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Der zweifache Oscar-Preisträger Christoph Waltz ist in dieser Woche auch in "Kill The Boss 2" zu sehen, einer leider missratenen Fortsetzung der Erfolgskomödie von 2011. Sehenswert ist hingegen der Dokumentarfilm "The Green Prince" über einen Palästinenser, der mit dem israelischen Geheimdienst zusammenarbeitet.

Von Jörg Albrecht | 26.11.2014
    Der Dokumentarfilm "The Green Prince" des israelischen Regisseurs Nadav Schirman
    Szene aus dem Dokumentarfilm "The Green Prince" des israelischen Regisseurs Nadav Schirman (Deutschlandradio / Igal Avidan)
    "The Green Prince" von Nadav Schirman
    Der erste Tag mit ihm sei auch der erste Tag vom Ende seiner Karriere gewesen. Gonen Ben Yitzhak, ehemaliger Agent beim israelischen Inlandsgeheimdienst Schin Bet, erinnert sich daran, wie er Ende der 1990er-Jahre den Palästinenser Mosab Hassan Yousef als Informant rekrutieren sollte.
    Dieselbe Situation jetzt aus der Erinnerung von Mosab, der damals 17 Jahre alt war. Yitzhak habe ihn gefragt: "Würdest du für uns arbeiten?" Und er habe nur gedacht: Der Typ hat sie ja wohl nicht mehr alle. Wie könne er jemanden wie ihn überzeugen wollen, für Israel zu arbeiten. Schon allein wegen seines Vaters, den er niemals verraten würde.
    Mosabs Vater ist Scheich Hassan Youssef, Mitbegründer der Hamas, deren erklärtes Ziel bis heute die Vernichtung Israels ist. Doch was völlig ausgeschlossen scheint, geschieht: Mosab wird mit Gonen kooperieren und viele Jahre dafür sorgen, dass palästinensische Terroristen verhaftet und Selbstmordanschläge verhindert werden.
    Mit Israel zu kollaborieren, sei die größte Schande, die man in seiner Kultur auf sich laden kann. Die eigene Mutter zu vergewaltigen, sei eine große Schande. Mit Israel zu kollaborieren, eine noch viel größere.
    Mosab bekommt den Codenamen "Der grüne Prinz" - in Anlehnung an die Farbe der Hamas und aufgrund seiner Abstammung. "The Green Prince" hat der israelische Filmemacher Nadav Schirman auch seine Dokumentation genannt, deren Protagonisten sich anfangs als Feinde gegenübergetreten sind und deren Lebensentwürfe sich radikal verändern sollten. Der eine setzt sein Leben aufs Spiel, der andere seine Karriere.
    Durch das ständige Hin und Her zwischen den Schilderungen Mosabs und denen von Yitzhak, die im Stil eines Verhörs inszeniert sind, gewinnt Schirmans Film von Minute zu Minute an Dynamik. Dieser Perspektivwechsel wird durch nachgestellte Szenen, effektvolle Schnitte und dräuende Musik angereichert. Fast könnte man vergessen, dass es sich hier um eine Dokumentation handelt. Selbst wenn er es mit der Montage gelegentlich etwas übertreibt, so zieht Nadav Schirman doch ein Maximum an Spannung aus einem Film, der erstaunliche Innenansichten sowohl der Hamas als auch des Schin Bet liefert.
    "The Green Prince": empfehlenswert
    "Das Verschwinden der Eleanor Rigby" von Ned Benson
    "Ich habe keinen Schimmer, wo sie hin ist. Hat ihr Handy abgestellt und ist verschwunden."
    Eleanor Rigby - ja sie heißt genauso wie der Beatles-Song über all die einsamen Menschen in der Welt - Eleanor Rigby ist abgetaucht. Nach dem Tod ihres Babys und einem Selbstmordversuch hat sie sich von ihrem bisherigen Leben und damit von ihrem Mann Connor verabschiedet.
    Auch Ned Besons Film "Das Verschwinden der Eleanor Rigby" schildert seinen Stoff aus zwei unterschiedlichen Perspektiven: ihrer und seiner. Meist laufen die Geschichten des von Jessica Chastain und James McAvoy gespielten Paares nebeneinander, hin und wieder vereinigen sie sich. Denn Connor wird die traumatisierte Eleanor wiederfinden.
    "Hey Rigby! - Was tust du hier? - Komm schon, ich hatte kaum eine Chance zu reagieren, bevor du abgetaucht bist. - Was hatten wir ausgemacht? - Gib mir wenigstens eine Sekunde! - Du hattest haufenweise Sekunden. Tu mir einen Gefallen: Lass mich einfach in Ruhe!"
    Der Mehrwert einer aus zwei Blickwinkeln erzählten Geschichte über Liebe, Trennung und Neuanfang klingt auf dem Papier reizvoll. In diesem Film aber will er sich einem nicht so recht erschließen. Beliebig sind viele Szenen, elliptisch das Gesamtkonstrukt. Möglicherweise ist das unbefriedigende Resultat der Tatsache geschuldet, dass Ned Benson hier aus zwei Filmen einen gemacht hat. Denn ursprünglich ist er Eleanor und Connor in zwei getrennten Filmen gefolgt. Das Resultat wird wohl auf einer späteren DVD-Edition zu begutachten sein.
    "Das Verschwinden der Eleanor Rigby": zwiespältig.
    "Kill the Boss 2" von Sean Anders
    "Ich mache mir Tag für Tag neue Feinde. Das nennt sich Business. Danke Gentlemen fürs Vorbeischauen. Einen wunderschönen Tag."
    So süffisant kann nur Christoph Waltz sein Gegenüber erledigen. Waltz ist schon so etwas wie eine Marke in Hollywood. Einer, der allerdings mittlerweile zu oft dasselbe Rollenfach bedient. Das ist vor allem dann bedauerlich, wenn die Rolle außer einer Ansammlung von Klischees kaum etwas zu bieten hat.
    In der Fortsetzung der schwarzen Komödie "Kill The Boss" spielt Waltz einen millionenschweren Unternehmer, der sich mit dem bekannten Freundestrio anlegt, das schon in Teil 1 nicht gut auf seine Chefs zu sprechen war und deshalb einen Auftragskiller engagiert hatte. Ein Entführungsplan ersetzt diesmal die Mordfantasien. Und aus der amüsanten Groteske, die noch der erste Film war, ist jetzt eine lahme, zahnlose Komödie geworden.
    "Kill the Boss 2": enttäuschend.