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Action in den besten Jahren

Dass es nie zu spät ist für eine Karriere als Actionheld, beweist Liam Neeson, 61. Auch in seinem neuen Thriller "Non-Stop" glänzt er in einer Rolle, die früher mit Mel Gibson oder Harrison Ford besetzt worden wäre. Außerdem ab Donnerstag im Kino: der chinesische Film "Shanghai Shimen Road" und die beiden Musikdokumentationen "Transmitting" und "Mittsommernachtstango".

Von Jörg Albrecht | 12.03.2014
    Die Schauspielerin Julianne Moore und Hauptdarsteller Liam Neeson bei der Premiere ihres Films "Non-Stop" in Paris
    Die Waffe immer zur Hand: Liam Neeson mit Filmpartnerin Julianne Moore bei der Premiere von "Non-Stop" in Paris (Yoan Valat)
    "Non-Stop" von Jaume Collet-Serra
    "Ein Passagier an Bord dieser Maschine hat gedroht, alle 20 Minuten jemanden zu töten, wenn nicht 150 Millionen Dollar überwiesen werden. Und jetzt sind drei Menschen tot."
    Ein Actionthriller auf engstem Raum mit 150 beteiligten Personen, von denen jede einzelne verdächtig ist: Die Ausgangssituation in einem Passagierflugzeug in 12.000 Metern Höhe könnte kaum spannender sein, wenngleich sie auch nicht unbedingt neu ist. Die besondere Herausforderung für Drehbuch und Regie liegt darin, den Turbulenzen auszuweichen, die ein solches Szenario mit sich bringt. Stichwort: Logiklöcher. Von denen tun sich auch im Fall von "Non-Stop" etliche auf. Aber das Tempo, das der Film anschlägt, verhindert zu langes Nachdenken.
    Einen zusätzlichen Reiz erhält die Geschichte dadurch, dass der von Liam Neeson gespielte Air Marshal ein gebrochener Mann ist, der selbst zum Hauptverdächtigen wird. Eher bemüht sind dagegen Szenen, in denen "Non-Stop" versucht, Verbindungen herzustellen zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Dennoch: Film und Hauptdarsteller sind effizient und bieten schnörkelloses Adrenalinkino.
    "Non-Stop": akzeptabel.
    "Shanghai Shimen Road" von Haolun Shu
    Mit 17, so erzählt der Chinese Xiaoli, habe er mit dem Fotografieren angefangen. ... Immer wenn er sich die Fotos anschaut, könne er das alte Shanghai hören und riechen.
    Mit den Fotos, die Straßen, Häuser und Menschen aus seinem Viertel zeigen, wird Xiaolis eigene Geschichte eingeleitet. Rückblende ins Jahr 1988. Xiaolis Mutter lebt seit einiger Zeit in den USA, will ihren Sohn eines Tages zu sich holen. Doch den Teenager, der bei seinem Großvater aufwächst, zieht es nicht in die Ferne. Erst recht nicht, seit er sich in Lanmi, die Tochter der Nachbarin, verliebt hat.
    In seinem Spielfilmdebüt "Shanghai Shimen Road" erzählt der chinesische Regisseur Haolun Shu eine stark autobiografisch geprägte Geschichte vom Erwachsenwerden und der Suche nach seinem Platz im Leben. Eine durchaus spannende Coming-of-Age-Story, die aber inszenatorisch nicht restlos überzeugen kann. Zu beliebig sind viele Szenen, zu holprig die Dramaturgie und zu blass auch die darstellerischen Leistungen.
    "Shanghai Shimen Road": zwiespältig.
    "Transmitting" von Christoph Hübner und Gabriele Voss sowie "Mittsommernachtstango" von Viviane Blumenschein
    Sie hätten losgelegt und konnten einfach nicht mehr aufhören. Jetzt bekäme er die Antwort darauf, warum sie hier seien.
    Der Marokkaner Majid Bekkas über ein Musikprojekt, das er gemeinsam mit dem Spanier Ramon Lopez und dem Deutschen Joachim Kühn in seiner Heimat realisiert hat. Im Tonstudio in Rabat und auf einer Reise durch die Wüste hat das Trio vier Wochen lang den musikalischen Dialog für ein neues Album gesucht. Die Arbeit der Musiker aus drei unterschiedlichen Kulturkreisen bilden die Filmemacher Christoph Hübner und Gabriele Voss unkommentiert ab. "Transmitting" zeigt diesen kreativen Prozess, an dessen Ende eine Fusion steht. Wie viel man mit dieser musikalischen Reise ins Unbekannte anfangen kann, dürfte stark von der eigenen Begeisterung für Jazz und traditionelle afrikanische Rhythmen abhängen.
    Für viele zugänglicher ist da sicher die Dokumentation "Mittsommernachtstango" von Viviane Blumenschein. Mittsommernachtstango - ein Begriff, der zunächst auch nach Verschmelzung klingt: in diesem Fall der von argentinischer und finnischer Musik. Den Tango nur in Südamerika zu vermuten, ist ein großer Fehler. Ein noch größerer ist es, die Bedeutung der Finnen im Zusammenhang mit dem Tanz und der Musik zu unterschätzen, wie der Filmemacher Aki Kaurismäki - selbstverständlich vollkommen ernsthaft - betont.
    Ein bisschen sauer sei er schon, sagt Kaurismäki. Die Argentinier hätten völlig verdrängt, dass der Tango in Finnland geboren wurde. Da sie - die Finnen - aber sehr bescheiden seien und oft in der Geschichtsschreibung übergangen würden, habe nie jemand erwähnt, was sie dazu beigetragen haben. Sie hätten ja auch den Walzer erfunden, den ihnen die Österreicher geklaut haben. Aber das sei schon viel früher gewesen.
    "Mittsommernachtstango" zeigt drei skeptische argentinische Tangomusiker auf einer Entdeckungsreise durch Finnland. Dass 13.000 Kilometer und völlig unterschiedliche Entstehungsthesen zum Tango zwischen ihnen und den Finnen liegen, werden sie am Ende beim gemeinsamen Musizieren vergessen haben. Auch Viviane Blumenschein hebt in ihrer Doku das verbindende Element von Musik hervor. Das ist höchst amüsant.
    "Mittsommernachtstango" und "Transmitting": beide empfehlenswert.