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Nervöse Finanzmärkte vor Wahlsonntag in Athen

Keine Atempause in Madrid, weiter Bangen in Rom: Italien muss für neue Milliarden mehr bieten als bislang und Spanien leidet nach der Herabstufung durch die Rating Agentur Moody´s unter deutlich gestiegenen Renditen für seine Staatspapiere. Damit bleibt die Lage an den Finanzmärkten kurz vor der brisanten Neuwahl in Griechenland weiter angespannt.

Von Michael Braun | 14.06.2012
    Die gewünschten 4,5 Milliarden Euro sind zusammengekommen, neue Schulden, um alte Schulden zu tilgen. Aber Italien musste deutlich mehr zahlen: für die neuen Anleihen mit drei Jahren Laufzeit statt bisher 3,9 nun 5,3 Prozent. Für Papiere mit sieben und acht Jahren Laufzeit wurden Rom 6,1 Prozent abverlangt.

    Kräftige Renditeaufschläge heute auch bei spanischen Papieren. Nachdem die Ratingagentur Moody´s die Kreditwürdigkeit Spaniens um gleich drei Stufen und nahe an Ramschniveau gesenkt hatte, fielen die Kurse und stieg die Rendite spanischer Staatsanleihen. Die mit zehn Jahren Laufzeit kamen mit knapp sieben Prozent den höchsten Stand seit Einführung des Euro. Da fiel es kaum mehr ins Gewicht, dass auch Zyperns Bonität herabgestuft wurde. Denn das zypriotische Bankensystem ist eng mit dem griechischen verknüpft. Burghard Allgeier, Chefvolkswirt bei Hauck & Aufhäuser zu den Gründen der hohen Renditen:

    "Natürlich die Sorge um den Ausgang der griechischen Wahl am Sonntag. Dan auch die Soge um Spanien: Es gab dort die Herabstufung. Und dann springt eben auch dieser Funke rüber auf Italien, wo man sich fragt: Ist Italien nicht das nächste Land, das einer Hilfe bedarf? Und natürlich hat auch Monti selber ein bisschen Öl ins Feuer geschüttet, als er sagte, dass die Reformen ja doch nicht so verlaufen, wie er sich das gewünscht hätte, dass es noch Defizite gibt. Und das hat natürlich dann für Verunsicherung an den Märkten gesorgt."

    Zeitgleich mit solchen Sorgen haussierten in Griechenland gerade die Bankaktien, schossen um rund 20 Prozent nach oben, der Marktindex Athex um knapp zehn Prozent. Der Grund: Gerüchte wollten wissen, die Wahl am Sonntag werde die europafreundlichen und sparwilligen Parteien als Gewinner sehen.

    In Frankfurt blieb die Skepsis. Hier wurde über die Möglichkeit nachgedacht, der Euro fliege den Euroländern um die Ohren. Ein Griechenland, dem der Geldhahn zugedreht werde, eine EU, die für Spanien und womöglich Italien nicht noch weitere, noch höhere Brandmauern und Rettungsschirme aufspannte, eine EZB, die sich weigerte, unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen, eine Lage also, in der der Finanzmarkt sich selbst überlassen bliebe - das stellten sich Markteilnehmer vor. Burghard Allgeier über das, was dann passieren dürfte:

    "Das Bankensystem käme insgesamt noch mal ins Wackeln. Kreditvergaben würden gedrosselt werden. Es würde allgemeine Unsicherheit unter Investoren und Konsumenten herrschen. Man schiebt und stoppt Ausgabenpläne. Wahrscheinlich würde solch eine Schockstarre wie nach der Pleite von Lehman Brothers eintreten. Also auch hier deutliche Bremsspuren in der globalen Konjunktur."

    Ganz glauben wollen die Märkte an dieses Szenario aber nicht. Sonst wäre der Euro nicht gestiegen und der Aktienmarkt sehr viel deutlicher eingekracht. Doch die steigenden Renditen für Staatsanleihen gemahnen: Die Schuldenpolitik sollte ein Ende haben.