Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Nationaler Bildungsbericht
Soziale Schere in den Schulen

Kein gutes Zeugnis für die Schulen in Deutschland. Noch immer hängt der Bildungserfolg maßgeblich von der sozialen Herkunft ab. Nur knapp ein Viertel der Kinder von Eltern ohne Abitur schaffen es auf die Universitäten. Auch an anderen Stellen verteilt der Nationale Bildungsbericht schlechte Noten.

Von Claudia van Laak | 22.06.2018
    Nordrhein-Westfalen, Köln: Kinder lesen im Leseclub der Katholischen Grundschule Kapitelstrasse.
    Nach wie vor hängt der Bildungserfolg in Deutschland stark von der sozialen Herkunft ab (picture alliance / dpa / Oliver Berg)
    Die Nachfrage nach Bildung steigt - immer mehr Kinder besuchen bereits früh eine Kita, immer mehr Jugendliche machen Abitur und schließen danach ein Studium an - aber auch Ältere bilden sich stärker weiter als früher. Der nationale Bildungsbericht zählt insgesamt 17,1 Millionen Bildungsteilnehmer - für die zuständige Bundesministerin Anja Karliczek, CDU, ein gutes Zeichen:
    "Bildung lohnt sich, für den einzelnen und die gesamte Gesellschaft, und wir wollen gemeinsam dazu beitragen, dass es noch besser wird."
    Bildung hat einen positiven Einfluss auf gesellschaftliche und politische Teilhabe - so ein weiteres wichtiges Ergebnis des heute vorgelegten Berichts.
    "Mit höherer Bildung steigt das Interesse an gesellschaftlichen Belangen und auch an politischem Engagement, und, das finde ich auch wichtig, auch gesundheitsbewusstes Verhalten verbessert sich mit höheren Bildungsabschlüssen."
    Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) während der Haushaltsdebatte im Bundestag
    Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) (dpa-Bildfunk / Soeren Stache)
    Soziale Herkunft entscheidend
    In einem wichtigen Punkt hinkt Deutschland allerdings international seit Jahren hinterher - nach wie vor ist der Bildungserfolg stark von der sozialen Herkunft abhängig. Kai Maaz vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung nennt die aktuellen Zahlen:
    "Haben Eltern einen Hochschulabschluss, studieren knapp 80 Prozent der Kinder, haben die Eltern hingegen einen Abschluss im Bereich der beruflichen Ausbildung, sind es mit 24 Prozent deutlich weniger. Also eine Diskrepanz, die seit vielen Jahren konstant geblieben ist und sich nicht verkleinert hat."
    Chancengerechtigkeit bleibe ein wichtiges Ziel auch ihrer Bildungspolitik, so Bildungsministerin Karliczek, dieses Ziel sei allerdings nicht kurzfristig erreichbar. Der Präsident der Kultusministerkonferenz Helmut Holter forderte in diesem Zusammenhang vom Bund ein Sonderprogramm für Brennpunktschulen - Schülerinnen und Schüler dort müssten besonders gefördert werden, damit sie die Lernrückstände aufholen könnten.
    Berufliche Bildung über Jahre vernachlässigt
    In einem Punkt sind sich die CDU-Bundesministerin und der linke Thüringer Bildungsminister einig - lange Jahre habe man darauf hingearbeitet, die Zahl der Abiturienten und Studienanfänger zu erhöhen und dabei die berufliche Bildung aus dem Blick verloren.
    Der Landtagsabgeordnete der Linken im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, Helmut Holter, fotografiert am 04.07.2017 in Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern). Holter übernimmt von der seit Monten erkrankten Thüringer Bildungsministerin Klaubert (Linke) das Amt. Holter, der acht Jahre Regierungserfahrung in Mecklenburg-Vorpommern hat, soll die angekündigten Reformen in der Bildungspolitik umsetzen. Nach Angaben der Staatskanzlei wird Holter in der nächsten Landtagssitzung nach der parlamentarischen Sommerpause - voraussichtlich am 30. August - als Minister für Bildung, Jugend und Sport des Landes Thüringen vereidigt. 
    Helmut Holter (Die Linke), Bildungsminister in Thüringen und Präsident der Kultusministerkonferenz (picture alliance / dpa / Jens Büttner)
    Nicht jeder müsse Abitur machen, so der Präsident der Kultusministerkonferenz Helmut Holter:
    "Dass auch über den Hauptschul- und den Realschulabschluss erfolgreiche Bildungs- und Erwerbsbiographien gegangen werden können. Ich möchte ausdrücklich für diesen Bereich werben und auch deutlich machen, dass die berufliche Bildung, ob duale Ausbildung oder die vollzeitschulische berufliche Ausbildung, ein erfolgreicher Berufsweg und damit auch Familienplanung gegangen werden kann. Das ist leider in der Vergangenheit in den Schatten gerückt worden."
    Folgende Themen sind für die Autoren des Bildungsberichts in den nächsten Jahren besonders wichtig: die zunehmende Vielfalt in Kindergärten und Schulen - Stichwort Inklusion und Migration - eine Benachteiligung der ländlichen Räume und nicht zuletzt das Personal. Der zentrale Faktor für ein leistungsfähiges Bildungssystem seien genügend gut ausgebildete Fachkräfte.
    Der Appell der Wissenschaftler an die Bildungspolitiker von Bund und Ländern: mehr Zusammenarbeit und die Verständigung auf gemeinsame Qualitätsstandards.