Parteitag nicht nur die meisten Delegierten, sondern auch zehn bis 15 Millionen Stimmen mitbringt. Und denen würde man dann im Grunde sagen, dass ihre Stimme nicht zählte, weil das Ergebnis der Parteihierarchie nicht gepasst hat."
    Dieser Logik zufolge ist eine Nominierung Trumps also auch dann wahrscheinlich, wenn er die absolute Mehrheit knapp verpasst.
    Ted Cruz und seine Strategie gegen Trump
    Doch Ted Cruz' Kalkül sieht anders aus. Cruz kann Trump nicht mehr einholen. Aber: Er kann versuchen, Trump so viele Stimmen abzunehmen, dass es nicht mehr für die absolute Mehrheit reicht. Dann, so Cruz Kalkül, wären mehrere Wahlgänge nötig. Mit jedem Wahlgang würden laut Abstimmungsregeln mehr Delegierte aus ihrer Bindung an einen Kandidaten entlassen. Cruz zählt darauf, dass die Mehrheit dieser freigewordenen Delegierten sich dann in einem späteren Wahlgang für ihn und nicht für den bei vielen Parteisoldaten unbeliebten Trump entscheidet. Ob dieses Kalkül aufgeht, ist völlig unklar. Ob die republikanische Partei ein solches Manöver überleben würde, ist ebenso unklar.