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Neue britische Premierministerin
Premiere für Theresa May in Brüssel

Theresa May nimmt ab heute erstmals an einem EU-Gipfel teil - um ihre europäischen Noch-Partner zu treffen. Als Innenministerin erwarb sie sich den Ruf, eine Hardlinerin zu sein. Beim Brexit bleibt sie vage. Was aber will Theresa May wirklich? Selbst überzeugte Europäer werden aus ihr nicht ganz schlau.

Von Friedbert Meurer | 20.10.2016
    Theresa May verlässt Downing Street Nr. 10.
    Theresa May, die Premierministerin, gibt wenig bis nichts preis, was sie wirklich denkt. (picture alliance / dpa / Facundo Arrizabalaga)
    Theresa May vor dem Abflug nach Brüssel – fast dürfte sie sogar erleichtert sein, die britische Hauptstadt zu verlassen und die europäischen Noch-Partner zu treffen. Zuhause tobt der Kampf um einen harten oder weichen Brexit. In ihrer Fraktion rumort es gewaltig wegen des Flughafens Heathrow, der wohl ausgebaut werden soll. Wichtige Parteifreunde haben ihren Wahlkreis in der Einflugschneise und wehren sich gegen eine weitere Start- und Landebahn.
    Im Wahlkreis Richmond droht der konservative Unterhausabgeordnete Zac Goldsmith mit Rücktritt, wenn Heathrow ausgebaut wird. Weitere Abgeordnete könnten folgen, die Mehrheit der Tories im Parlament würde schrumpfen. Theresa May hat die Entscheidung noch einmal verschoben. Sie ist vorsichtig.
    May wägt ihre Worte sehr genau ab
    "Ich weiß nicht, was Theresa May wirklich denkt", sagt der Politikwissenschaftler Anand Menon vom King's College. Er bezieht die Aussage auf die bevorstehenden Verhandlungen zum Austritt aus der EU. "Ja, sie will uns in Richtung eines harten Brexit schieben."
    Theresa May, die Premierministerin, gibt wenig bis nichts preis, was sie wirklich denkt. Die Entscheidung über Heathrow wurde schon wieder verschoben, und beim Brexit bleibt sie vage. May wägt ihre Worte sehr genau ab, gibt nichts vor, auf das sie später festgenagelt werden könnte. Am deutlichsten war sie noch auf dem Parteitag der Konservativen in Birmingham. Dort gab sie die Hardlinerin, um die Brexiteers hinter sich zu bringen. "Ob die Leute es mögen oder nicht. Das Land hat sich dafür entschieden, die EU zu verlassen. Und das werden wir auch tun. Wir wollen ein völlig unabhängiges, souveränes Land werden , das nicht länger zu einer politischen Union gehört mit supranationalen Institutionen, die unsere Parlamente und Gerichte überstimmen können."
    Im Notfall die Atombombe zünden?
    Als Innenministerin erwarb sie sich den Ruf, eine Hardlinerin zu sein. Im Unterhaus- als sie Premierministerin war, wurde sie gefragt, ob sie bereit sei, den roten Knopf zu drücken, um die Atombombe zu zünden: "Ja", lautete ihre klare und schnelle Antwort. "Bei der Abschreckung geht es darum, dass unsere Feinde wissen müssen, dass wir bereit wären, unsere Nuklearwaffen zu benutzen."
    In Brüssel beim EU-Gipfel werden sich die Gespräche auch um Syrien und Russland drehen. Den Hardliner in Großbritannien gibt da im Moment Außenminister Boris Johnson, nicht Theresa May. Johnson brachte ins Gespräch, die NATO könne syrische Helikopter abschießen – wohlgemerkt nicht russische –, die Fassbomben auf Zivilisten abwerfen. "Öffentlich zugängliche Satellitenaufnahmen lassen keinen Zweifel zu, dass der UNO-Konvoi aus der Luft getroffen wurde. Nach verfügbarer Beweislage ist Russland für diese Abscheulichkeit verantwortlich."
    Brexiteers als auch EU-Befürworter setzen auf May
    Schnell ließ die Premierministerin erkennen, dass sie eher keine Wiedergeburt der Eisernen Lady Margret Thatcher ist. Es gebe keine militärischen Pläne, korrigierte sie Johnson. Man glaube an eine politische Lösung.
    Auf Theresa May, die mal hart, aber dann wieder überlegt und konziliant erscheint, ruhen jetzt die Hoffnungen beider Seiten in Großbritannien. Die Brexiteers setzen auf sie. Die EU-Befürworter aber auch. Was aber will Theresa May wirklich? Selbst das konservative Urgestein Kenneth Clarke, ein überzeugter Europäer, wird aus Theresa May nicht ganz schlau: "Theresa ist eine verdammt schwierige Frau, aber wir kennen ja noch Margret Thatcher", scherzte Clark vor einiger Zeit, als das Mikrofon noch lief. Das hieß: So knallhart wie die Eiserne Lady ist May nun doch nicht. "Ich komme mit ihr klar, sie ist gut. Aber ich kenne ihre Ansichten nicht wirklich."