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Neue Autobahnen für den Strukturwandel

Eine neue Autobahn zwischen Magdeburg und Schwerin soll die strukturschwache Region der Altmark aufwerten. Doch der Bau ist umstritten. Auch andere Straßenbauprojekte stoßen auf Widerstand. Kritiker fordern statt Neubauten den Erhalt bestehender Straßen.

Von Anja Nehls | 27.02.2013
    Die Altmark in Sachsen-Anhalt ist ein sogenanntes strukturschwaches Gebiet. Wenig Industrie, viel Natur, dünn besiedelt. Eine Autobahn könnte helfen – so die Idee der Planer der A14. 155 Kilometer neue Autobahn zwischen Magdeburg und Schwerin – für vermutlich nur 15.000 Autos täglich. Das kann Sinn haben, sagt Klaus Reindl vom ADAC:

    "Nur muss man dann immer auch an die Menschen denken, die in diesem Bereich wohnen, die dann möglicherweise auch ein Anrecht darauf haben, eine leistungsfähige Strecke zu bekommen. Entlang der A14 da wäre das möglicherweise ein Grund, warum man da diese Autobahn baut, um dort Gewerbe um dort Industrie anzusiedeln."

    Ein Plan, der nicht aufgehen wird, sagen die Kritiker vom BUND. Nicht in der Altmark und nicht anderswo. An der Ostseeküste in Mecklenburg Vorpommern gibt es nämlich schon die Küstenautobahn A20. Werner Reh vom BUND kann aber keine Aufwertung der Region erkennen:

    "Die Erfahrung zeigt, dass das genau nicht passiert, dass im Gegenteil die starken Metropolen oder die zentralen Orte eine Sogkraft entwickeln und dort die Bevölkerung eher wegzieht. Die Fachkräfte sind dann die Ersten, die gehen eben sehr schnell nach Hamburg und suchen dort ihre Arbeitsplätze. Das hilft der Region nicht, man muss andere Strategien der Regionalentwicklung machen."

    Deshalb ist die geplante Fortführung der A20 Richtung Westen 200 Kilometer entlang der deutschen Nordseeküste genauso sinnlos, zumal sie mitten durch wichtige Natur- und Vogelschutzgebiete führen würde, meint der BUND – und auch der ADAC hält diese Autobahn für diskussionswürdig. Klaus Reindl kann sich aber auch Alternativen vorstellen:

    "Es muss auch nicht immer und überall eine Autobahn sein, es geht zum Beispiel oft auch eine Bundesstraßenlösung, in dem ich dann streckenweise immer wieder Überholabschnitte habe, also die sogenannte zwei-plus-eins-Lösung."

    Statt Straßen neu zu bauen, müssen bestehende erhalten werden, fordert der BUND. Von fünf Milliarden Euro, die derzeit jährlich für den Straßenbau zur Verfügung stehen, sollten nicht wie bisher die Hälfte, sondern mindestens 3,5 Milliarden Euro für Reparaturen an Straßen und Brücken ausgegeben werden. Auch das Bundesverkehrsministerium setzt in seiner neuen Grundkonzeption auf Straßenerhalt statt Neubau und auf Schiff und Bahn.

    Besonders in den Städten fordert der BUND aber ein noch radikaleres Umdenken, ein Konzept, das sämtliche Verkehrsmittel, wie auch ÖPNV und Fahrrad, berücksichtigt. Beispiel Berlin: Hier soll ein 6,3 Kilometer langer Autobahnneubau mitten in der Stadt mehr als eine Milliarde Euro kosten. Ein sinnloses Projekt, das keinesfalls zu weniger Staus führt, sagen die einen - ein wichtiger Lückenschluss, der irgendwann eine komplette Umfahrung des Zentrums möglich macht, sagen die anderen. Klaus Reindl vom ADAC:

    "Also man braucht ganz sicherlich den einen oder anderen Lückenschluss, man braucht die eine oder andere Ortsumfahrung, es ist wirklich wichtig auch für die Menschen, die dort wohnen, also da wird es sicherlich erforderlich sein, dass man Umfahrungen baut."

    Jedenfalls solange es sich nicht um Prestigeprojekte einzelner Lokalpolitiker handelt. Das Bundesverkehrsministerium muss jetzt den verkehrlichen Nutzen der einzelnen Anträge gegen Umwelt- und Wirtschaftlichkeitsbedenken abwägen. 2015 gibt es einen neuen Bundesverkehrswegeplan. Die Weichen dafür werden jetzt gestellt.