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Neid ist nicht gleich Neid

Neid ist ein verbreitetes Gefühl in unserer Gesellschaft. Oft geht beim Neid auf den Nachbarn, der ein größeres Auto fährt, Missgunst und Gehässigkeit einher. Niederländische Psychologen haben eine freundliche Form des Neids untersucht.

Von Jochen Steiner | 20.09.2011
    "Ich bin neidisch auf alle anderen Studienbewerber, die jetzt schon einen Studienplatz bekommen haben."

    "Ich kann mich erinnern, dass ich als Kind neidisch war auf andere Kinder im Kindergarten, wahrscheinlich wegen Spielzeug oder so."

    "Ich bin neidisch auf andere Frauen, andere Mütter, es gibt viele Gründe neidisch zu sein, oder?"

    Da ist was dran, denn mal ehrlich: Jeder von uns war doch schon mal neidisch auf jemand anderen. Für den niederländischen Psychologen Dr. Niels van de Ven von der Universität Tilburg ist aber Neid nicht gleich Neid.

    "Ich unterscheide zwischen einer bösartigen und einer freundlichen Form des Neids. Generell ist es so, dass Neid dazu beitragen kann, einen Unterschied zu jemand anderem auszugleichen, der besser ist als man selbst. Bei der bösartigen Form geschieht dies, indem ich mein Gegenüber runtermache, wenn ich zum Beispiel Gerüchte über ihn verbreite. Der freundliche Neid hingegen steigert meine Motivation, selbst besser zu werden."

    Die positiven Auswirkungen dieses freundlichen Neids auf die Motivation von Menschen haben Niels van den Ven und seine Kollegen jüngst erforscht, denn darüber war bislang nichts bekannt.

    "Das Wichtigste war für mich die Idee zu bestätigen, dass der freundliche Neid die Menschen motivieren kann, und dieser Effekt ist sehr deutlich. Aber was uns außerdem erstaunt hat ist die Tatsache, dass Bewunderung nicht motiviert. Viele denken, Bewunderung ist ein solch positives Phänomen und motiviert, so zu sein wie das Vorbild, aber wir haben bei Versuchen herausgefunden, dass Bewunderung die Leistung nicht steigern kann."

    Für die Versuche sollten sich Studierende an jemanden erinnern, auf den sie sehr neidisch sind. Anschließend hatten sie Denkaufgaben zu lösen. Es stellte sich heraus, dass diejenigen Studierenden, die den freundlichen Neid verspürten, besser bei den Denkaufgaben abgeschnitten hatten als diejenigen, die den bösartigen Neid verspürten. Doch wann kommt der freundliche, wann der bösartige Neid in uns hoch?

    "Wir haben Folgendes herausgefunden: Wir verspüren bösartigen Neid wenn wir glauben, der andere habe etwas nicht verdient. Freundlichen Neid empfinden wir wenn wir denken, der andere habe seinen Vorteil verdient."

    Wenn wir uns also eingestehen, der andere habe ja schwer für seinen Vorteil gearbeitet, dann nützt diese Einstellung uns selbst und für so manche Aufgabe wären wir motivierter. In einer freundlichen Form neidisch zu sein, etwa auf den Freund, der besser Fußball spielt, kann uns anspornen, dass wir selbst härter trainieren. Dieser freundliche Neid kann dann aber auch in anderen Bereichen, zum Beispiel im Beruf motivieren, vermutet Niels van de Ven. Die Leistungssteigerung durch freundlichen Neid funktioniert allerdings nur, wenn die Lücke zwischen uns und dem Beneideten nicht zu groß ist.

    "Sie wären wohl kaum auf Arjen Robben neidisch, weil er bei Bayern München spielt, sondern eher auf den Spieler in ihrer Mannschaft, weil er zum Kapitän oder in die erste Mannschaft aufgestiegen ist."

    Eine Person jedoch, die für Fußball nichts übrig hat, wird wohl kaum auf jemanden neidisch sein, weil dieser gut Fußball spielen kann. Neid könne also nur in den Bereichen vorkommen, die für uns persönlich relevant sind, sagt Psychologe van de Ven. Freundlicher Neid – das klingt positiv, aber es bleibt doch ein Gefühl, das uns nicht fröhlicher, aber motivierter machen kann. Wem die Motivation nicht so wichtig ist, dafür aber ein gutes Gefühl, der sollte sich lieber ein Idol aussuchen. Das kann er dann gut gelaunt bewundern.